07.10.2013 Aufrufe

Volltext - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

Volltext - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

Volltext - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

kämpferische Art, mit der sich Simone artikulierte. Schon lange davor begriff ich, dass<br />

man sich auch in Deutschland seine Rechte erkämpfen muss. Ich hatte gelernt, mich<br />

beweisen und behaupten zu müssen. Vor allem als „Fremder“ erfährt man erst dann<br />

Achtung und Respekt, wenn man einem klar macht, seine Rechte zu kennen.<br />

Anschließend sagte Simone zu den beiden, dass sie mit rechtlichen Konsequenzen zu<br />

rechnen hätten, wenn sie ihre Absicht vollziehen würden. Die Sachbearbeiterin schaute<br />

auf zu ihrem Chef, der die ganze Zeit neben ihr stand und kein Ton von sich gab. Es<br />

schien, als ob er von der ganzen Debatte erschlagen worden war. Widerwillig gab mir<br />

die Sachbearbeiterin ein Formular, das ich ausfüllen und unterschreiben musste. Nun<br />

hatte ich - solange ich noch auf der Arbeitssuche war oder mich danach orientierte, ob<br />

ich eine Ausbildung mache, oder ein Studium nachgehen möchte, einen Anspruch auf<br />

Sozialhilfeleistungen.<br />

Vom diesem Tag an musste ich für jede Kleinigkeit zum Sozialamt. Meine<br />

Sachbearbeiterin wollte alles genau wissen. Das war mir sehr unangenehm. Ich<br />

versuchte so wenig wie möglich mit ihr zu tun zu haben. Dies hatte für mich die<br />

Konsequenz, dass ich auf viele meine Rechte verzichtete. Manchmal musste ich aber<br />

doch hin. Die Sachbearbeiterin wurde dabei immer rot. Ich denke, sie hasste mich. Ich<br />

fühlte das. Ich weiß nicht genau, warum, aber vielleicht auch, weil sie dachte, dass ich<br />

ihr hier auf der Tasche lag. Vielleicht war mein Gefühl nicht berechtigt, aber ich fühlte<br />

das halt einfach. Deswegen wollte ich niemals zum Sozialamt gehen.<br />

Das Geld, oder besser gesagt, die Sozialhilfe, die ich vom Sozialamt bekam, war sehr<br />

wenig. Ich strebte ja eigentlich auch danach, überhaupt keine Sozialhilfe mehr zu<br />

beziehen. So versuchte ich dann, so schnell wie möglich einen Job zu finden, um auch<br />

meine Schulden, die ich in den letzten Monaten gemacht hatte, zu begleichen. Ich fing<br />

an, in einem Restaurant in der Küche zu arbeiten. Damit ich auch einen Deutschkurs<br />

besuchen bzw. finanzieren kann, fing ich an, nebenbei hier und da als Aushilfsarbeiter<br />

zu arbeiten.<br />

Laut vielen Menschen, die mir begegneten, sprach ich ein gutes, fließendes Deutsch. Im<br />

Schreiben und Lesen war ich aber noch schwach. Deshalb schrieb ich mich für einen<br />

Deutschkurs an der Uni ein, der die ausländischen Studienbewerber auf das „Deutsche-<br />

Sprachführungs-Zeugnis“ vorbreitete. Im Kurs lernte ich eine Italienerin kennen, die<br />

mir half, weitere Jobs zu finden. Und ich arbeitete so viel ich konnte. Angefangen vom<br />

Putzen, bis Restaurantarbeit, und so weiter. Ich war nun auch in der Lage, meine<br />

27

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!