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Leitfaden - Gewalt gegen Kinder - Saarland

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3.5 Konsequenzen für die ärztliche Praxis<br />

3.5.1 Welche Aufgabe kommt Ärztinnen und Ärzten zu?<br />

Bei der ärztlichen Versorgung steht die medizinische Betreuung des Kindes im Vordergrund.<br />

Daher ist das ärztliche Handeln primär durch die medizinischen Hilfen,<br />

die dem Kind gegeben werden können, motiviert.<br />

Auch wenn beispielsweise die Voraussetzungen des rechtfertigenden Notstandes<br />

gemäß § 34 des Strafgesetzbuches vorliegen, gibt es keine Anzeigepflicht. Je nach<br />

Schwere der Tathandlung und der akuten Gefahr der Wiederholung sollte die Ärztin/der<br />

Arzt unter sorgfältiger Rechtsgüterabwägung entscheiden, ob er den Sachverhalt<br />

zur Anzeige bringt. Unabhängig von einer Strafanzeige im Hinblick auf bereits<br />

begangene Straftaten ist stets zu erwägen, dass bei körperlicher Misshandlung,<br />

sexuellem Missbrauch, Vernachlässigung oder Miterleben elterlicher Partnerschaftsgewalt<br />

Wiederholungshandlungen im Raum stehen, bei denen für die <strong>Kinder</strong><br />

auch weiterhin die Gefahr von Verletzungen bzw. mittel- und langfristigen Beeinträchtigungen<br />

besteht. Die Ärztinnen und Ärzte sollten sich dieser Verantwortung<br />

bewusst sein.<br />

Dabei ist zu bedenken, dass <strong>Kinder</strong>ärztinnen und <strong>Kinder</strong>ärzte einen wichtigen Teil<br />

des Hilfesystems für <strong>Kinder</strong> bilden. Ihnen kommt je nach Fallkonstellation die Rolle<br />

von Initiatoren zu, die einen Hilfeprozess erst in Gang bringen können. Dazu ist allerdings<br />

die Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen und Professionen erforderlich.<br />

Ist die Informationsweitergabe aufgrund einer Schweigepflichtentbindung, wegen<br />

rechtfertigenden Notstandes oder nach In-Kraft-Treten des neuen <strong>Kinder</strong>schutzgesetzes<br />

aufgrund der dort vorgesehenen Befugnis zulässig, empfiehlt es sich für Ärztinnen<br />

und Ärzte je nach Alter der <strong>Kinder</strong> Kontakt mit dem kinder- und jugendärztlichen<br />

Dienst der Gesundheitsämter - der auch Ansprechpartner im Rahmen des<br />

Programms "Frühe Hilfen" für die Gesundheitsprofessionen ist - oder mit dem zuständigen<br />

Jugendamt aufzunehmen und die weitere Vorgehensweise abzusprechen.<br />

Liegen weder eine Schweigepflichtentbindung noch die Voraussetzungen des<br />

rechtfertigenden Notstandes oder nach In-Kraft-Treten des <strong>Kinder</strong>schutzgesetzes<br />

auch keine sonstige Befugnis vor, sollte die Möglichkeit in Erwägung gezogen werden,<br />

weitere Hilfemaßnahmen bzw. Vorgehensweisen ohne Weitergabe der Daten<br />

der Betroffenen in anonymisierter Form abzustimmen (vgl. dazu auch oben unter<br />

Punkt 3.3 § 2 Abs. 2 des Gesetzentwurfs über die Zusammenarbeit im <strong>Kinder</strong>schutz).<br />

Voraussetzung für eine fallbezogene Kooperation ist, dass bereits entsprechende<br />

Strukturen aufgebaut worden sind. Daher ist es für <strong>Kinder</strong>ärztinnen und <strong>Kinder</strong>ärzte<br />

wichtig, persönliche Kontakte zu den Ansprechpartnerinnen/-partnern der anderen<br />

Einrichtungen herzustellen und auszubauen. Dazu bietet es sich beispielsweise<br />

an, an Arbeitskreisen, "Runden Tischen" oder Kooperationstreffen von Ärztinnen<br />

und Ärzte, öffentlicher Gesundheitsdienst, Jugendämtern, freien Jugendhilfe, z.B.<br />

des "Netzwerks für Eltern", teilzunehmen.<br />

Unerlässlich für eine auf Schutz der <strong>Kinder</strong> ausgerichtete gute Zusammenarbeit aller<br />

beteiligten Professionen und Institutionen ist darüber hinaus, dass jeder über<br />

die Aufgaben des anderen und dessen Kompetenzen, aber auch dessen Grenzen,<br />

informiert ist.<br />

Eine Übersicht von speziellen Hilfeeinrichtungen und Behörden finden Sie im Serviceteil<br />

dieses <strong>Leitfaden</strong>s. Im nachfolgenden Abschnitt werden die zentralen Aufgaben<br />

der Kooperationspartnerinnen/-partner erläutert.<br />

23<br />

Sorgfältige<br />

Rechtsgüterabwägung<br />

Initiatoren des<br />

Hilfeprozesses<br />

Kontaktaufnahme<br />

mit entsprechendenHilfeeinrichtungen<br />

Arbeitskreise,<br />

Kooperations-<br />

treffen,<br />

"Netzwerke für<br />

Eltern"

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