die mundart des fürstentums liechtenstein - eLiechtensteinensia
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den Dialekt aufgegeben oder sehr stark an denjenigen<br />
Liechtensteins angepasst haben, kann man von<br />
zirka 20'000 (72 %) Sprechern der Liechtensteinischen<br />
Mundart ausgehen. 11<br />
Ausserdem ist mit 4500<br />
(16 %) fremden Mundartsprechern und etwa 1000<br />
(4%) Hochdeutschsprechenden zu rechnen. Zudem<br />
lebten Ende 1990 2902 (9,9 %) Fremdsprachige in<br />
Liechtenstein. 12<br />
2.2.<br />
THEORETISCHE VORBEMERKUNGEN<br />
Die Sprachsituation <strong>des</strong> Fürstentums Liechtenstein<br />
wird beherrscht durch das funktionale Nebeneinander<br />
von Standard 13<br />
und Dialekt. 14<br />
Man spricht<br />
Mundart und schreibt Hochdeutsch. Beim ungesteuerten<br />
Erstsprachenerwerb im Elternhaus wird<br />
dem Kind in den meisten Fällen Mundart vermittelt.<br />
Dass es sich dabei nicht in jedem Fall um <strong>die</strong><br />
Liechtensteiner Mundart handelt, ist bei dem hohen<br />
Anteil an Ausländern (ca. 30 % der Einwohner)<br />
einleuchtend. Zudem sind auch «Mischehen» mit<br />
einem Liechtensteiner und einem ausländischen<br />
Partner deutscher Sprache recht häufig. Wie der<br />
Spracherwerb in <strong>die</strong>sen Fällen verläuft und inwieweit<br />
sich <strong>die</strong> primär erworbene Sprache bei der<br />
Einschulung wieder ändert, ist für Liechtenstein<br />
bislang nicht untersucht worden. Auf alle Fälle geschieht<br />
<strong>die</strong> sprachliche Sozialisation, <strong>die</strong> Integration<br />
in <strong>die</strong> Sprachgemeinschaft der Mundartsprechenden,<br />
spätestens im Kindergarten. Arbeiten 1<br />
"'<br />
zum Umgang von Kindern mit der Diglossie- oder<br />
Bilingualismussituation haben gezeigt, dass <strong>die</strong>se<br />
<strong>die</strong> Sprache mit denjenigen Menschen in Verbindung<br />
bringen, <strong>die</strong> sie sprechen oder mit denjenigen<br />
Situationen, in denen sie gebraucht wird. Kinder<br />
lernen das Code-switching, wenn das in ihrer<br />
Sprachgemeinschaft zum üblichen Sprachgebrauch<br />
gehört. Wenn in den Kindergärten viele Kinder eingeschult<br />
werden, <strong>die</strong> von Haus aus einen fremden<br />
Dialekt sprechen, geschieht hier mit dem erstmaligen<br />
Eintritt in eine neue Sprachgemeinschaft auch<br />
gleichzeitig <strong>die</strong> Einführung in einen neuen Sprachcode.<br />
Bei Kindern, von denen ein Elternteil nicht<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
nativer Mundartsprecher ist, bleibt immer etwas<br />
an individueller Anderssprachigkeit zurück. Trotz<br />
<strong>die</strong>ser Einschränkungen kann aber sicher festgehalten<br />
werden, dass beim ungesteuerten Erstsprachenerwerb<br />
Mundart «gelernt» wird.<br />
Erst mit Beginn der Primarschule wird dem<br />
Kind normalerweise über einen gesteuerten Zweitsprachenerwerb<br />
<strong>die</strong> Standardsprache verbal und<br />
schriftlich vermittelt. Inwieweit sich <strong>die</strong>ser Spracherwerb<br />
vom Erlernen einer Fremdsprache unterscheidet<br />
und inwieweit hier <strong>die</strong> Regeln der Fremdsprachendidaktik<br />
angewandt werden können, entzieht<br />
sich unserer Kenntnis. Sicher scheint aber,<br />
dass <strong>die</strong> Standardsprache bezüglich Stellenwert<br />
und auch Spracherwerb nicht mit einer Fremdsprache<br />
gleichgestellt werden kann. «Der Deutschschweizer<br />
mag <strong>die</strong> Mundart als seine Muttersprache<br />
ansehen und demgegenüber der Standardsprache<br />
als oder dingua matrigna><br />
(Stiefmuttersprache) einen nachgeordneten Rang<br />
zuweisen; aber es ist doch nicht sinnvoll, keinen<br />
Unterschied zu machen zwischen dem Deutschen,<br />
der normalen Lese- und Schreibsprache, und<br />
dem Französischen, Italienischen und Englischen<br />
als echten Fremdsprachen» (Sieber/Sitta 1986,<br />
S. 33 f.).<br />
Das Sprachsystem <strong>des</strong> Fürstentums Liechtenstein<br />
ist zweistufig. Prinzipiell wird Hochdeutsch<br />
geschrieben und Mundart gesprochen. Allgemein<br />
wird <strong>die</strong>se Situation mit dem Terminus der «Medialen<br />
Diglossie» umschrieben. 16<br />
Ohne hier auf <strong>die</strong><br />
verschiedenen theoretischen Ausrichtungen und<br />
Definitionen der Diglossietheorie einzugehen, soll<br />
als Grundlage eine Definition gegeben werden, <strong>die</strong><br />
in der Tradition der nordamerikanischen Forschung<br />
steht. Ferguson hat 1959 einen Begriff in<br />
<strong>die</strong> Sprachsoziologie eingebracht, 17<br />
der im Laufe<br />
der Zeit von anderen erweitert und verfeinert wurde.<br />
«Diglossia is a relatively stable language Situation<br />
in which, in addition to the primary dialects of<br />
the language (which may include a Standard or regional<br />
Standards), there is a very divergent, highly<br />
codified (often grammatically more complex) superposed<br />
variety, the vehicle of a large and respected<br />
body of written literature, either of an ear-<br />
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