Der Jugoslawienkonflikt - Deutsche-Aussenpolitik.de
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UNPROFOR-Truppen. Deutlich wird also, daß die zentralen Partner USA und Frankreich<br />
Deutschland als vollwertigen Partner auf <strong>de</strong>r diplomatischen Ebene akzeptiert haben und gegen<br />
einen Bun<strong>de</strong>swehreinsatz keinerlei Einwän<strong>de</strong> äußerten. Im März 1995, als die<br />
Vermittlungsbemühungen <strong>de</strong>r Kontaktgruppe am Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong>r Konfliktparteien zu scheitern<br />
drohten, setzte sich die Bun<strong>de</strong>srepublik für eine Stärkung <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>n USA initiierten<br />
kroatisch-bosniakischen Fö<strong>de</strong>ration ein. 243 <strong>Der</strong> Bun<strong>de</strong>saußenminister unterstrich trotz <strong>de</strong>s<br />
zivilmachtfeindlichen Umfel<strong>de</strong>s eine rollenspezifisch orientierte Konfliktkultur (Kategorie 5.3):<br />
Deutschland wer<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>r Suche nach einer friedlichen Lösung nicht so rasch aufgeben und<br />
sehe es als seine Pflicht an, jener Konfliktpartei zu helfen, die am meisten zu lei<strong>de</strong>n habe. 244<br />
Dieser Vorsatz fand seinen Nie<strong>de</strong>rschlag in konkreten Hilfsleistungen für bosnische und<br />
kroatische Flüchtlinge sowie für <strong>de</strong>n Wie<strong>de</strong>raufbau Kroatiens: In Kroatien finanzierte die<br />
Bun<strong>de</strong>sregierung unter <strong>de</strong>r Mitarbeit von GTZ-Arbeitskräften eine Flüchtlingssiedlung,<br />
för<strong>de</strong>rte <strong>de</strong>utsche Investitionen und half bei <strong>de</strong>r Gründung von Wirtschaftsbetrieben. Auch hat<br />
man <strong>de</strong>n Kroaten Zusammenarbeit in Verwaltungsfragen, beispielsweise beim Aufbau eines<br />
<strong>de</strong>m <strong>de</strong>utschen ähnlichen Steuersystems angeboten. 245 Die zivilmachtorientierte Konfliktkultur<br />
betonte Kinkel auch später, nach<strong>de</strong>m sich die NATO zu Luftangriffen gegen serbische<br />
Stellungen entschlossen hatte. Nun war die Bun<strong>de</strong>srepublik zu einer Doppelstrategie –<br />
‘militärische Aktionen plus Verhandlungen’ – durchaus bereit. Auf die Frage, wie es<br />
zusammenpasse, daß die Bun<strong>de</strong>sregierung einerseits die Militäraktionen gegen Serbien<br />
begrüße, an<strong>de</strong>rerseits auf eine Konfliktlösung am Verhandlungstisch setze, entgegnete <strong>de</strong>r<br />
Außenminister: „Wenn <strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong>nsprozeß voranzukommen scheint, wird er von<br />
Uneinsichtigen gestört. Das darf man nicht unerwi<strong>de</strong>rt und nicht unbeantwortet lassen, aber<br />
man darf sich nicht davon abhalten lassen, trotz<strong>de</strong>m <strong>de</strong>n politischen Verhandlungsprozeß<br />
fortzuführen.“ 246<br />
Sanktionen<br />
Bonn kommt eine führen<strong>de</strong> Rolle bei <strong>de</strong>r For<strong>de</strong>rung und Durchsetzung von Sanktionen gegen<br />
die Serben zu. 247 Zunächst sprach sich die Bun<strong>de</strong>sregierung ausdrücklich für harte<br />
Wirtschaftssanktionen gegen Serbien aus, das für seine Politik mit „wirtschaftlicher<br />
Verelendung und totaler politischer Isolation zahlen“ 248 müsse. Später brachte sie in <strong>de</strong>r<br />
‘Kinkel-Juppé-Initiative’ zusammen mit Frankreich im September 1993 einen Vorschlag in die<br />
Diskussion, wonach die Sanktionen gegen Restjugoslawien im Austausch gegen serbisches<br />
Wohlverhalten bezüglich <strong>de</strong>r territorialen Aufteilung Bosniens schrittweise gelockert wer<strong>de</strong>n<br />
sollten. 249 Damit versuchte Bonn Serbien dazu zu bewegen, Druck auf die serbischen Bosnier<br />
auszuüben und insgesamt positive Anreize für Serbiens Kooperation zu schaffen. <strong>Der</strong> Plan<br />
scheiterte En<strong>de</strong> 1993 – weil er we<strong>de</strong>r für einen nach <strong>de</strong>n serbischen Parlamentswahlen<br />
gestärkten Präsi<strong>de</strong>nten Milosevic, noch für die an einer Rückgewinnung ihres Territoriums<br />
243 Vgl. Washington <strong>de</strong>utet eine neue Balkanpolitik an, FAZ, 17.3.1995.<br />
244 Vgl. Rettungsversuche für die Waffenruhe in Bosnien, NZZ, 18.3.1995.<br />
245 Vgl. Kroatiens Schlüsselfrage, FAZ, 25.4.1995.<br />
246 Vgl. BM <strong>de</strong>s Auswärtigen Dr. Kinkel zu <strong>de</strong>n NATO-Luftangriffen auf serbische Stellungen, in: Stichworte<br />
zur Sicherheitspolitik, Nr. 9/1995, S. 13-14, hier S. 14.<br />
247 Vgl. Maull, 1995, S. 9, m.w.N.<br />
248 So Bun<strong>de</strong>skanzler Kohl als Bewertung <strong>de</strong>r UN Resolution 820 vom 17. April 1993, mit <strong>de</strong>r die politischen<br />
und wirtschaftlichen Sanktionen gegen Rest-Jugoslawien verschärft wur<strong>de</strong>n, vgl. Archiv <strong>de</strong>r Gegenwart,<br />
27. April 1993, S. 37804.<br />
249 Vgl. Ein Vorschlag aus Brüssel soll Gespräche in Genf bewegen, FAZ, 19. November 1993.