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Der Jugoslawienkonflikt - Deutsche-Aussenpolitik.de

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hatten, 224 schien Amerika über lange Zeit <strong>de</strong>s <strong>Jugoslawienkonflikt</strong>s eine Haltung einzunehmen,<br />

die es erfor<strong>de</strong>rlich machte, daß an<strong>de</strong>re <strong>de</strong>n USA aufzeigten, welche Rolle man <strong>de</strong>nn überhaupt<br />

zu spielen habe. Simon Serfaty charakterisiert diese fehlen<strong>de</strong> ‘Rollenvorstellung’ als<br />

amerikanischen „show-me mood: Show me why, show me with whom, and show me how.“ 225<br />

Die Zögerlichkeit <strong>de</strong>r Administration entsprach auch <strong>de</strong>m Rollenverständnis <strong>de</strong>r<br />

amerikanischen Öffentlichkeit während <strong>de</strong>r zweiten Phase: In einer Meinungsumfrage von<br />

ABC/Washington Post vom Februar 1993 unter Regierungseliten und <strong>de</strong>r amerikanischen<br />

Öffentlichkeit glauben 80% <strong>de</strong>r Befragten, daß <strong>de</strong>r <strong>Jugoslawienkonflikt</strong> ein vorrangig<br />

europäisches Problem sei und nur ganze 16% wollten eine Führungsrolle <strong>de</strong>r Vereinigten<br />

Staaten unterstützen. 226 Dazu kam, daß die von <strong>de</strong>r Administration zur Grundlage ihrer Politik<br />

erklärten Bedingungen ‘kollektives Han<strong>de</strong>ln’ und ‘Zustimmung aller Konfliktparteien’ das<br />

Gestaltungspotential <strong>de</strong>r USA extrem einschränkten, ja ihre Politik nahezu handlungsunfähig<br />

machen mußten: Europäisch-amerikanische Differenzen sorgten dafür ebenso wie die<br />

mangeln<strong>de</strong> Kooperationsbereitschaft <strong>de</strong>r Serben.<br />

Rollenerwartungen an die Partner<br />

Von ihren Verbün<strong>de</strong>ten erwarteten die Vereinigten Staaten in dieser Konfliktphase, die<br />

Hauptlast <strong>de</strong>r internationalen Frie<strong>de</strong>nsbemühungen im Krisengebiet zu tragen, dabei aber eine<br />

amerikanische Führungsrolle im Konfliktmanagement zu beachten. Zusätzlich drängte<br />

Washington die Verbün<strong>de</strong>ten dazu, ihren Einfluß bei <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Konfliktparteien<br />

geltend zu machen. Damit sollte <strong>de</strong>r diplomatische Druck <strong>de</strong>r Staatengemeinschaft auf die<br />

einzelnen Kriegsparteien insgesamt erhöht wer<strong>de</strong>n. Hierin war durchaus ein arbeitsteiliger<br />

Gedankengang angelegt, also eine Zivilmachtkategorie im weitesten Sinne (Kategorie 5.1,<br />

‘collective actor’). <strong>Der</strong> amerikanische Verteidigungsminister Les Aspin sagte dazu: „The<br />

current policy is to use heavy diplomatic pressure. We want the Germans to talk to the<br />

Croatians, the Russians to talk to the Serbs – whoever anybody has some influence with –<br />

marshal the opinion...“ 227<br />

3.1.4 Amerikanische Politik als konstruktives Konfliktmanagement?<br />

Zwischen 1991 und <strong>de</strong>m Spätsommer 1994 war die amerikanische Diplomatie, trotz<br />

zahlreicher Versuche, eine entschlossenere Politik durchzusetzen, auf Kompromiß und<br />

Ausgleich mit <strong>de</strong>n Verbün<strong>de</strong>ten angelegt. Die Vereinigten Staaten unterstützten typischerweise<br />

europäische Initiativen nur halbherzig. Washington respektierte die For<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Alliierten<br />

nach einer nichtmilitärischen Konfliktlösung, um eine eigene Führungsrolle zu vermei<strong>de</strong>n. Je<strong>de</strong><br />

Art von Unilateralismus wur<strong>de</strong> bis zum Herbst 1994 vermie<strong>de</strong>n. Gegen eine entschlossenere<br />

Politik sprach die zurückhalten<strong>de</strong> öffentliche Meinung in <strong>de</strong>n USA, militärstrategische<br />

Überlegungen, die vor einem leichtfertigen Militäreinsatz in Bosnien warnten und <strong>de</strong>r niedrige<br />

224 David Gompert, <strong>de</strong>r zur Zeit <strong>de</strong>s Golfkrieges im NSC tätig war, vergleicht die Entscheidung <strong>de</strong>r USA für<br />

eine Übernahme <strong>de</strong>r Führungsrolle in <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Krisen folgen<strong>de</strong>rmaßen: „In the Gulf crisis, we took<br />

charge within hours, it didn’t take us years.“ Interview mit David Gompert, Vice Presi<strong>de</strong>nt, RAND, Senior<br />

Staff Director for Europe, National Security Council, NSC, 1990-1993, Washington, 12. Juli 1996.<br />

225 Vgl. Simon Serfaty, America and Europe Beyond Bosnia, in: The Washington Quarterly, 19:3 (Summer<br />

1996), S. 31-44, hier S. 39. Ähnlich bezeichnete Robert Zoellick, ehemaliger Un<strong>de</strong>rsecretary of State unter<br />

Präsi<strong>de</strong>nt Bush, die Notwendigkeit, <strong>de</strong>n Wählern überzeugen<strong>de</strong> Grün<strong>de</strong> für außenpolitisches Engagement<br />

aufzuzeigen als „show-me-internationalism“, vgl. Uncertain Beacon, TIME, 27. November 1995, S. 31.<br />

226 Vgl. U.S. Information Agency, Opinion Roundup: European, American and Serbian Views on Bosnia-<br />

Hercegovina, 1992-1993. USIS Opinion Research Memorandum, 20.7.1993, S. 4f.<br />

227 Secretary of Defense Les Aspin, so zitiert in Cohen, 1995, S. 274, Fn.79.

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