Leitfaden - Gewalt gegen Kinder - Saarland
Leitfaden - Gewalt gegen Kinder - Saarland
Leitfaden - Gewalt gegen Kinder - Saarland
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
4.2 Körperliche Befunde<br />
Symptome und Befunde, die auf körperliche Misshandlung deuten können, sind<br />
häufig nicht einfach zu bewerten. Die Kardinalfrage ist die der Plausibilität der<br />
Anamnese hinsichtlich der vorliegenden Verletzungen unter Berücksichtigung möglicher<br />
Differenzialdiagnosen. Mit zunehmender Anzahl verdächtiger Befunde kann<br />
die Diagnose einer Misshandlung im Sinne eines Syndroms gestellt werden.<br />
Sie müssen in jedem Fall das unbekleidete Kind untersuchen. Besondere Beachtung<br />
verdienen die sogenannten Prädilektionsstellen wie die Regionen hinter den<br />
Ohren, der behaarte Kopf, die Schleimhäute der Wangen, die Innenseite der Lippen,<br />
das Lippen- und Zungenbändchen, die Oberarme, Thorax und die Anogenitalregion.<br />
Das knöchernde Skelett und insbesondere die langen Röhrenknochen sollten<br />
abgetastet werden. Notieren Sie auch das Verhalten und etwaige Aussagen des<br />
Kindes bei der Untersuchung.<br />
Ursache von Verletzungen bei Säuglingen, Kleinkindern und <strong>Kinder</strong>n können im<br />
Rahmen von Spielen, Unfällen, aber auch Misshandlungen entstehen. Die Entscheidung,<br />
was im jeweils konkreten Fall zur Verletzung geführt hat, kann oft<br />
schwierig und durch eine einzige Untersuchung allein oft nicht leistbar sein. Daher<br />
kommt der Dokumentation von Befunden eine zentrale Rolle zu, weil dadurch im<br />
Zweifel die Entscheidung ohne Beweismittelverlust aufgeschoben werden und gegebenenfalls<br />
der weitere Verlauf mit berücksichtigt werden kann.<br />
Jede Befund-Dokumentation ist zunächst nur Teil der Krankenunterlagen, unterliegt<br />
der ärztlichen Schweigepflicht und präjudiziert in keiner Weise das weitere<br />
Vorgehen. Sie kann jedoch später enorm wichtig werden und dies sowohl im Sinne<br />
einer Entlastung als auch für eine Beweisführung nicht zuletzt zum Wohle des Kindes.<br />
Was sollte bei Verletzungen grundsätzlich abgeklärt werden?<br />
Sind sie altersgerecht, spieltypisch oder auffällig im Verhältnis zur Lebhaftigkeit<br />
bzw. Geschwister- und Familiensituation usw.?<br />
Wie sollen sie zustande gekommen sein, ist dies hinsichtlich der geschilderten<br />
Abläufe plausibel?<br />
Wirken die Angaben aufrichtig oder werden nach und nach verschiedene Versionen<br />
vorgetragen?<br />
Welche Angaben macht das Kind spontan oder nach einer allgemeinen Frage<br />
nach dem Zustandekommen? Jede eingehendere Befragung des Kindes ist jedoch<br />
unbedingt zu unterlassen wegen einer dadurch möglichen und später<br />
nicht mehr revidierbaren Beeinflussung des Kindes.<br />
Zum weiteren Vorgehen (ein Bild ersetzt 1000 Worte!):<br />
(Digital-)Foto: zuerst Übersichtsaufnahme zur Festlegung der jeweiligen Körperregion<br />
Immer orthograd (senkrecht zur Körperoberfläche) fotografieren, schräge Blickwinkel<br />
(Lichteinfall) nur ergänzend wählen<br />
Immer Maßstab neben die Verletzung halten, ideal ist ein Maßstab mit 90 Grad-<br />
Winkel<br />
Gegebenenfalls Nahaufnahmen einzelner Befunde zur Darstellung von Detailstrukturen<br />
Wichtig: Ein Foto zeigt nur die Form und Beschaffenheit, wegen möglicher Farbverfälschungen<br />
müssen jedoch insbesondere Farbschattierungen zusätzlich schriftlich<br />
dokumentiert werden<br />
27<br />
Plausibilität der<br />
Angaben<br />
Hinweise zur<br />
Untersuchung<br />
Hinweise zur<br />
Befunddokumentation<br />
Krankenunterlagen,<br />
Mittel zur Beweisführung<br />
und Entlastung<br />
Verletzungen<br />
abklären<br />
Alterstypische<br />
Verletzungsmuster<br />
Verletzung fotografieren