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In eigener Sache... - Adolf-Reichwein-Verein

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nagogenförderkreises in Görlitz. Er<br />

lässt Sie, lieber Herr Demnig auf<br />

diesem Weg mit seinem Dank für<br />

Ihren Einsatz zum Gedenken der jüdischen<br />

Kultur in Görlitz sehr herzlich<br />

grüßen.<br />

Viele hohe und höchste Auszeichnungen,<br />

zuletzt der Verdienstorden<br />

des Landes Baden-Württemberg<br />

sind ihm zuteil geworden, eine erneute<br />

Auszeichnung naht: Gunter<br />

Demnig bekommt am 2.12. in Hamburg<br />

den diesjährigen Dönhoff-<br />

Förderpreis. Herzliche Gratulation<br />

schon vorab!“<br />

Wer mit offenen Augen durch unsere<br />

Städte geht, kennt mittlerweile<br />

diese quadratischen, messingfarbenen<br />

Gedenksteine, die, in die Bürgersteige<br />

eingelassen, an bekannte<br />

und unbekannte Opfer des Nazi-<br />

Regimes erinnern. Eigentlich meistens<br />

nicht erinnern, denn erinnern<br />

kann sich der Mensch ja nur an etwas,<br />

das er einmal gewusst hat, und<br />

die meisten dieser Namen nennen<br />

für uns Unbekannte, Namen, die uns<br />

so bewusst machen, dass es sich um<br />

Menschen wie Du und ich handelte,<br />

Menschen, die unsere Nachbarn hätten<br />

sein können, Menschen waren,<br />

die Nachbarn hatten. Und wie oft<br />

haben diese Nachbarn weggeschaut<br />

oder später gesagt, sie hätten das<br />

nicht bemerkt. <strong>Adolf</strong> <strong>Reichwein</strong>s<br />

Stolperstein vor dem Hiddenseer<br />

„Hexenhäuschen“ wurde schon<br />

mehrfach im „Forum“ abgebildet.<br />

Sie sind klein, eine Kantenlänge von<br />

zehn Zentimetern haben sie, werden<br />

15 Zentimeter tief im Boden versenkt<br />

und was man dann noch sieht<br />

ist ein Quadrat aus poliertem Messing,<br />

mit der Aufschrift: „Hier wohnte...“,<br />

dem Geburtsort und -datum<br />

sowie Ort und Datum des Todes.<br />

Man muss sich „verneigen“ vor den<br />

Opfern, um die <strong>In</strong>schriften zu lesen.<br />

Wie es zu den Stolpersteinen kam,<br />

schilderte Demnig in seinem Vortrag.<br />

Mit den Deportationen von<br />

Menschen durch die Nazis beschäftigte<br />

er sich schon in der Zeit vor<br />

den Stolpersteinen, zum Beispiel indem<br />

er einen Modell-Parcours für<br />

eine Lok baute, die bei Borsig entworfen<br />

wurde. Sie sollte es der<br />

Reichsbahn ermöglichen, 2000 statt<br />

1000 Personen pro Zug zu deportie-<br />

reichwein forum Nr. 19 Juli 2013<br />

4<br />

ren. An seinem heutigen Wohnort<br />

Köln zog er 1990 eine von ihm so<br />

genannte „Spur der Erinnerung“.<br />

Mit Fassadenfarbe zeichnete er die<br />

Route der Deportation von 1000<br />

Kölner Roma und Sinti nach, die am<br />

1. Mai 1940 deportiert wurden.<br />

Auch die Stolpersteine seien nicht<br />

ausschließlich für jüdische Opfer,<br />

erzählte der Erfinder und alleinige<br />

Ausführende des Stolpersteine-<br />

Projekts. Es gebe bereits Steine für<br />

Menschen jeder verfolgten Minderheit,<br />

für Sinti und Roma, für Homosexuelle,<br />

für Zeugen Jehovas, für politisch<br />

Andersdenkende. „Die Stolpersteine<br />

sind für mich längst zu einer<br />

Art Lebenswerk geworden“,<br />

sagt Demnig. Wen wundert das,<br />

denn er hat mittlerweile mehr als<br />

35.000 „Steine“ in zehn Ländern Europas<br />

verlegt.<br />

Mit einem kleinen Empfang endete<br />

dieser vielfältige und bewegende<br />

Tag.<br />

Der sonntägliche Vormittag zum<br />

Abschluss unserer Tage war, nach<br />

den Worten einer Teilnehmerin eine<br />

„Sternstunde“. Wieso diese hohe<br />

Wertschätzung? Es stand doch<br />

schließlich ein Programmpunkt an,<br />

der für die Mitglieder unseres <strong>Verein</strong>s,<br />

bei denen man allgemein einen<br />

hohen <strong>In</strong>formationsstand im Hinblick<br />

auf die Geschichte des Nationalsozialismus<br />

voraussetzen kann,<br />

keine großen Überraschungen mehr<br />

hätte bescheren können:<br />

Ein Besuch der Dauerausstellung<br />

in der Berliner Gedenkstätte „Topographie<br />

des Terrors“ in der<br />

Niederkirchnerstraße.<br />

Übersetzt heißt das: An dem Ort von<br />

Gestapo, SS und Reichssicherheitshauptamt<br />

in der Wilhelm- und<br />

Prinz-Albrecht-Straße. Auch <strong>Adolf</strong><br />

<strong>Reichwein</strong> musste in den Tagen seines<br />

Prozesses die Haftzellen in der<br />

Prinz-Albrecht-Straße erleben.<br />

Im Mittelpunkt der Dauerausstellung<br />

stehen die zentralen <strong>In</strong>stitutionen<br />

von SS und Polizei im „Dritten<br />

Reich” sowie die von ihnen europaweit<br />

verübten Verbrechen. Entlang<br />

eines „Tafelbandes”, das überwiegend<br />

Fotomaterial zeigt, sowie thematisch<br />

zugeordnete Pulte mit Dokumenten.<br />

Gegliedert ist das in fünf<br />

Kapitel: Die nationalsozialistische<br />

Machtübernahme, <strong>In</strong>stitutionen des<br />

Terrors (SS und Polizei), Terror,<br />

Verfolgung und Vernichtung im<br />

Reichsgebiet, SS und Reichssicherheitshauptamt<br />

in den besetzten Gebieten<br />

und schließlich Kriegsende<br />

und Nachkriegszeit.<br />

Das, was diesen geführten Rundgang<br />

zu einer Besonderheit machte,<br />

war Sebastian Gerhardt, der uns als<br />

Mitarbeiter durch einige von ihm<br />

ausgewählte Bereiche der Ausstellung<br />

begleitete. Eigentlich nichts<br />

Aufregendes, denn wir standen, wie<br />

häufig in solchen Dokumentationen,<br />

vor beschrifteten Ausstellungstafeln<br />

und Vitrinen, angereichert mit ein<br />

paar Videopräsentationen. Viele<br />

mühsam zu lesende Dokumente und<br />

Fotos, die man zumeist schon gesehen<br />

hatte. Gesehen zu haben glaubte,<br />

muss man nach diesem Vormittag<br />

wohl sagen. Verstanden zu haben<br />

glaubte.<br />

Die Kunst von Sebastian Gerhardt<br />

bestand darin, uns deutlicher werden<br />

zu lassen, was diese Bilder<br />

wirklich zeigen, was hinter diesen<br />

Bildern steht. Wie alt waren diese<br />

Protagonisten des nun beginnenden<br />

„Dritten Reiches“ damals eigentlich?<br />

Männer in mittleren Jahren? Aus

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