Gesamtskript BGB Schuldrecht Allgemeiner Teil - Hochschule für ...
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<strong>Hochschule</strong> <strong>für</strong> öffentliche<br />
Verwaltung und Finanzen<br />
Ludwigsburg<br />
44<br />
c. Im gegenseitigen Vertrag behält der Schuldner trotz Untergangs der geschuldeten<br />
Sache nach § 326 Abs. 2 den Anspruch auf die Gegenleistung, wenn der Untergang<br />
durch einen von ihm nicht zu vertretenden Umstand während des Annahmeverzugs<br />
des Gläubigers eintritt. Da der Schuldner im Annahmeverzug nach § 300 Abs. 1 nur<br />
Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten hat, muss der Gläubiger bei leicht fahrlässig vom<br />
Schuldner herbeigeführter Unmöglichkeit die Gegenleistung erbringen.<br />
d. Der Schuldner kann vom Gläubiger die Mehraufwendungen verlangen, die ihm<br />
durch den Annahmeverzug entstehen gemäß § 304. Hierzu zählen die Kosten <strong>für</strong> die<br />
Aufbewahrung und Erhaltung der geschuldeten Leistung sowie die Kosten einer<br />
zweiten Anlieferung. Nach § 372 ist der Schuldner zur Hinterlegung berechtigt.<br />
e. Nach § 301 muss der Schuldner eine Geldschuld während des Annahmeverzugs<br />
nicht mehr verzinsen. Der Gläubiger verliert den Zinsanspruch.<br />
Der Zirkus Z hat vom Tierfänger T einen Elefanten erworben. Zum vorgesehenen Termin ist Z nicht<br />
bereit, das angelieferte Tier abzunehmen. T muss das Tier abtransportieren und andernorts unterbringen.<br />
Soweit es um die Lieferpflicht des T aus § 433 Abs. 1 geht, ist Z nach §§ 293, 294 in Gläubigerverzug<br />
geraten. Der T ist Schuldner und Z ist Gläubiger der Lieferpflicht. Hinsichtlich der Abnahmepflicht<br />
aus § 433 Abs. 2 ist Z Schuldner und T Gläubiger. Hier kann seitens des Schuldners Z Leistungsverzögerung<br />
nach §§ 323, 281 und Schuldnerverzug nach § 286 vorliegen. Beim Kaufvertrag<br />
können deshalb Schuldner- und Gläubigerverzug gleichzeitig nebeneinander gegeben sein. Aus dem<br />
Schuldnerverzug ergeben sich nach §§ 323, 281 Möglichkeiten, sich vom Vertrag zu lösen. Die Regelung<br />
des Gläubigerverzugs in §§ 293 ff kennt keine solche Möglichkeit.<br />
Fall: Autoradio<br />
Autohändler Vogel (V) hat an Herrn Krüger (K) und an Herrn Müller (M) jeweils ein<br />
Gebrauchtfahrzeug veräußert. K bittet um Einbau eines Autoradios und M um die<br />
Montage von Sportreifen. V ist zu diesen Zusatzarbeiten bereit. Deshalb sollen K und<br />
M ihre Fahrzeuge erst am Freitag abholen.<br />
Als K am Freitag bei V erscheint, stellt sich heraus, dass V mit den Arbeiten noch<br />
nicht fertig ist. M kommt am Freitag nicht vorbei, weil er aus beruflichen Gründen<br />
verhindert ist. Beide Fahrzeuge bleiben deshalb über Nacht auf dem abgeschlossenen<br />
Betriebsgelände des V stehen. In derselben Nacht stiehlt eine Diebesbande verschiedene<br />
Fahrzeuge darunter auch die von K und M gekauften Fahrzeuge vom Betriebsgelände.<br />
Sowohl K wie M melden nun Schadensersatzansprüche bei V an.<br />
Beide hatten vor, die erworbenen Fahrzeuge mit Gewinn weiter zu veräußern.<br />
Lösung:<br />
1. K könnte einen Schadensersatzanspruch aus §§ 283, 280 geltend machen. Es<br />
wurde ein Kaufvertrag wirksam abgeschlossen nach §§ 433, 145. Wegen nachträglichen<br />
Unvermögens ist die Lieferpflicht des V nach § 275 Abs. 1 erloschen.<br />
V müsste das Unvermögen zu vertreten haben. Es liegt zwar nicht § 276 vor. V hat<br />
den Diebstahl weder vorsätzlich noch fahrlässig herbeigeführt. Jedoch ist § 287 gegeben.<br />
V befand sich mit der Lieferung nach § 286 in Verzug. Er hat den fälligen und<br />
kalendermäßig bestimmten Liefertermin nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 nicht eingehalten.<br />
Einer Mahnung bedurfte es nicht. Nach § 286 Abs. 4 wird vermutet, dass er den Verzug<br />
zu vertreten hat. Hiernach hat er während des Verzugs nach § 287 selbst zufälli-<br />
Skript<br />
<strong>Schuldrecht</strong> AT<br />
Prof. Dr. Eleonora Kohler-Gehrig<br />
Stand 08-2011