Leitfaden - Gewalt gegen Kinder - Saarland
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Voraussetzung<br />
des rechtfertigendenNotstandes <br />
<strong>Kinder</strong>schutzgesetz<br />
Schriftliche<br />
Bestätigung<br />
Einsichts- und<br />
Urteilsfähigkeit<br />
3. Rechtliche Rahmenbedingungen für die ärztliche Praxis<br />
3.1 Ärztliche Schweigepflicht<br />
Steht der Verdacht körperlicher Misshandlung, sexuellen Missbrauchs, Vernachlässigung<br />
oder Miterleben elterlicher Partnerschaftsgewalt im Raum, stellt sich für<br />
Ärztinnen und Ärzte die Frage, inwieweit sie diesen Verdacht an andere Institutionen<br />
wie Jugendamt, Familiengericht, Polizei, Beratungsstellen etc. weitergeben<br />
können oder ob sie aufgrund der ärztlichen Schweigepflicht an einer Informationsweitergabe<br />
gehindert sind.<br />
Die Schweigepflicht ist in § 203 des Strafgesetzbuches und in § 9 der Berufsordnung<br />
für Ärztinnen und Ärzte des <strong>Saarland</strong>es geregelt und gilt auch für das gesamte<br />
medizinische Hilfspersonal, unabhängig davon, in welcher Funktion es eingesetzt<br />
ist. Die Schweigepflicht umfasst dabei sowohl den Inhalt und die Einzelheiten der<br />
Untersuchung oder der Behandlung als auch die Identität der Patientin/des Patienten<br />
(MiJAGS 2006). Die hier und im folgenden zitierten Regelungen des Strafgesetzbuches<br />
sind im Anhang aufgeführt.<br />
Grundsätzlich verbietet demnach nach aktueller Gesetzeslage die Schweigepflicht<br />
eine Informationsweitergabe an Dritte wie Jugendämter, Gesundheitsämter etc., es<br />
sei denn, die Patientin/der Patient erteilt eine Schweigepflichtentbindung oder die<br />
Voraussetzungen des rechtfertigenden Notstandes gemäß § 34 des Strafgesetzbuches<br />
sind gegeben.<br />
Die Bundesregierung hat im Januar 2009 einen Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung<br />
des <strong>Kinder</strong>schutzes (<strong>Kinder</strong>schutzgesetz) ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht.<br />
Darin ist u. a. eine Norm vorgesehen, die Ärztinnen und Ärzte zu einer<br />
Weitergabe von Informationen bei Kindeswohlgefährdung an die Jugendämter befugt.<br />
Im Folgenden werden unter Punkt 3.2 die aktuellen, rechtlichen Regelungen<br />
dargestellt. Unter Punkt 3.3 wird der neue Gesetzesentwurf kurz erläutert.<br />
3.2 Zulässige Offenbarungen<br />
3.2.1 Schweigepflichtentbindung<br />
Liegt das Einverständnis der Patientin/des Patienten vor, sind Ärztinnen und Ärzte<br />
befugt, die Informationen weiterzugeben. Dabei ist das Einverständnis grundsätzlich<br />
formlos möglich, d. h. es muss nicht schriftlich erfolgen. Zum entsprechenden<br />
Nachweis und um Unsicherheiten zu vermeiden, empfiehlt sich allerdings eine<br />
schriftliche Schweigepflichtentbindung einzuholen.<br />
Maßgeblich dafür, ob das Einverständnis auch von <strong>Kinder</strong>n und Jugendlichen erteilt<br />
werden kann, ist, ob sie in der Lage sind, Wesen, Bedeutung und Tragweite ihrer<br />
Entscheidung zu überblicken. Diese so genannte "Einsichts- und Urteilsfähigkeit"<br />
machen die Gerichte vom Einzelfall abhängig. Es gibt keine festen Altersgrenzen<br />
(Schönke, Schröder, Lenken; StGB, 2006), so dass nicht davon ausgegangen werden<br />
kann, dass <strong>Kinder</strong> unter 14 Jahren einwilligungsunfähig sind. Bei Jugendlichen<br />
ab 14 Jahren ist eine Einwilligungsfähigkeit allgemein anerkannt.<br />
Bei fehlender Einwilligungsfähigkeit der Betroffenen kann die Einwilligung vom gesetzlichen<br />
Vertreter erteilt werden. Handelt es sich bei einem Elternteil, aber gerade<br />
um denjenigen, von dem körperliche Misshandlung, sexueller Missbrauch, Vernachlässigung<br />
oder elterliche Partnerschaftsgewalt ausgeht, müsste die Einwilligung<br />
wegen Gefahr in Verzug allein von dem anderen Elternteil erteilt werden oder<br />
– wenn die Gefahr von beiden Eltern ausgeht – die Vertretungsmacht entzogen<br />
und ein Ergänzungspfleger bestellt werden.<br />
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