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Juden in Kaunas - Arbeit und Leben (DGB/VHS) Hochtaunus

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Das Verhältnis wurde an der gesamten Ostfront niemals getrübt. Hitlers Feldherren überboten<br />

sich dar<strong>in</strong>, den Massenmördern die Wege zu ebnen. In ihren Appellen an die Truppe bedienten<br />

sie sich nicht selten der hetzerischen Vokabeln des NS-Propagandisten Goebbels.<br />

Selbst der dem NS-Regime abgeneigte Generaloberst Erich Hoepner (er wurde 1944 als e<strong>in</strong>er<br />

der 20.-Juli-Verschwörer gehenkt) feuerte 1941 se<strong>in</strong>e Soldaten so an: „Es ist der alte Kampf<br />

der Germanen gegen das Slawentum, die Verteidigung europäischer Kultur gegen moskowitisch-asiatische<br />

Überschwemmung, die Abwehr des jüdischen Bolschewismus.“ Dieser<br />

Kampf müsse deshalb „mit unerhörter Härte“ geführt werden <strong>und</strong> von „dem eisernen Willen<br />

zur erbarmungslosen, völligen Vernichtung“ geleitet se<strong>in</strong>.<br />

Generalfeldmarschall von Reichenau, OB der 6. Armee, übertraf Hoepner noch: „Deshalb<br />

muß der Soldat für die Notwendigkeit der harten, aber gerechten Sühne am jüdischen Untermenschentum<br />

volles Verständnis haben. Sie hat den weiteren Zweck, Erhebungen im Rücken<br />

der Wehrmacht, die erfahrungsgemäß stets von <strong>Juden</strong> angezettelt werden, im Keime zu<br />

ersticken.“<br />

Sogar der General von Manste<strong>in</strong>, der 1935 – damals noch Oberst – als e<strong>in</strong>ziger Offizier gegen<br />

die Entlassung jüdischer Kameraden protestiert hatte, stimmte nun <strong>in</strong> den Chor der Propagandisten<br />

e<strong>in</strong>. 1941 sprach er von der „Notwendigkeit der harten Sühne am <strong>Juden</strong>tum, dem geistigen<br />

Träger des bolschewistischen Terrors“.<br />

Bezeichnend für die Atmosphäre <strong>in</strong> den Stäben war e<strong>in</strong> Vorfall, den die 298. Infanterie-<br />

Division meldete. E<strong>in</strong> SS-Mann <strong>und</strong> der Angehörige e<strong>in</strong>er Nachschube<strong>in</strong>heit der Wehrmacht<br />

hatten auf e<strong>in</strong>er Straße zwei russische Kriegsgefangene erschossen. „E<strong>in</strong> Gr<strong>und</strong> zur Erschießung“,<br />

hieß es <strong>in</strong> der Meldung, „war an sich nicht zu beobachten, auch e<strong>in</strong> Fluchtversuch der<br />

beiden Gefangenen lag nicht vor.“<br />

Mith<strong>in</strong> war es Mord, e<strong>in</strong> Fall für das Kriegsgericht. Doch ke<strong>in</strong> Kriegsrichter fand sich, die<br />

Untat zu sühnen. Die Täter erhielten nur e<strong>in</strong>en Tipp für die Zukunft: „Der SS-Mann <strong>und</strong> der<br />

Wehrmachtsangehörige wurden angehalten, im Falle der Erschießung von Gefangenen dies<br />

nicht auf öffentlicher Straße zu machen.“<br />

Was W<strong>und</strong>er, daß die Mordaktionen der E<strong>in</strong>satzkommandos bei den Militärs auf ke<strong>in</strong>en Widerstand<br />

stießen. Die Stäbe trugen durch zuweilen heuchlerische Befehle nur Sorge dafür, daß<br />

sich Soldaten von den Exekutionen der E<strong>in</strong>satzkommandos fernhielten.<br />

Die 11. Armee dekretierte nach e<strong>in</strong>er Massenerschießung von <strong>Juden</strong> durch Rumänen: „Es ist<br />

e<strong>in</strong>e Selbstverständlichkeit für jeden ges<strong>und</strong> empf<strong>in</strong>dsamen Menschen, daß von solchen abscheulichen<br />

Ausschreitungen ke<strong>in</strong>e photographischen Aufnahmen angefertigt werden.“ Und:<br />

„E<strong>in</strong> neugieriges Begaffen solcher Vorgänge liegt unter der Würde des deutschen Soldaten.“<br />

Es blieb nicht beim Zuschauen. Oft beteiligten sich auch Soldaten an den Exekutionen der<br />

E<strong>in</strong>satzkommandos. Denen war diese Assistenz nur lieb: Je mehr sich die Wehrmacht <strong>in</strong> das<br />

Vernichtungsprogramm verstrickte, desto weniger brauchte die SS-Führung Vorwürfe wegen<br />

ihrer Mordaktionen zu befürchten.<br />

Stellenweise unternahmen sogar Wehrmachte<strong>in</strong>heiten eigene Massaker. Bei der Bekämpfung<br />

tatsächlicher oder verme<strong>in</strong>tlicher Partisanen kam es zu schweren Exzessen gegen die Bevölkerung.<br />

Immerh<strong>in</strong> versuchte der General von Roques gegenzusteuern: „Jedes eigenmächtige Erschießen<br />

von Landese<strong>in</strong>wohnern, auch von <strong>Juden</strong>, durch e<strong>in</strong>zelne Soldaten sowie jede Beteiligung<br />

an Exekutionsmaßnahmen der SS- <strong>und</strong> Polizeikräfte s<strong>in</strong>d daher als Ungehorsam m<strong>in</strong>destens<br />

diszipl<strong>in</strong>arisch zu ahnden.“ Indes: Es blieb bei der Drohung. Sanktionen s<strong>in</strong>d nicht bekanntgeworden.<br />

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