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die mundart des fürstentums liechtenstein - eLiechtensteinensia

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sprächspartner und der Situation abhängige gesellschaftliche<br />

Gebrauchsnormen gibt, vollzieht sich<br />

ein gleiten<strong>des</strong> Kontinuum. Im allgemeinen ist auf<br />

dem Land der Basisdialekt <strong>die</strong> bodenständige, alltägliche<br />

Sprachform der älteren, alteingesessenen<br />

Bevölkerung und weist daher örtliche bis kleinräumige<br />

Unterschiede auf. Die jüngere Generation<br />

zeigt dort dagegen im alltäglichen Gespräch allerlei<br />

Abweichungen, <strong>die</strong> meistens vom Dialekt der kulturell<br />

<strong>die</strong> Region beherrschenden Stadt ausgehen<br />

und den regionalen Verkehrsdialekt ausmachen»<br />

(Wiesinger 1986, S. 106).<br />

Die Standardsprache geniesst besonders in<br />

Österreich hohes Prestige. Das Hochdeutsche bekommt<br />

als soziale Kennzeichnung ein besonderes<br />

Gewicht und ist sprachsoziologischer Ausdruck für<br />

Elite und Stand. So ist in der Schule und in den<br />

Me<strong>die</strong>n viel seltener Mundart zu hören als in der<br />

benachbarten Schweiz. Ein wenig anders liegen<br />

<strong>die</strong> sprachpragmatischen Begebenheiten in Vorarlberg.<br />

Kennzeichnend ist, dass <strong>die</strong>ses Randgebiet<br />

zwischen alemannischen und bayerischen Dialekten<br />

eben auch aus pragmatischer Sicht eine Zwischenstellung<br />

einnimmt. Die Mundart beherrscht<br />

hier viel mehr Domänen als im restlichen Österreich<br />

und besitzt - ähnlich wie in der Schweiz -<br />

Identifikationscharakter zur Betonung der politischen<br />

und kulturellen Eigenständigkeit. Andererseits<br />

will man aber nicht «hinter Wien zurückstehen»<br />

und ist aus <strong>die</strong>sem Grund natürlich darauf<br />

bedacht, den negativ besetzten Dialekt durch eine<br />

elitär wirkende Umgangssprache zu ersetzen. «Sie<br />

hat eindeutig soziale Hintergründe, da <strong>die</strong>jenigen,<br />

<strong>die</strong> sie sprechen, vorwiegend Angehörige von Fabrikantenkreisen,<br />

sich von jenen sprachlich distanzieren,<br />

welche nicht so reich sind wie sie ... Es<br />

wird wohl selten eine Sprachform geben, deren<br />

Ursprung so eindeutig in den sozialen Verhältnissen<br />

zu suchen ist» (Gabriel 1973, S. 75).<br />

Das «Bödeledeutsch», «Ganahldeutsch» und<br />

«Pfänderdeutsch» 36<br />

findet in den Mundartbeschreibungen<br />

von Jutz noch keine Aufnahme. Gabriel hat<br />

sich damit bislang marginal befasst. Es scheint,<br />

dass sich der Gebrauch einer Umgangssprache erst<br />

in den letzten Jahrzehnten auf immer breitere Be­<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

völkerungsschichten auszudehnen beginnt, und<br />

dass <strong>die</strong> jüngeren Vorarlberger, beeinflusst durch<br />

zentrale Me<strong>die</strong>n, den Fremdenverkehr, <strong>die</strong> Wirtschaft<br />

und <strong>die</strong> gestiegene Mobilität <strong>die</strong>se Umgangssprache<br />

auch immer mehr benutzen. Die Unterschiede<br />

aber zwischen dem schweizerischen<br />

Rheintal und dem Vorarlberg sind klar. Hier Diglossie<br />

mit Mundart und Standard. Dort Polyglossie mit<br />

Mundart und Hochdeutsch und dazwischen ein<br />

umgangssprachliches Kontinuum, das sich offensichtlich<br />

auf immer grössere Sprechergruppen ausdehnt.<br />

Der Sprachformengebrauch in der Schweiz und<br />

in Liechtenstein unterscheidet sich nicht wesentlich.<br />

Sowohl in der Schweiz wie auch in Liechtenstein<br />

wird grundsätzlich ein zweistufiges Sprachsystem<br />

verwendet. «Da <strong>die</strong> gesprochene Form <strong>des</strong><br />

Schriftdeutschen, <strong>die</strong> Vortragssprache, auf <strong>die</strong><br />

Schule, einzelne Institutionen und Berufe eingeschränkt<br />

bleibt, fällt dem Schweizerdeutschen zudem<br />

von alters her <strong>die</strong> Aufgabe einer allgemeinen<br />

Umgangssprache zu, ...» (Schwarzenbach 1969,<br />

S.69).<br />

Die grössten Unterschiede bezüglich <strong>des</strong> Sprachformengebrauchs<br />

haben wir für <strong>die</strong> Kirche festgestellt.<br />

Während in Liechtenstein in der Kirche<br />

fast ausschliesslich Standarddeutsch gesprochen<br />

wird, was damit zusammenhängt, dass <strong>die</strong> meisten<br />

Priester keine Liechtensteiner sind, gibt es nach<br />

Schwarzenbach in der Schweiz in den Kirchen <strong>die</strong><br />

unterschiedlichsten Situationen, in denen Mundart<br />

gesprochen wird. Sei <strong>die</strong>s nun das freie Gebet 37<br />

, <strong>die</strong><br />

Mundartpredigt 38<br />

, <strong>die</strong> Feldpredigt 39<br />

oder der<br />

Jugendgottes<strong>die</strong>nst 40<br />

. Ein besonderes Zeichen für<br />

den Unterschied <strong>des</strong> Sprachformengebrauchs in<br />

der Kirche ist <strong>die</strong> Tatsache, dass eine Bibelübersetzung<br />

in Liechtensteiner Dialekt im Gegensatz zur<br />

Schweiz nicht existiert und unserer Ansicht nach<br />

von den Liechtensteinern auch als sehr fremd empfunden<br />

würde.<br />

Auch Schwarzenbach fällt es schwer, für <strong>die</strong> öffentliche<br />

Rede oder den öffentlichen Vortrag Faktoren<br />

zu finden, <strong>die</strong> den Gebrauch von Mundart oder<br />

Hochdeutsch definieren. So kann für verschiedene<br />

Domänen wie Reden bei Schützenempfängen, Bun-<br />

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