Der Jugoslawienkonflikt - Deutsche-Aussenpolitik.de

Finanz- und Wirtschaftshilfen. 9 Trotzdem hat man in Washington weiterhin auf eine am Status
quo orientierte Politik gesetzt. Als Ende der achtziger Jahre wirtschaftliche Reformunfähigkeit
und gravierende Menschenrechtsverletzungen der Kosovo-Albaner durch die Belgrader
Zentralregierung vom amerikanischen Kongreß angemahnt werden, 10 hält Washington zunächst
an seiner auf Stabilität und territoriale Integrität ausgerichteten Politik gegenüber Jugoslawien
fest.
Die Bush-Administration
Das außenpolitische Interesse der breiten amerikanischen Öffentlichkeit und der Medien wurde
seit August 1990 ganz von den Ereignissen am Golf eingenommen. Erste Meldungen über
verschärfte Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Voksgruppen in Jugoslawien
gingen in Verlauf des Golfkonflikts weitgehend unter. Die Regierung Bush 11 und der Kongreß
in Washington erkannten Jugoslawien dagegen schon früh als ernstes Problem. Bereits im
November 1990 warnte eine CIA-Studie, daß das jugoslawische Experiment gescheitert und
ein gewaltsames Auseinanderbrechen in den nächsten achtzehn Monaten zu erwarten sei. 12 Der
damalige NSC-Direktor für Europa, David Gompert, betont daher auch, es habe keine
„intelligence failure“ gegeben: „The Bush administration was well aware of the dangers in
Yugoslavia prior to the crisis.“ 13 Am 25. September 1990 bat der kroatische Führer Franjo
Tudjman den amerikanischen Sicherheitsberater, Brent Scowcroft, eine Restrukturierung
Jugoslawiens als lose Konföderation öffentlich zu unterstützen. 14 Das Auseinanderbrechen des
Staates Jugoslawien wollte die Bush-Administration jedoch um jeden Preis verhindern.
Scowcroft warnte immer wieder vor den Folgewirkungen einer Disintegration als Präzedenzfall
für die Stabilität in der Sowjetunion. 15 Daher erschien eine Politik, die den Status quo in Form
der Einheit und der territorialen Integrität Jugoslawiens bewahrte, der Bush-Administration als
folgerichtig. 16 Andererseits geriet die amerikanische Regierung in einen Zielkonflikt: Eine
Gruppe von Abgeordneten und Senatoren im Kongreß um Senator Dole warnte davor, die von
der jugoslawischen Zentralregierung zu verantwortenden Menschenrechtsverletzungen und den
wachsenden Nationalismus um den Vorsitzenden der kommunistischen Partei Serbiens,
Slobodan Milosevic, nicht widerspruchslos hinzunehmen und forderte eine amerikanische
Politik, die sich stärker an den Werten Demokratie und Menschenrechte orientieren sollte. Der
Kongreß forderte in mehreren Resolutionen zu Beginn des Jahres 1991, U.S.-Hilfsleistungen
an die von Außenminister Baker geforderten Kriterien Rechtsstaatlichkeit, Einhaltung der
9 Vgl. Yugoslavia: U.S. Policy and Options. CRS-Report for Congress No. 92-632S by Mark M. Lowenthal,
Congressional Research Service, The Library of Congress, Washington 1992, S. 1.
10 Vgl. dazu Yugoslavia’s Kosovo Crisis: Ethnic Conflict between Albanians and Serbs, CRS-Report for
Congress by Steven J. Woehrel, Congressional Research Service, The Library of Congress, Washington,
D.C. 2.11.1989.
11 Für Überblicksdarstellungen zur Politik der Bush-Administration in der Frühphase des Konflikts vgl. David
Gompert, How to Defeat Serbia, in: Foreign Affairs, Vol. 73, No. 4, July/August 1994, S. 30-47;
Brenner, 1996, S. 4-10; Larrabee (Chaillot No. 17), S. 17-21.
12 Vgl. dazu den Bericht in der New York Times, November 28, 1990, S. 7.
13 Gompert, 1994 S. 32.
14 Gompert, 1994, S. 34.
15 Vgl. Lenard J. Cohen, Broken Bonds. Yugoslavia’s Disintegration and Balkan Politics in Transition, Boulder
1995, S. 219.
16 Vgl. dazu die Aussage von Raymond G. H. Seitz, Assistant Secretary of State for European and Canadian
Affairs, in: Developments in Europe, U.S. House of Representatives, Hearing before the Subcommittee
on Europe and the Middle East, 9.10.1990, Committee on Foreign Affairs, Washington, D.C. 1991.