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Juden in Kaunas - Arbeit und Leben (DGB/VHS) Hochtaunus

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Es war die größte Mordaktion, die je von e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>satzgruppe im deutschbesetzten Rußland<br />

verübt wurde. Sie hat mit dem Mord an Romanenko e<strong>in</strong>es geme<strong>in</strong>: In beide Fälle war die<br />

Wehrmacht verstrickt.<br />

Über die „<strong>in</strong> ihrem Ausmaß erschreckende Integration des Heeres <strong>in</strong> das Vernichtungsprogramm<br />

<strong>und</strong> die Vernichtungspolitik Hitlers“ hat jetzt der Historiker Helmut Krausnick <strong>in</strong> Zusammenarbeit<br />

mit se<strong>in</strong>em Kollegen Hans-He<strong>in</strong>rich Wilhelm neue Materialien vorgelegt. In<br />

e<strong>in</strong>em Buch über die Geschichte der E<strong>in</strong>satzgruppen korrigieren sie liebgewordene Vorstellungen<br />

von der „Re<strong>in</strong>heit“ der Wehrmacht.<br />

Vor allem Professor Krausnick, ehemaliger Direktor des Münchner Instituts für Zeitgeschichte<br />

<strong>und</strong> bekannt geworden durch se<strong>in</strong>e gründlichen <strong>Arbeit</strong>en über den militärischen Anti-<br />

Hitler-Widerstand, widerlegt die von deutschen Generalen nach dem Zweiten Weltkrieg verbreitete<br />

Behauptung, sie hätten von dem Wüten der E<strong>in</strong>satzkommandos nur unzureichende<br />

Kenntnis gehabt. Auch die Version, Generale des Heeres hätten resolut gegen die Himmler-<br />

Männer opponiert, revidiert Krausnick.<br />

Die Wahrheit sieht anders aus: Schon im November 1941 bekam Generalstabschef Franz<br />

Halder bei e<strong>in</strong>er Besprechung mit Armee-Chefs <strong>in</strong> Orscha nur Lobendes über Himmlers E<strong>in</strong>heiten<br />

zu hören. Die Generale me<strong>in</strong>ten e<strong>in</strong>stimmig, die Tätigkeit der E<strong>in</strong>satzgruppen sei für<br />

die kämpfende Truppe „Goldes wert“, weil sie die rückwärtigen Verb<strong>in</strong>dungen des Ostheeres<br />

sichere.<br />

Gleich zu Beg<strong>in</strong>n des deutschen Überfalls auf die Sowjet-Union waren sie dabei gewesen: die<br />

vier vollmotorisierten E<strong>in</strong>satzgruppen A, B, C <strong>und</strong> D, die den vorrückenden Heeresgruppen<br />

folgten.<br />

Sie gliederten sich jeweils <strong>in</strong> E<strong>in</strong>satz- <strong>und</strong> Sonderkommandos. Ihr Personalbestand schwankte<br />

zwischen 600 <strong>und</strong> 1.000 Mann für jede E<strong>in</strong>satzgruppe; Führer <strong>und</strong> Mannschaften kamen aus<br />

der Gestapo, der Krim<strong>in</strong>alpolizei, der Waffen-SS <strong>und</strong> dem Sicherheitsdienst (SD) der SS.<br />

Nach der Interpretation ihres Gründers, des Sicherheitspolizei-Chefs Re<strong>in</strong>hard Heydrich, waren<br />

die E<strong>in</strong>satzgruppen ad hoc gebildete Formationen eigener Art „zur Behandlung politischpolizeilicher<br />

Angelegenheiten“. Das Oberkommando des Heeres (OKH) hatte dieser Gestapo<br />

auf Rädern das Recht zugestanden, „im Rahmen ihres Auftrages <strong>in</strong> eigener Verantwortung<br />

Exekutivmaßnahmen gegenüber der Zivilbevölkerung zu treffen“.<br />

Was das für „Maßnahmen“ waren, konnte den Männern der E<strong>in</strong>satzgruppen nicht unklar bleiben,<br />

forderten doch die OKH-Richtl<strong>in</strong>ien schon von den regulären Soldaten „rücksichtsloses<br />

<strong>und</strong> energisches Durchgreifen gegen bolschewistische Hetzer, Freischärler, Saboteure <strong>und</strong> <strong>Juden</strong>“.<br />

Die E<strong>in</strong>satzgruppen waren von Heydrich angewiesen, alles „zu exekutieren“, was ihnen suspekt<br />

schien – Funktionäre der Kom<strong>in</strong>tern <strong>und</strong> der Kommunistischen Partei, Volkskommissare,<br />

<strong>Juden</strong> <strong>in</strong> Partei- <strong>und</strong> Staatsstellungen sowie „sonstige radikale Elemente“.<br />

Entsprechend fanatisch mordeten die E<strong>in</strong>satzgruppen auf ihrem Zug durch Rußland. Ohne<br />

auch nur zu prüfen, ob sie Staats- oder Parteiämter <strong>in</strong>nehatten oder ob sie Widerstand gegen<br />

die Deutschen geleistet hatten, liquidierten sie die <strong>Juden</strong> – <strong>in</strong>sgesamt 2,2 Millionen auf dem<br />

Gebiet der Sowjet-Union.<br />

Das e<strong>in</strong>zige Handikap bei diesem Ausrottungsfeldzug lag <strong>in</strong> der relativ ger<strong>in</strong>gen Mannschaftsstärke<br />

der E<strong>in</strong>satzkommandos. Doch da waren die Kommandoführer um Aushilfen<br />

nicht verlegen: Sie rekrutierten e<strong>in</strong>heimische Antisemiten <strong>und</strong> Faschisten, die bereit waren,<br />

die Blutarbeit für die deutschen Herren zu erledigen.<br />

In Kowno, der Hauptstadt Litauens, schlugen sie <strong>in</strong> der Nacht vom 25. zum 26. Juni 1941<br />

zum erstenmal los. Dr. Walter Stahlecker, SS-Brigadeführer <strong>und</strong> Chef der E<strong>in</strong>satzgruppe A,<br />

faßte das nächtliche Wüten des vom Blutrausch befallenen Mobs <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er dürren Meldung zu-<br />

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