Leitfaden - Gewalt gegen Kinder - Saarland
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Andere Eltern reagieren auf ihre Belastungen mit Erschöpfung, Apathie, Resignation,<br />
Depressivität, leben dann wie hinter einer gläsernen Wand, können auf die<br />
Sorgen und Probleme und Anforderungen der <strong>Kinder</strong> nicht mehr genügend eingehen.<br />
Auch für Vernachlässigung gilt: Je geringer die finanziellen und materiellen<br />
Mittel einer Familie sind, je schwieriger das soziale Umfeld, je desorganisierter die<br />
Familiensituation, je belasteter die persönliche Situation der erziehenden Eltern<br />
und je herausfordernder die Situation und das Verhalten des Kindes sind, desto<br />
größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine Vernachlässigungssituation für das<br />
Kind entwickelt.<br />
2.2.2 Sexueller Missbrauch<br />
Während bei der körperlichen Misshandlung und bei der Vernachlässigung persönlichkeitsbedingte,<br />
familiäre und strukturbedingte Merkmale zusammenwirken, werden<br />
bei sexueller <strong>Gewalt</strong> in viel stärkerem Maße persönliche und familiäre Belastungsfaktoren<br />
angenommen.<br />
Diese sind u. a. eigene Missbrauchserfahrung in der Kindheit mit Weitergabe der<br />
eigenen Demütigungserfahrungen, aber auch Persönlichkeitsmerkmale wie Gefühle<br />
von Angst, Furcht, Machtlosigkeit, Wut, Unfähigkeit und geringem Selbstwert <strong>gegen</strong>über<br />
Gleichaltrigen, keine oder sehr wenige Freundschaften während der Adoleszenz<br />
sowie Alkohol- und Drogenmissbrauch. An weiteren Persönlichkeitsmerkmalen<br />
zeigen sich u. U. das ständiges Beschäftigtsein mit sexuellen Themen, Verleugnung,<br />
Konfusion oder Schuldgefühle der eigenen Sexualität <strong>gegen</strong>über sowie<br />
gesellschaftlich empfundener Druck, "männlich" aggressiv (im Sinne einer "Macho"-Attitüde)<br />
oder gewalttätig zu sein, auch Ehe- und Beziehungsprobleme können<br />
vorliegen. Sexueller Missbrauch zeigt in besonderem Maße die ungleiche<br />
Machtverteilung zwischen Opfer und Täter auf.<br />
2.2.3 Elterliche Partnerschaftsgewalt<br />
Als Risikofaktoren, die die Ausübung von Partnerschaftsgewalt begünstigen oder<br />
ursächlich bewirken, gelten sowohl gesellschaftliche als auch individuelle Faktoren<br />
als zunehmend gesichert:<br />
Die geschlechtsspezifische Ungleichverteilung von Macht und Ressourcen in der<br />
Gesellschaft sowie traditionelle Geschlechterrollen bzw. Männlichkeitsbilder mit<br />
dominanz- und überlegenheitsbezogenem, rigidem und Weiblichkeit ablehnendem<br />
Charakter befördern elterliche Partnerschaftsgewalt ebenso wie prägende Erlebnisse<br />
in der Kindheit in Form eines negativen Modells elterlicher Fürsorge in der Herkunftsfamilie<br />
in Form von Misshandlung, Vernachlässigung oder elterlicher Partnerschaftsgewalt<br />
(Kindler).<br />
Dies kann zum individuellen Aufbau aggressiver und regelverletzender Verhaltensauffälligkeiten<br />
führen, der bereits in der Kindheit beginnt und u. U. in Suchterkrankungen<br />
i. e. S. einmündet. Konkrete Ereignisse, die die Exklusivität bzw. die<br />
Bindung erhöhen, wie das Zusammenziehen, Eheschließung, <strong>Kinder</strong> sowie Ereignisse,<br />
die die Verfügbarkeit mindern: z.B. Schwangerschaft und Geburt, Trennung<br />
erhöhen das Risiko, <strong>Gewalt</strong> <strong>gegen</strong> den Partner und ggf. die <strong>Kinder</strong> auszuüben.<br />
Partnerschaftsgewalt ist in der Mehrheit der Fälle kein einmaliges Ereignis, sondern<br />
eskaliert und nimmt mit der Zeit an Intensität und Schweregraden zu. Hinsichtlich<br />
der Eskalation der <strong>Gewalt</strong> und der Ausübung schwerer <strong>Gewalt</strong> mit einem großen<br />
Verletzungspotential, die ein hohes Maß an kindlicher Traumatisierung bewirken<br />
kann, unter Umständen auch die Tötung eines Elternteils und/oder der <strong>Kinder</strong> zur<br />
Folge hat, hat die Forschung die folgenden "High-Risk-Indikatoren" ausfindig gemacht:<br />
Art und Intensität der aktuellen oder zuletzt ausgeübten <strong>Gewalt</strong>handlungen:<br />
Würgen, Vergewaltigung, Einsatz von Stich- oder Schusswaffen<br />
Besitz bzw. Zugang zu Waffen oder Kenntnis von Kampfsporttechniken<br />
15<br />
Erschöpfung und<br />
Rückzug<br />
befördern<br />
Vernachlässigung<br />
Eigene <strong>Gewalt</strong>erfahrungen<br />
der Täterin/<br />
des Täters<br />
Persönlichkeitsmerkmale,Beziehungsstörungen<br />
Tradierte Geschlechterrolle<br />
Prägende eigene<br />
Kindheitserfahrungen<br />
Verhaltensprobleme,<br />
Sucht<br />
Kein einmaliges<br />
Ereignis, Eskalation<br />
von <strong>Gewalt</strong><br />
Kindliche Traumatisierung