Leitfaden - Gewalt gegen Kinder - Saarland
Leitfaden - Gewalt gegen Kinder - Saarland
Leitfaden - Gewalt gegen Kinder - Saarland
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Klinisch imponieren anhaltendes Erbrechen, Schmerzen, ein aufgetriebener Bauch,<br />
Ausbleiben der Darmgeräusche, Störungen des Stuhlgangs, Entzündungen des<br />
Bauchfells und Schock.<br />
An Vergiftungen ist bei folgenden Symptomen zu denken: Müdigkeit, Apathie, Abwesenheit,<br />
Gangunsicherheit und Bewusstlosigkeit. Vergiftungen kommen bei<br />
Säuglingen und Kleinkindern aus folgenden Gründen vor:<br />
Überdosierung eines verordneten Schlaf- oder Beruhigungsmittels (das Kind<br />
schläft nicht, das Kind ist unruhig). Eventuell wurden Beruhigungsmittel auch<br />
verabreicht, um das Kind ruhig zu stellen, damit die Betreuungsperson ungestört<br />
ist bzw. anderen Aktivitäten nachgehen kann.<br />
Einnahme eines ungesicherten Medikamentes durch Kleinkinder (Aufbewahrung<br />
von Medikamenten und Sicherungsmaßnahmen diskutieren).<br />
Medikamentengabe als Tötungsversuch bei erweitertem Selbstmordversuch<br />
oder im Rahmen eines Münchhausen-by-proxy-Syndroms.<br />
Bei Verdacht auf Vergiftung sollte unbedingt Klinikeinweisung erfolgen (Drogenscreening<br />
und Blutalkoholuntersuchung).<br />
4.4 Untersuchung bei Verdacht auf sexuelle <strong>Gewalt</strong><br />
Bei der Untersuchung sollten Sie beachten, dass das betroffene Kind eine körperliche<br />
Untersuchung als einen weiteren Übergriff erleben kann. Daher sollte die Untersuchung<br />
äußerst behutsam durchgeführt werden. Erklären Sie dem Kind die Untersuchungsschritte.<br />
Sie sollten offen über das Thema sprechen können und sich<br />
nicht überängstlich verhalten. Weigert sich das Kind, so sollte es Zeit bekommen,<br />
mit der Situation vertrauter zu werden oder zu einem erneuten Termin zu erscheinen.<br />
Narkoseuntersuchungen sind bei fehlender Compliance nur ausnahmsweise<br />
bei akuten, blutenden Verletzungen oder bei mit hoher Wahrscheinlichkeit forensisch<br />
relevanten Befunden indiziert. Ansonsten ist die Untersuchung <strong>gegen</strong> den<br />
Willen des Kindes kontraindiziert.<br />
Die somatische Untersuchung bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch ist immer eine<br />
Erhebung eines Ganzkörperstatus. Bei der pädiatrischen Allgemeinuntersuchung<br />
werden insbesondere die Körperteile, die in sexuelle Aktivitäten oft einbezogen<br />
sind, genau untersucht, wie z. B. Brustbereich, Mund, Gesäß, Oberschenkelinnenseite.<br />
Wenn der Arzt mit den Besonderheiten der genitalen Befunderhebung vertraut<br />
ist, kann er einen Genitalstatus erheben, der vorwiegend aus einer genauen<br />
Inspektion der Genital- und Analregion mit verschiedenen Techniken und Untersuchungspositionen<br />
besteht. Eine instrumentelle gynäkologische Untersuchung mit<br />
Vaginoskop oder Spekulum ist außer bei akuten, blutenden Verletzungen (in Narkose)<br />
präpubertär kontraindiziert und bei Teenagern möglich, aber meist nicht erforderlich.<br />
Es wird auf frische oder alte Verletzungen, Einrisse und gegebenenfalls<br />
Spermaspuren untersucht und insbesondere die Konfiguration des Hymenalsaums<br />
beurteilt. Die Inspektion bei einem Mädchen umfasst neben dem Gesamtaspekt<br />
des Genitalbereiches (und der körperlichen Entwicklung), die Klitoris, große und<br />
kleine Labien, Vulvaränder, Urethralbereich, Hymen, die Inguinalregionen sowie die<br />
Analregion. Neben der Separationstechnik muss obligat die Traktionsmethode der<br />
großen Labien erfolgen, um eine ausreichende Entfaltung der tiefer liegenden<br />
Strukturen zu gewährleisten. Da bei beweisenden Befunden der Nachweis in allen<br />
Untersuchungstechniken gefordert wird, ist auch die Knie-Brust-Lage durchzuführen<br />
(Herrmann 1997, 2002). Auch sie ist allerdings an die Compliance des Kindes<br />
gebunden. Nur bei Ausfluss in der Vorgeschichte oder während der Untersuchung<br />
oder bei zurückliegender Penetration ist die Abnahme von Kulturen auf sexuell<br />
übertragbare Erkrankungen indiziert.<br />
31<br />
Vergiftungen<br />
<strong>Kinder</strong>freundliche<br />
und nicht traumatisierendeUntersuchungsbedingungen<br />
schaffen<br />
Somatische und<br />
ggf. kindergynäkologischeUntersuchung