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Leitfaden - Gewalt gegen Kinder - Saarland

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Skelett-<br />

verletzungen<br />

Kindesmisshandlung<br />

als syndromale<br />

Diagnose<br />

Innere<br />

Verletzungen<br />

Kreisförmige Verbrennungen am Handteller, unter den Fußsohlen und am Bauch<br />

mit etwa 8 mm Durchmesser können durch Zigaretten verursacht sein. Nicht akzidentelle<br />

Verbrühungen und Verbrennungen sind oft symmetrisch, scharf begrenzt<br />

und bilden zum Teil die Form eines heißen Gegenstandes ab.<br />

Bei Skelettverletzungen ist zu beachten, dass äußere Schwellungen und Hautblutungen<br />

selten vorhanden sind. Die meisten gefundenen Frakturen sind Zufallsbefunde<br />

oder Ergebnis des Röntgen-Skelett-Screenings. Wenn ein völlig ruhiges<br />

Kind wieder schreit, wenn es hochgenommen oder gefüttert wird, kann unter<br />

Umständen ein Rippenbruch vorliegen, der von außen nicht erkennbar ist.<br />

Multiple Brüche verschiedenen Alters, sowie periostale Reaktionen in unterschiedlichen<br />

Heilungsstadien sind hochverdächtig auf Misshandlungen. Häufig betroffen<br />

sind Rippen und lange Röhrenknochen. Metaphysäre Frakturen entstehen durch<br />

Scherkräfte beim Schütteln. Histologisch lassen sich dabei komplette Abscherfrakturen<br />

der Metaphyse nachweisen, die lediglich im Röntgenbild artifiziell als "Eckfrakturen"<br />

oder Pseudoabsprengungen imponieren. Ebenso wie Epiphysenablösungen<br />

sind sie bei normaler Knochenstruktur nahezu beweisend. Beide werden<br />

auch bei schweren Unfällen fast nie gefunden. Schädelfrakturen, die über mehrere<br />

Nähte verlaufen, ein weiter Frakturspalt (> 3 mm), Impressions- oder komplexe<br />

Trümmerfrakturen ohne entsprechende Vorgeschichte und wachsende Frakturen<br />

sind hochverdächtig auf eine Misshandlung. Wenn zu solchen Schädelfrakturen<br />

noch verschiedene alte und verschieden lokalisierte Hämatome am übrigen<br />

Körper und/oder ältere Frakturen anderer Skelettanteile hinzukommen, kann die<br />

syndromale Diagnose einer Kindesmisshandlung mit an Sicherheit grenzender<br />

Wahrscheinlichkeit gestellt werden, auch wenn dies von den Eltern verneint wird.<br />

Das Auftreten von Knochenbrüchen bei <strong>Kinder</strong>n von einem Lebensalter unter drei<br />

Jahren muss als hochverdächtig hinsichtlich einer möglichen Kindesmisshandlung<br />

angesehen werden. Hierfür sind erhebliche Kräfte erforderlich, die durch banale<br />

Stürze "Einklemmen" in Bettgitterstäben nicht erreicht werden.<br />

Die Verkalkung an der Bruchstelle (Kallusbildung) setzt innerhalb der ersten Woche<br />

nach der Verletzung ein und ist nach 10 bis 14 Tagen auf dem Röntgenbild<br />

nachweisbar. Daher ist es wichtig, bei dringendem Verdacht auf Misshandlung die<br />

Röntgenaufnahmen nach ein bis zwei Wochen zu wiederholen oder zusätzlich eine<br />

Skelettszintigrafie durchzuführen. Alternativ kann in ausgesuchten Fällen ein<br />

Ganzkörper-MRT wertvolle Befunde liefern. Aufgrund der hohen Aussagekraft der<br />

beschriebenen Frakturmerkmale ist bei <strong>Kinder</strong>n unter drei Jahren das Röntgen-<br />

Skelett-Screening bei entsprechendem Verdacht zu veranlassen. Danach sind<br />

Röntgenaufnahmen aufgrund der wesentlich geringeren Ausbeute nur bei entsprechendem<br />

klinischem Verdacht gerechtfertigt.<br />

Bei Misshandlung können innere Verletzungen des Bauchraumes oder Brustkorbes<br />

entstehen, die durch stumpfe Schläge auf den Leib verursacht werden. Innere<br />

Verletzungen sind seltener als andere Misshandlungsverletzungen und schwer<br />

zu erkennen, weil meist keinerlei Hautbefunde auftreten. Andererseits können sie<br />

dadurch sehr gefährlich werden. Sie sind die zweithäufigste Todesursache bei<br />

körperlicher Misshandlung. Im Einzelnen kommen vor:<br />

Hämatome der Darmwände (intramurale Duodenal- und Jejunalhämatome),<br />

die sich fast nie bei Unfällen finden<br />

Magen- oder Dünndarmperforationen<br />

Einrisse des Mesenteriums<br />

Leber-, Nieren-, Milz- und Bauspeicheldrüseneinrisse und -einblutungen<br />

Lungenverletzungen, Brustkorb- und Herzbeutelblutungen (Hämatothorax und<br />

Hämatoperikard)<br />

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