Gesamtskript BGB Schuldrecht Allgemeiner Teil - Hochschule für ...
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12<br />
hypothetisches Moment<br />
<strong>Hochschule</strong> <strong>für</strong> öffentliche<br />
Verwaltung und Finanzen<br />
Ludwigsburg<br />
50<br />
Liegt ein Fehlen oder Wegfall der Geschäftsgrundlage vor, führt dies zu einem Anspruch<br />
auf<br />
- Vertragsanpassung und ausnahmsweise zur<br />
- Vertragsaufhebung.<br />
Im öffentlichen Recht hat die vergleichbare Situation beim öffentlich-rechtlichen Vertrag in § 60 Abs. 1<br />
S. 1 LVwVfG eine Ausgestaltung gefunden, die der des § 313 entspricht.<br />
Eine Störung der Geschäftsgrundlage setzt nach § 313 Abs. 1 kumulativ voraus:<br />
- Es müssen sich nach Vertragsschluss Umstände entscheidend verändert haben<br />
10 .<br />
- Diese Umstände müssen zwar Geschäftsgrundlage, sie dürfen aber nicht Inhalt<br />
des Vertrages geworden sein. Geschäftsgrundlage sind all die Umstände,<br />
die nicht Vertragsinhalt geworden sind, gleichwohl zumindest von einem Vertragsteil<br />
bei Vertragsabschluss vorausgesetzt wurden. Sie müssen der anderen<br />
Vertragsseite erkennbar gewesen sein, von dieser gebilligt worden sein.<br />
Der gemeinsame Geschäftswille muss darauf aufgebaut haben. 11 Deshalb zählen<br />
nicht hierzu:<br />
einseitige Motivirrtümer: Der Kauf eines Verlobungsgeschenks, wenn<br />
die Verlobung platzt.<br />
enttäuschte einseitige Erwartungen: Steuerliche Absetzbarkeit eines<br />
Erwerbs.<br />
- die Parteien müssten, wenn sie die Änderung vorausgesehen hätten, den Vertrag<br />
nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen haben 12 ,<br />
- das Festhalten am unveränderten Vertrag muss <strong>für</strong> den einen <strong>Teil</strong> unter Berücksichtigung<br />
aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der vertraglichen<br />
oder gesetzlichen Risikoverteilung unzumutbar sein. In den Risikobereich einer Vertragspartei<br />
allein fallen zum Beispiel voraussehbare Entwicklungen wie die normale Inflation;<br />
verregnete Ferien am Urlaubsort; selbstverschuldete oder eigenverantwortlich veranlasste Störungen.<br />
Eine Störung der Geschäftsgrundlage kann sich in den folgenden Fallgruppen ergeben:<br />
a) Äquivalenzstörungen:<br />
Zur Grundlage eines gegenseitigen Vertrages gehört der Gedanke der Gleichwertigkeit<br />
von Leistung und Gegenleistung. Durch unvorhergesehene Umstände wie<br />
eine massive Geldentwertung kann es zu einer Störung der Äquivalenz kommen.<br />
b) Leistungserschwernisse:<br />
Die Grundlage des Vertrages kann dadurch gestört sein, dass nach Vertragsschluss<br />
Umstände eintreten, die es einer Partei erschweren, die von ihr geschul-<br />
10 realles Moment<br />
11 normatives Moment, das durch Wertung zu bestimmen ist<br />
Skript<br />
<strong>Schuldrecht</strong> AT<br />
Prof. Dr. Eleonora Kohler-Gehrig<br />
Stand 08-2011