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Volltext - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

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4.5.3 Einführung ins Interview<br />

Die Small Talks, die ich mittlerweile standardmäßig vor jedem Interview führte, dienten<br />

dazu, in einer lockeren Atmosphäre - meistens beim Kaffee oder eben beim persischen<br />

Schwarztee - sich auch zwischenmenschlich näher zukommen. Dabei war es mir sehr<br />

wichtig, meinem Interviewpartner die Gelegenheit zu geben, auch über mich als ebenso<br />

Migrant etwas zu erfahren. Selbstverständlich konzentrierte ich mich darauf, meine<br />

Ausführungen knapp zu halten und ich bemühte mich stets darum, dass sich die<br />

Informationen zu meiner Person auf harte Daten begrenzten. So konnte ich dem Problem<br />

entgehen, meinen Interviewpartner durch mein eigenes Migrations- und<br />

Integrationsverständnis eventuelle Vorgaben zu machen. Das zentrale Anliegen der<br />

erwähnten Small Talks war es, die für die Interviewpartner meistens unangenehmen bzw.<br />

anstrengenden Erinnerungsarbeiten - so weit es ging - zu lockern und zu erleichtern. Ich<br />

hatte den Eindruck, dass sich meine Informanten z.B. nicht mehr für ihre Lebenssituation<br />

im Flüchtlingslager schämten und dementsprechend ihre Empfindungen möglichst offen<br />

und sachgerecht schilderten. Sie hatten ja jemanden vor sich, der ihnen erzählte, dass er<br />

selbst alle Stationen eines Migrantendaseins durchlaufen hat. Ein weiteres Ziel der<br />

geschilderten Small Talks war, die harten Daten meiner Interviewpartner, die ich oft beim<br />

Kennenlerngespräch ermittelte, zu vervollständigen.<br />

Bevor ich mit einem jeden Interview anfing, tastete ich mich langsam voran und versuchte<br />

mit einer weitgefassten „Intervieweinführung“ meine Interviewpartner sowohl an das<br />

Thema der Untersuchung zu erinnern als auch ihnen zu erkennen zu geben, dass ihnen viel<br />

Raum zum Erzählen zur Verfügung steht, und dass sie dabei offen und ohne meinen<br />

Eingriff in den Gesprächsverlauf reden sollten:<br />

«Zunächst einmal möchte ich mich bei Ihnen nochmals für die heutige Einladung und Ihre<br />

Bereitschaft, mit mir ein Interview zu führen, sehr bedanken.<br />

Wie Sie es schon durch unsere Vorgespräche wissen, habe ich Sie heute zu einem Interview<br />

gebeten, in dem es um die Alltagserfahrungen der iranischen Migranten, ihre<br />

Migrationsempfindungen und ihr Integrationsverständnis geht.<br />

Ich habe den Eindruck, dass in den Medien viel über Migranten geschrieben und<br />

gesprochen wird, aber was die Migranten selbst denken und empfinden, bleibt dabei im<br />

Verborgenen. Ähnlich verhält es sich in der deutschen Migrationsforschung. Es gibt nur<br />

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