In eigener Sache... - Adolf-Reichwein-Verein
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laufene Leistungsdefizit uns wohl<br />
keine blendenden Zeugnisse beschert<br />
hätte; aber das kennen wir ja<br />
von früher.<br />
Das Wetter war der fortschreitenden<br />
Klimaerwärmung wegen sehr<br />
winterlich kalt mit Rutschgefahr,<br />
aber glücklicherweise herrlich sonnig<br />
– mehr oder weniger eine akademische<br />
Feststellung, bot doch das<br />
Tagungsprogramm kaum die Möglichkeit<br />
einer Auseinandersetzung<br />
mit diesen Umständen und etwa<br />
(„zur freien Verfügung“ nennt sich<br />
das in Programmen anderer <strong>Verein</strong>e)<br />
privatem Flanieren und Shoppen<br />
in der Jenenser <strong>In</strong>nenstadt und<br />
Randgebieten, von Besichtigungen<br />
der Stätten <strong>Reichwein</strong>schen Wirkens<br />
ganz zu schweigen. Aber man<br />
kann letztlich auch davon ausgehen,<br />
dass im Laufe der Jahre alle Mitglieder<br />
des Tagungskaders unseres<br />
<strong>Verein</strong>s schon einmal am Carl-Zeiss-<br />
Platz, am Burgweg oder am<br />
Beuthenberg gewesen sind. Mittlerweile<br />
ist man‘s schon zufrieden,<br />
wenn einem beim Blick vom Zeiss-<br />
Turm, der auf Deutsch „Jentower“<br />
heißt, in 144,50 Metern schwindelnder<br />
Höhe gesagt wird, dass dort<br />
hinten am Horizont, hinter der letzten<br />
Hügelkante, wenn man denn um<br />
die Ecke gucken könnte, der<br />
Beuthenberg zu sehen wäre mit<br />
dem Jungarbeiterheim, welches man<br />
allerdings auch dann, schon wegen<br />
der Entfernung, von hier aus sowieso<br />
nicht sehen würde. Des Lebens<br />
weitgespannter Bogen vom Futurum<br />
der Jugend zum Konjunktiv<br />
der reifen Jahre.<br />
Man logierte im altehrwürdigen Hotel<br />
„Schwarzer Bär“, in dem neben<br />
unseren <strong>Verein</strong>smitgliedern schon<br />
andere bedeutende Persönlichkeiten<br />
abgestiegen waren, so ein gewisser<br />
Martin Luther, unter dem<br />
Pseudonym Junker Jörg, dreimal im<br />
Jahre 1522. Es begrüßt den müden<br />
reichwein forum Nr. 19 Juli 2013<br />
7<br />
Reisenden im Foyer denn auch passender<br />
Weise gleich das ausufernde<br />
Originalwerk des Malers Otto<br />
Schwerdgeburth „Disputation zwischen<br />
Martin Luther und Johann<br />
Kessler im Jahre 1522“. Der Künstler<br />
wurde offensichtlich nach Quadratmetern<br />
entlohnt. Auch Reichskanzler<br />
Otto von Bismarck bettete<br />
hier 1892 sein unbehelmtes Haupt.<br />
Dagegen sind andere Gäste nicht<br />
durch Gedenktafeln oder in der Hotelchronik<br />
erwähnt, aber im „reichwein-forum“<br />
lesen Sie wie<br />
immer die ganze Wahrheit: Otto<br />
Grotewohl, Walter Ulbricht, Wilhelm<br />
Pieck, sowie ein Hotelgast namens<br />
<strong>Adolf</strong> Hitler waren vor uns<br />
auch noch da. Letzterer soll sich<br />
aber in Jena, im Gegensatz zum<br />
<strong>Reichwein</strong>verein, nicht besonders<br />
wohl gefühlt haben, heißt es.<br />
Am Vorabend zur Tagung war eigentlich<br />
die Premiere eines neuen<br />
Tagungsmoduls vorgesehen, des<br />
„<strong>Reichwein</strong>-Salons“, in dem man<br />
vorhat, zwanglos beim Abendschoppen<br />
im kleinen Kreise über<br />
Themen zu sprechen und zu diskutieren,<br />
die den <strong>Verein</strong> bewegen. Zur<br />
Premiere war vorgesehen, über<br />
Heinz Schernikaus Buch „Tiefensee -<br />
ein Schulmodell aus dem Geist der<br />
deutschen Klassik“ zu sprechen,<br />
aber den Autor hatte eine üble <strong>In</strong>fluenza<br />
im fernen Mallorca nieder-<br />
Der Vorstand – ratlos?<br />
gestreckt und er musste uns leider<br />
absagen. So gab es denn ein kleines<br />
Ersatzprogramm, bei dem <strong>Reichwein</strong>s<br />
ziemlich lange Erzählung „Gefecht<br />
in Mexiko“ (Frankfurter Zeitung<br />
und Handelsblatt 1928) – siehe<br />
WA Bd. 2, S. 204 ff.) von Konrad<br />
Vanja gelesen wurde und Schulleiter<br />
Jürgen Haaß die berühmte „Pinguin-<br />
Geschichte“ von Eckart von Hirschhausen<br />
zum Besten gab, die mit pädagogischem<br />
Hintersinn so endet:<br />
„Ein guter Therapeut wird wie ein<br />
guter Freund oder eine gute Freundin<br />
nicht lange fragen: Warum hättest<br />
du gerne so einen langen Hals?<br />
Sondern: Was willst du? Was macht<br />
dir Freude? Wann geht dein Herz<br />
auf? Wann haben andere mit dir<br />
Freude? Was ist dein Beitrag? Wofür<br />
brennst du, ohne auszubrennen?<br />
Und wenn du merkst, du bist ein<br />
Pinguin, schau dich um, wo du bist.<br />
Wenn du feststellst, dass du dich<br />
schon länger in der Wüste aufhältst,<br />
liegt es nicht nur an dir, wenn es<br />
nicht «flutscht». Alles, was es<br />
braucht, sind kleine Schritte in die<br />
Richtung deines Elements. Finde<br />
dein Wasser. Und dann heißt es:<br />
Spring ins Kalte! Und schwimm!<br />
Und du weißt, wie es ist, in deinem<br />
Element zu sein.“<br />
Früh mussten die Pinguine am<br />
nächsten Morgen ins Kalte springen,<br />
denn der Schultag der KGS <strong>Adolf</strong><br />
<strong>Reichwein</strong> begann, wie in<br />
Eriehungsanstalten so üblich, um 8<br />
Uhr. Hier erlebten die mühsam dem<br />
Hotelbett Entstiegenen dann in den<br />
Klassen intensive Projektarbeit, bei<br />
denen die Neuntklässler als Tutoren<br />
und –rinnen der Fünftklässler