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Juden in Kaunas - Arbeit und Leben (DGB/VHS) Hochtaunus

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wollen, dass hier seit Juni 1941 35.000 <strong>Juden</strong> e<strong>in</strong>gepfercht waren, hungerten <strong>und</strong> schließlich<br />

erschossen wurden. So war ich nicht allzu überrascht, feststellen zu müssen, dass auf der<br />

L<strong>in</strong>kuvos-Straße nur e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Obelisk steht, der den Platz markiert, auf dem sich dieser Ort<br />

der Not <strong>und</strong> des Sterbens e<strong>in</strong>st befand. Inmitten des Verkehrs an e<strong>in</strong>er belebten Kreuzung,<br />

über die Väter K<strong>in</strong>derwagen schieben <strong>und</strong> Mütter E<strong>in</strong>käufe nach Hause tragen, nimmt man<br />

ihn kaum wahr. Nur wenige Worte s<strong>in</strong>d darauf <strong>in</strong> Hebräisch <strong>und</strong> Litauisch zu lesen: Es fehlen<br />

Opferzahlen, es fehlt jede Erwähnung des unsäglichen Leids, das Menschen hier zu ertragen<br />

hatten.<br />

Denkmal am IX. Fort <strong>in</strong> <strong>Kaunas</strong> (Kovno) an die dort 1941-1944 Ermordeten<br />

Ich kann zur Not verstehen, weshalb es ke<strong>in</strong>e besonderen Straßenschilder gibt, die Besuchern<br />

den kurzen Weg nach jenem Fort IX weisen, <strong>in</strong> dem die Nazis litauische Kollaborateure tiefe<br />

Gruben schaufeln ließen, um dar<strong>in</strong> an e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zigen Tag im Oktober 1941 mit der so genannten<br />

Großen Aktion be<strong>in</strong>ahe 10.000 <strong>Juden</strong> – darunter 4.273 K<strong>in</strong>der – zu erschießen. Ich<br />

kann nachvollziehen, weshalb es Menschen <strong>in</strong> <strong>Kaunas</strong> lieber ist, wenn Fort IX nur von denen<br />

gef<strong>und</strong>en wird, die extra deswegen <strong>in</strong> diese Gegend kommen <strong>und</strong> ohneh<strong>in</strong> wissen, was dort<br />

geschehen ist.<br />

Er<strong>in</strong>nerungen s<strong>in</strong>d niemals nur e<strong>in</strong>e Sache der Vergangenheit; sie s<strong>in</strong>d um der Gegenwart willen<br />

umstritten, sie werden von politischen Interessen überlagert wie viele andere Angelegenheiten.<br />

Wohl auch deshalb steht am Ort der Täter, dem ehemaligen Fort, nicht nur e<strong>in</strong> massives<br />

Mahnmal im Stil des sozialistischen Realismus aus der Sowjetzeit, das der Toten gedenkt,<br />

die <strong>in</strong> den Gruben darunter liegen. Man f<strong>in</strong>det dort zugleich e<strong>in</strong>e neue Ausstellungshalle, die<br />

sich mit der Unterdrückung während der Sowjet-Jahre beschäftigt – obwohl der Zusammenhang<br />

zwischen diesem Ort <strong>und</strong> diesem Thema bestenfalls dürftig ist.<br />

Seite an Seite<br />

Natürlich ist mir klar, weshalb sich die Litauer an den Gulag <strong>und</strong> die Zwangsverbannung nach<br />

Sibirien er<strong>in</strong>nern wollen. Sie liegt zeitlich näher als der Zweite Weltkrieg, dauerte länger <strong>und</strong><br />

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