Leitfaden - Gewalt gegen Kinder - Saarland
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1. <strong>Gewalt</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Kinder</strong> und Jugendliche<br />
<strong>Gewalt</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Kinder</strong> ist in unserer Gesellschaft in vielfältiger Weise <strong>gegen</strong>wärtig,<br />
in unterschiedlicher Form und Ausprägung. <strong>Gewalt</strong> in den Familien ist nicht als Problembereich<br />
einer kleinen Gruppe von Eltern zu sehen, sondern hat eine gesamtgesellschaftliche<br />
Dimension. <strong>Gewalt</strong> kann bei <strong>Kinder</strong>n und Jugendlichen zu akuten<br />
und bleibenden Schäden führen und Entwicklung und Lebensentwürfe nachhaltig<br />
negativ beeinflussen.<br />
Unterschieden werden vier Säulen der <strong>Gewalt</strong> und des <strong>Gewalt</strong>schutzes: neben Kindesmisshandlung,<br />
Vernachlässigung und sexuellem Missbrauch wird elterliche Partnerschaftsgewalt<br />
zunehmend als eine gravierende Form der <strong>Gewalt</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Kinder</strong><br />
wahrgenommen.<br />
Den öffentlich bekannten Fällen von schwerer Misshandlung und Vernachlässigung<br />
steht eine hohe Dunkelziffer aller Formen von <strong>Gewalt</strong> <strong>gegen</strong>über. Sie zu erkennen<br />
und den Betroffenen zu helfen, ist schwierig und nicht immer möglich. <strong>Gewalt</strong> <strong>gegen</strong><br />
<strong>Kinder</strong> wird meist aus Angst oder Scham verschwiegen.<br />
Ärztinnen und Ärzte genießen bei den Menschen eine besondere Vertrauensstellung.<br />
Sie sind die am häufigsten ins Vertrauen gezogene Berufsgruppe innerhalb<br />
des öffentlichen Sektors. Gleichzeitig werden sie in Praxis und Klinik sowohl mit<br />
den Formen akuter <strong>Gewalt</strong> konfrontiert als auch mit den Auswirkungen von <strong>Gewalt</strong><br />
auf Gesundheit und Entwicklung. Im Einzelfall <strong>Gewalt</strong> als dafür ursächlich zu erkennen<br />
und Eltern darauf anzusprechen, ist ein wichtiges gesundheitspolitisches<br />
Anliegen. Damit können Ärztinnen und Ärzte zudem als "Türöffner" für die Inanspruchnahme<br />
weiterführender psychosozialer Unterstützung fungieren.<br />
Bei der Kindesmisshandlung geschieht die Schädigung des Kindes nicht zufällig.<br />
Meist wird eine verantwortliche erwachsene Person wiederholt <strong>gegen</strong> ein Kind gewalttätig,<br />
sie kann aber auch durch ältere Geschwister ausgeübt werden. <strong>Gewalt</strong><br />
wird fast immer in der Familie oder in anderen Formen des Zusammenlebens ausgeübt.<br />
Dabei steht seelisches Quälen der physischen Misshandlung nicht nach, wird<br />
jedoch nicht selten erstaunlich lange toleriert und verschwiegen. Viele <strong>Kinder</strong> sind<br />
auch durch das Erleben von <strong>Gewalt</strong> in der Partnerschaft ihrer Eltern belastet,<br />
manchmal sogar traumatisiert.<br />
Häufig ist die <strong>Gewalt</strong>anwendung der Erwachsenen ein Ausdruck eigener Hilflosigkeit<br />
und Überforderung. Die zunehmende Auseinandersetzung mit der <strong>Gewalt</strong> <strong>gegen</strong><br />
<strong>Kinder</strong> in unserer Gesellschaft darf nicht dazu führen, dass wir unsere Aufmerksamkeit<br />
ausschließlich auf misshandelnde Personen (und ihre Opfer) richten.<br />
<strong>Gewalt</strong> hat vielschichtige Ursachen und ist in gesellschaftliche Verhältnisse eingebunden.<br />
Diesen Verhältnissen sind alle Menschen - je nach ihrer sozialen Lage -<br />
ausgesetzt. Die Häufung von Einschränkungen und Belastungen, von sozialen Benachteiligungen,<br />
von materieller Armut und psychischem Elend werden in der<br />
Fachöffentlichkeit zunehmend als Risikofaktoren für <strong>Gewalt</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Kinder</strong> wahrgenommen.<br />
Noch nicht in ausreichendem Maße in den Blick gerückt ist da<strong>gegen</strong> die<br />
Tatsache, dass die Mehrheit der <strong>Gewalt</strong>handlungen <strong>gegen</strong> <strong>Kinder</strong> nicht durch die<br />
besonders armen oder belasteten Randgruppen geschieht. Auch ist das Risiko<br />
schwerer emotionaler oder erzieherischer Vernachlässigung für <strong>Kinder</strong> in den obersten<br />
Gesellschaftsschichten überproportional groß.<br />
Den verantwortlichen Erwachsenen sollen frühzeitig Hilfen zur Selbsthilfe angeboten<br />
werden. Dabei müssen verschiedene Institutionen unterstützend zusammenarbeiten,<br />
um dem komplexen Problem gerecht zu werden. In diesem <strong>Leitfaden</strong> sollen<br />
dabei die Rolle der behandelnden Ärztinnen bzw. Ärzte im Hinblick auf Prävention<br />
und Vorsorge sowie die Hilfen für das Kind im Vordergrund stehen. Der Schwerpunkt<br />
liegt im Bereich physischer <strong>Gewalt</strong> wie auch somatischer Symptome als Folge<br />
von sexuellem Missbrauch, Vernachlässigung oder elterlicher Partnerschaftsgewalt.<br />
Möglichkeiten für ein gemeinsames Fallmanagement mit anderen Einrichtungen<br />
werden aufgezeigt.<br />
7<br />
<strong>Gewalt</strong> ist ein<br />
gesellschaftliches<br />
Problem<br />
<strong>Gewalt</strong> hat viele<br />
Formen<br />
Hohe Dunkelziffer<br />
Ärztinnen/Ärzte<br />
sollen <strong>Gewalt</strong><br />
<strong>gegen</strong> <strong>Kinder</strong><br />
erkennen<br />
<strong>Gewalt</strong> wird meist<br />
in der Familie<br />
ausgeübt<br />
Vernetzte Hilfe<br />
verschiedener<br />
Institutionen ist<br />
erforderlich