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Der Jugoslawienkonflikt - Deutsche-Aussenpolitik.de

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that the allies had more leverage than the U.S. to head off a catastrophe.“ 35 Dem Argument<br />

von <strong>de</strong>n fehlen<strong>de</strong>n Gestaltungsmöglichkeiten in <strong>de</strong>r Frühphase <strong>de</strong>s Konflikts wi<strong>de</strong>rspricht<br />

allerdings die Balkanexpertin Susan Woodward von <strong>de</strong>r Brookings Institution: Mit <strong>de</strong>m<br />

Angebot von NATO und <strong>de</strong>m Druck auf die Verbün<strong>de</strong>ten, eine Assoziation mit <strong>de</strong>r EU<br />

anzubieten, „the U.S. had all the leverage in the world“. 36<br />

Die europäischen Verbün<strong>de</strong>ten schienen eine Führungsrolle in <strong>de</strong>r Frühphase <strong>de</strong>s Konflikts<br />

gera<strong>de</strong>zu an sich reißen zu wollen. So betonte Jacques Poos, <strong>de</strong>r luxemburgische<br />

Außenminister: „This is the hour of Europe, not the hour of the Americans.“ 37 <strong>Der</strong> italienische<br />

Außenminister De Michelis verkün<strong>de</strong>te sogar selbstbewußt: „Washington is being kept<br />

informed but it is not being consulted.“ 38 Eine führen<strong>de</strong> Rolle <strong>de</strong>r Europäer entsprach auch<br />

ganz <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Kalten Krieges stärker artikulierten amerikanischen For<strong>de</strong>rung<br />

nach einer ausgewogeneren Lastenteilung in Bezug auf die Gewährleistung europäischer<br />

Sicherheit und Stabilität. Auch praktische Erwägungen bedingten das zurückhalten<strong>de</strong><br />

Engagement <strong>de</strong>r Vereinigten Staaten. Einer friedlichen Lösung in Gestalt umfassen<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>mokratischer und fö<strong>de</strong>raler Reformen o<strong>de</strong>r einem geordneten Prozeß, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Teilrepubliken<br />

die Unabhängigkeit ermöglichen konnte, schien wenig Aussicht auf Erfolg beschie<strong>de</strong>n.<br />

Nachhaltiges Engagement stellte <strong>de</strong>n USA damit nur wenig Prestige, dafür um so mehr<br />

kostspielige Risiken in Aussicht. 39 Den amerikanischen Entscheidungsträgern im Pentagon war<br />

klar, daß eine militärische Intervention <strong>de</strong>s Westens, sollte es dazu kommen, <strong>de</strong> facto eine<br />

amerikanische Operation sein mußte, angesichts <strong>de</strong>r begrenzten Interventionsfähigkeit <strong>de</strong>r<br />

westlichen Alliierten. 40 Die Situation in Jugoslawien als interner Nationalitätenkonflikt mit<br />

einer Vielzahl diplomatisch involvierter Akteure und <strong>de</strong>r Abwesenheit vitaler nationaler<br />

Interessen machte es unwahrscheinlich, daß ein eventueller Militäreinsatz die strengen Kriterien<br />

<strong>de</strong>s Pentagons für eine Entsendung amerikanischer Truppen erfüllen konnte: eine klar<br />

<strong>de</strong>finierte Zielsetzung, <strong>de</strong>n Einsatz überwältigen<strong>de</strong>r Militärmacht – falls erfor<strong>de</strong>rlich – und eine<br />

Strategie zur Beendigung <strong>de</strong>r Mission. 41 Die Uniform eines Weltpolizisten wollten sich die<br />

Vereinigten Staaten in einem europäischen Nationalitätenkonflikt bewußt nicht anziehen.<br />

Ebenso lehnte die Administration eine Rollenerwartung <strong>de</strong>r Verbün<strong>de</strong>ten ab, wonach die USA<br />

aufgrund ihrer militärischen Überlegenheit gleichsam verpflichtet seien, als militärische<br />

Ordnungsmacht die Interessen <strong>de</strong>s Westens zu verteidigen: „Our military superiority and<br />

international lea<strong>de</strong>rship role does not obligate us to sacrifice our sons and daughters to combat<br />

brutality wherever it occurs... George Bush and his lieutenants studied the facts and conclu<strong>de</strong>d<br />

that lea<strong>de</strong>rship in this crisis would have had major drawbacks for the United States.“ 42<br />

Insgesamt mußten rationale Erwägungen <strong>de</strong>r Administration also nahelegen, in diesem Konflikt<br />

ein ‘low profile’ zu bewahren, die Führungsrolle an<strong>de</strong>ren zu überlassen und unrealistische<br />

Erwartungen an ein nachhaltiges amerikanisches Engagement von Anfang an zu bremsen. So<br />

35 Gompert, 1994, S. 35.<br />

36 Vgl. Interview mit Susan Woodward, Senior Fellow, Foreign Policy Studies Program, The Brookings<br />

Institution, Washington, 22. Juli 1996.<br />

37 Vgl. The Wall Street Journal, 9.7.1991, S. A6.<br />

38 Vgl. NYT, 4.7.1991, S. A7.<br />

39 Vgl. Brenner, 1996, S. 5.<br />

40 Vgl. Gompert, 1994, S. 39.<br />

41 Vgl. Brenner, 1996, S. 5.<br />

42 Gompert, 1995, S. 41. Vgl. auch Interviews mit Gompert 1995 und 1996

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