Dossier #11: "ERINNERUNGSKULTUR UND GEDÄCHTNISPOLITIK"
Dossier #11: "ERINNERUNGSKULTUR UND GEDÄCHTNISPOLITIK"
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Tacheles Reden! <br />
11. Stolpersteine<br />
Das Projekt Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig existiert bereits seit 1992. Es kann als Gegenentwurf zu<br />
monumentalen Mahnmälern gesehen werden. Im Gegensatz zu zentralen Bauten oder Denkmälern, können die<br />
Stolpersteine im Alltag nur schwer ignoriert werden. Demnig versteht die Gedenksteine als "zentrale und dezentrale<br />
Skulpturen", mit denen er das Gedenken in den Nachbarschaften stattfinden lassen möchte. Jeder Stolperstein wird<br />
einzeln gefertigt und verlegt. Er wird aus Beton gegossen und trägt an der Oberseite eine 10 mal 10 Zentimeter<br />
große Messingtafel. Vor den ehemaligen Wohnhäusern werden sie in den Gehweg eingesetzt mit der Inschrift 'Hier<br />
wohnte' und Namen, Geburtsdaten und das weitere Schicksal jedes einzelnen Menschen versehen. Mit dem Projekt<br />
wird der Menschen gedacht, die durch die Deutschen im Nationalsozialismus verfolgt und ermordet wurden;<br />
Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma, Kommunistinnen und Kommunisten, Schwule und Lesben und auch Opfer<br />
von Euthanasie.<br />
Unübersehbar, aber nicht überwältigend sollen sie sein. Die Steine, die nur im symbolischen Sinn zum Stolpern<br />
gedacht sind. "Stolpern heißt auch darauf stoßen", sagt Demnig, der inzwischen schon über 3.500 Steine in über 40<br />
Städten verlegt hat. Jeder dieser Steine wird über eine Patenschaft in Höhe von je 95€ finanziert. Aber nicht überall<br />
stößt das Engagement gegen das Vergessen auf Unterstützung. Nicht nur dass der Weg durch die Behörden mühsam<br />
ist (in Köln dauerte das Genehmigungsverfahren drei Jahre), manche Städte lehnen die Stolpersteine, die sich auf<br />
öffentlichen Gehwegen befinden, ganz ab. Beispielsweise wurde in Leipzig argumentiert, das Projekt erinnere an den<br />
Walk of Fame in Los Angeles. Ein Vergleich, der verwundert. Andere haben eine Stigmatisierung der heutigen Bewohnerinnen<br />
und Bewohner befürchtet oder die Traumatisierung der Angehörigen der Täterinnen und Täter. Auf<br />
der anderen Seite steht die häufig große Unterstützung für die Erinnerungsmale, die weiter geht als zur Übernahme<br />
einer Patenschaft. Zum Beispiel wurden in Leverkusen und Duisburg die Verlegung von Stolpersteinen von<br />
Schulprojekten begleitet. Arbeitsgemeinschaften oder Klassen setzten sich mit der NS-Zeit in ihrer Nachbarschaft<br />
auseinander, recherchieren Namen und Wohnorte von Deportierten und erstellen eigene Projektdokumentationen 62<br />
Der Gedanke der Stolpersteine beschränkt sich nicht nur auf Deutschland. Es wurden bereits Kontakte z.B. nach<br />
Warschau, Wien und Budapest geknüpft, um die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus an ihren<br />
Wohnorten europaweit zu bewahren.<br />
Mehr Informationen zu Gunter Demnig und seinem Projekt unter <br />
Kontakt:<br />
Gunter Demnig<br />
Tel. + Fax: 0221/251489<br />
E-mail: gunter.demnig@stolpersteine.com<br />
Literatur:<br />
Zum gleichen Thema gibt es ein Buch von der Autorin Kirsten Serup-Bilfeldt, die in ihrer Veröffentlichung dem<br />
Schicksal von 11 deportierten Menschen in Köln nachgegangen ist.<br />
Kirsten Serup-Bilfeldt: Stolpersteine. Vergessene Namen, verwehte Spuren. Wegweiser zu Kölner Schicksalen in der<br />
NS-Zeit. Köln 2003, 8,90 €.<br />
62 Beispielsweise das Schulprojekt "Hier wohnten sie..." von Schülerinnen des Jahrgangs 11 am Sophie-Scholl-Berufskolleg in Duisburg<br />
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D-A-S-H <strong>Dossier</strong> <strong>#11</strong> – Erinnerungskultur und Gedächtnispolitik 39