IFT-Berichte Bd. 116
IFT-Berichte Bd. 116
IFT-Berichte Bd. 116
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
138<br />
Kraus, Shaw, Augustin & Ritz, Analyse der Drogentodesfälle in Bayern<br />
ziehungskonflikte, Konflikte im täglichen Umgang mit Behörden und Ämtern, sowie<br />
finanzielle Probleme hin.<br />
Weitere Risikofaktoren für das Auftreten von Drogennotfällen sind (1.) der Mischkon-<br />
sum, vor allem die Kombination verschiedener atemdepressiver Substanzen wie Opia-<br />
te, Alkohol und Benzodiazepinen, und (2.) die Überdosierung nach einer Abstinenz-<br />
phase, bedingt durch die Aufhebung der Opiattoleranz.<br />
Risikokonstellationen für den tödlichen Ausgang von Drogennotfällen<br />
Zu den unmittelbaren Umständen, die zum Drogentod geführt haben, werden von der<br />
Polizei in der Regel die Partner der Verstorbenen, in einigen Fällen anwesende Freun-<br />
de oder Bekannte und in seltenen Fällen hilfsbereite Nachbarn befragt. Aus den Schil-<br />
derungen der Zeugen zu den unmittelbaren zeitlichen Geschehnissen vor dem Drogen-<br />
tod geht bei einem Teil der in Augsburg vorgefundenen Fälle, bei denen ein Todesfall<br />
in Folge von Überdosierung durch Drogen und Medikamente vorliegt, hervor, dass die<br />
später Verstorbenen nach dem Drogenkonsum in einen tiefen Schlaf fallen. Die durch<br />
Opiate, Alkohol und/oder Benzodiazepine verursachte Atemdepression führt zu einer<br />
Verringerung der Lungendurchblutung und Vermehrung der Sekretion und einem Sau-<br />
erstoffmangel. Die in Folge der Intoxikation zunehmende Atemlähmung ruft bei den<br />
Schlafenden eine sogenannte Schnappatmung hervor („Biot’sche Atmung“, gleich tiefe<br />
Atemzüge, die durch vollständige Pausen ohne Atmung unterbrochen werden). Die<br />
dabei erzeugten Geräusche werden von den Partnern, Freunden, Bekannten oder<br />
Nachbarn irrtümlich als Schnarchen interpretiert und leiten sie zu der Annahme, dass<br />
mit dem Betroffenen alles in Ordnung sei. Die Symptome des in Folge von Atemde-<br />
pression und Sauerstoffmangel Sterbenden werden von den Anwesenden verkannt<br />
und eine umgehend erforderliche Hilfe nicht eingeleitet.<br />
Ein zweiter Risikofaktor ist im Bereich der Notfallhilfe vor Ort zu erkennen. Die Angst<br />
vor Strafverfolgung durch die Polizei scheint in einigen Fällen eine sofortige Information<br />
des Notarztes durch Mitkonsumenten zu verhindern. Dieser wird dann häufig zu spät<br />
oder gar nicht gerufen, wodurch die Überlebenschancen des Betroffenen in der Notfall-<br />
situation deutlich sinken. Diese Schlussfolgerung wird durch Ergebnisse einer Befra-<br />
gung unter Drogenabhängigen in Augsburg gestützt (Qammou, Beloch & Kraus, in<br />
Druck).<br />
Da in der vorliegenden Studie nur bereits verstorbenen Drogenkonsumenten unter-<br />
sucht wurden, lässt sich nicht klären inwieweit die gefundenen Risikofaktoren tatsäch-