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Der Jugoslawienkonflikt - Deutsche-Aussenpolitik.de

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Die amerikanische Politik in <strong>de</strong>r Kontaktgruppe<br />

Am 26. April 1994 formierte sich – auf Initiative <strong>de</strong>s französischen Außenministers Juppé 165 –<br />

die aus <strong>de</strong>n USA, Rußland, Großbritannien, Frankreich und Deutschland bestehen<strong>de</strong><br />

Kontaktgruppe. 166 Ihrer Struktur und ihrem Aufbau nach fällt die Kontaktgruppe in <strong>de</strong>n<br />

Bereich <strong>de</strong>r ‘ad hoc multilateral diplomacy’, die insbeson<strong>de</strong>re in schwierigen internationalen<br />

Verhandlungssituationen in <strong>de</strong>r wissenschaftlichen Fachliteratur als hilfreiches Instrument<br />

bezeichnet wor<strong>de</strong>n sind. 167 So bemerkt Karns, daß ad hoc organisierte multilaterale Diplomatie<br />

dann erfolgreich sein kann, wenn sich internationale Institutionen als nicht wirksam erweisen<br />

o<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>n Konfliktparteien als Vermittler abgelehnt wer<strong>de</strong>n. Als weiterer Vorteil dieser adhoc-Diplomatie<br />

wird ihre Flexibilität angeführt. Wenig institutionalisierte<br />

Vermittlungsbemühnungen müssen sich we<strong>de</strong>r an die Regeln noch an das – häufig eng<br />

begrenzte – Verhandlungsmandat internationaler Institutionen halten. Vielmehr können sie die<br />

individuellen und unterschiedlichen Einflußmöglichkeiten verschie<strong>de</strong>ner Akteure auf die<br />

Konfliktparteien bün<strong>de</strong>ln, erhöhen die Fähigkeit <strong>de</strong>r Vermittlerstaaten auch langwierige<br />

Verhandlungen durchzuhalten und verteilen das Risiko eines Scheiterns <strong>de</strong>r Lösungsversuche<br />

auf die Gruppe. Flexible Multilateralität eignet sich als Strategie insbeson<strong>de</strong>re dann, wenn kein<br />

in <strong>de</strong>n Vermittlungsprozeß involvierter Staat klar <strong>de</strong>finierte Interessen o<strong>de</strong>r einen<br />

dominieren<strong>de</strong>n Einfluß auf alle Konfliktparteien besitzt und daher wenig Bereitschaft besteht,<br />

sich im Rahmen <strong>de</strong>r Bemühungen zur Konfliktlösung führend zu engagieren. Gelingt <strong>de</strong>n<br />

Diplomaten <strong>de</strong>r Verhandlungsteams einer ad-hoc-Gruppe dann eine effektive Kommunikation<br />

über gemeinsame (Teil-) Ziele, kann im I<strong>de</strong>alfall eine koordinierte und aus Drohungen und<br />

Anreizen kombinierte Strategie entworfen wer<strong>de</strong>n, die es <strong>de</strong>n Konfliktparteien schwierig bis<br />

unmöglich macht, sich einer Verhandlungslösung zu wi<strong>de</strong>rsetzen. 168<br />

Zentrale Merkmale dieser wissenschaftlichen Bewertung lassen sich durchaus in <strong>de</strong>r<br />

amerikanischen Kontaktgruppenpolitik wie<strong>de</strong>rfin<strong>de</strong>n: So beschreibt Ambassador Charles<br />

Thomas, <strong>de</strong>r amerikanische Kontaktgruppenvertreter, die Motive seiner Administration für die<br />

Teilnahme an <strong>de</strong>r Verhandlungsrun<strong>de</strong> nüchtern: „The United States at the overall picture really<br />

didn’t want to get involved on the ground in Bosnia yet it couldn’t help to be involved in some<br />

fashion. By having a group of the major powers it seemed to be possible to have some kind of<br />

a joint policy which would lead to a resolution but not to any more <strong>de</strong>eper U.S. involvement...<br />

I think, the administration has been quite reactive and was mainly trying to avoid problems. It<br />

was a <strong>de</strong>sire to have a limited involvement that was diluted by the presence of other major<br />

powers.“ 169 Auch kam die Mitgliedschaft Rußlands in <strong>de</strong>r Gruppe <strong>de</strong>m lange geäußerten<br />

amerikanischen Anliegen nach, <strong>de</strong>n Einfluß Moskaus auf die Serben konstruktiv in <strong>de</strong>n<br />

Vermittlungsprozeß miteinzubeziehen. Deutschland hatte Einfluß auf Kroatien, die bosnischen<br />

Muslime vertrauten <strong>de</strong>r amerikanischen Seite am meisten. Die fünf Mächte spiegelten die<br />

unterschiedlichen Lösungsvorstellungen für <strong>de</strong>n Konflikt wi<strong>de</strong>r: „All possible ways of thinking<br />

165 Vgl. Archiv <strong>de</strong>r Gegenwart vom 27. April 1994, S. 38904; Neuer Anlauf für Bosnien-Gespräche in London,<br />

NZZ, 28.4.1994. An<strong>de</strong>re Quellen geben die USA als Initiator <strong>de</strong>r Kontaktgruppe an, vgl. An<strong>de</strong>as Zumach,<br />

Dayton, Kein Synonym für Frie<strong>de</strong>n, in: Vereinte Nationen 45(1997)1, S. 9-14, hier S. 10.<br />

166 Zum ersten Treffen <strong>de</strong>r Kontaktgruppe vgl. Archiv <strong>de</strong>r Gegenwart vom 27. April 1994, S. 38910.<br />

167 Vgl. dazu Margaret P. Karns, Ad hoc multilateral diplomacy: the United States, the Contact Group, and<br />

Namibia, in: International Organization, Vol. 41, No. 1, Winter 1987, S. 93-123.<br />

168 Karns, 1987, S. 122f.<br />

169 Vgl. Interview mit Ambassador Charles Thomas, U.S. Representative to the Contact Group, July 1994-<br />

January 1995, Bethesda, 19. Juli 1996.

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