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Der Jugoslawienkonflikt - Deutsche-Aussenpolitik.de

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Die <strong>de</strong>utsche Politik im Rahmen <strong>de</strong>r Kontaktgruppe<br />

Erst mit <strong>de</strong>r Gründung <strong>de</strong>r Kontaktgruppe gewinnt die <strong>de</strong>utsche Politik wie<strong>de</strong>r an Profil, und<br />

Bonn entwickelt neue Akteursqualitäten. Nach <strong>de</strong>m Scheitern <strong>de</strong>r internationalen<br />

Frie<strong>de</strong>nsbemühungen mußte die Bun<strong>de</strong>srepublik erkennen, daß ihr in <strong>de</strong>m durch <strong>de</strong>n<br />

Konfliktverlauf vorgegebenen Umfeld keine Handlungsmöglichkeiten und<br />

Gestaltungsinstrumente zur Verfügung stan<strong>de</strong>n, um eine zivilmachtorientierte Politik<br />

durchsetzen zu können. Im Rahmen von UN und EG fand Bonn keine Partner, die eine solche<br />

Politik mitgetragen hätten, zu<strong>de</strong>m wirkten bei<strong>de</strong> Institutionen an sich im Kontext <strong>de</strong>s<br />

voranschreiten<strong>de</strong>n Konflikts nicht gestaltungsfähig. Die Kontaktgruppe wur<strong>de</strong> von Bonn<br />

unterstützt, weil sie die I<strong>de</strong>e kollektiver Sicherheit beinhaltete und <strong>de</strong>r Versuch war,<br />

unterschiedliche Akteure mit unterschiedlichen Politikpräferenzen in ein effektives<br />

Entscheidungsgremium zu integrieren und dadurch zu einer gemeinsam tragbaren, multilateral<br />

umsetzbaren Politik führen konnte. Mit Amerikanern, Europäern und Russen waren die<br />

zentralen und einflußmächtigsten Akteure gleichberechtigt eingebun<strong>de</strong>n. Im I<strong>de</strong>alfall konnte<br />

dieser Rahmen also kollektives, hegemoniefreies Han<strong>de</strong>ln herbeiführen.<br />

Im Verlauf dieser multilateralen Politikkoordination sollten sich die <strong>de</strong>utsch-amerikanische<br />

Zusammenarbeit und die Rolle <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik als be<strong>de</strong>utungsvoll erweisen. Dazu sagt ein<br />

<strong>de</strong>utscher Diplomat: „Es war eine sehr, sehr intensive Zusammenarbeit. Wir haben sehr viele<br />

Texte entwickelt und eine verantwortliche Aufgabe übernommen bezüglich <strong>de</strong>r Fö<strong>de</strong>ration<br />

zwischen <strong>de</strong>n Bosniaken und <strong>de</strong>n Kroaten. Da hat Deutschland ganz substantielle Arbeit<br />

geleistet.“ 231 Diese Einschätzung wird bestätigt durch <strong>de</strong>n amerikanischen Vertreter in <strong>de</strong>r<br />

Kontaktgruppe, Botschafter Charles Thomas, <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>rs auf die Rolle <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen<br />

Kontaktgruppendiplomaten, Son<strong>de</strong>rbotschafter Michael Steiner, hingewiesen hat: 232 „The<br />

German role was very much influenced by the personality of Michael Steiner who is a very<br />

active and somewhat imaginative guy. The German role was a difficult one because the<br />

Germans had to <strong>de</strong>al with the legacy of the recognition policy. But Steiner <strong>de</strong>finitely took a<br />

lead role. Among the Europeans he was by far the most active and the closest to the United<br />

States position... Even without a presence on the ground, because of the German role in the<br />

EC, they had a lead role. Steiner was much more willing to take the lead. Other countries were<br />

reluctant to get into it. The French and the British they took a sort of a passive role as<br />

compared to the Germans.“ 233 Hier darf man also <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik aufgrund ihres aktiven<br />

Engagements und ihrer Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung Zivilmachtqualitäten<br />

im Bereich initiator/promoter (1.1) bescheinigen.<br />

Ergänzt wur<strong>de</strong> dieses Engagement innerhalb <strong>de</strong>r Kontaktgruppe durch ein selbstbewußtes<br />

Auftreten <strong>de</strong>r bun<strong>de</strong>s<strong>de</strong>utschen UNO-Diplomaten, die Anfang Januar 1995 <strong>de</strong>n nichtständigen<br />

Sitz <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik im UNO-Sicherheitsrat antraten. Botschafter Tono Eitel brachte im<br />

Herbst zunächst eine Anfrage zu <strong>de</strong>n Menschenrechtsverletzungen in <strong>de</strong>r UNO-<br />

Sicherheitszone Srebrenica in <strong>de</strong>n Sicherheitsrat ein, auf <strong>de</strong>ssen Grundlage sich <strong>de</strong>r Rat am 21.<br />

Dezember 1995 schließlich auf die – von <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen UN-Mission verfaßte – Resolution<br />

1034 einigte, die „alle Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte im<br />

Hoheitsgebiet <strong>de</strong>s ehemaligen Jugoslawien“ 234 und insbeson<strong>de</strong>re die systematischen<br />

Menschenrechtsverletzungen <strong>de</strong>r bosnischen Serben verurteilte. Im Januar 1996 wur<strong>de</strong> diese<br />

231 Vgl. Interview mit Gerd Wagner, Minister-Counselor, <strong>Deutsche</strong> Botschaft, Washington, 24. Juni 1996.<br />

232 Zur Person und Rolle Steiners vgl. Tag und Nacht im Einsatz für Bosnien, FAZ, 5. Januar 1996.<br />

233 Vgl. Interview mit Ambassador Charles Thomas, U.S. Representative to the Contact Group, July 1994-<br />

January 1995, Bethesda, 19. Juli 1996.<br />

234 So zitiert bei Thomas Schuler, Probezeit. Deutschland im Sicherheitsrat (1995/96), in: Vereinte Nationen<br />

45(1997)1, S. 1-9, hier S. 3.

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