Graf István Széchenyi auf dem Weg in die Politik. Der ... - EPA
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98 ELEMÉR SZENTKIRÁLYI<br />
sche<strong>in</strong>lich wurde Hajnóczy <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Anregung Széchényis zum Freimaurer. Ihre<br />
Verb<strong>in</strong>dung riß auch dann nicht ab, als Hajnóczy zum Vizegespan gewählt wurde.<br />
Später weilte er häufig als Gast <strong>in</strong> Cenk, und hier verfaßte er mehrere se<strong>in</strong>er Flugschriften,<br />
wahrsche<strong>in</strong>lich unter Széchényis Mitwirkung.<br />
Hajnóczy war e<strong>in</strong>es der Opfer der Mart<strong>in</strong>ovics-Verschwörung. Man legte ihm<br />
zur Last, daß <strong>die</strong> Bewegung des Mart<strong>in</strong>ovics ihn zu e<strong>in</strong>em ihrer Würdenträger<br />
auserkoren hatte, und wegen der liberalen Pamphlete, <strong>die</strong> er wahrsche<strong>in</strong>lich <strong>in</strong><br />
Cenk verfaßt hatte. Ferenc Széchényi wurde im Prozeß nicht vernommen, weil<br />
Hajnóczy <strong>in</strong> der Verhandlung se<strong>in</strong>en Namen nicht erwähnt hatte. Das Todesurteil<br />
erschütterte Széchényi natürlich tief, und es wirkte sich <strong>auf</strong> se<strong>in</strong> ganzes weiteres<br />
Leben aus.<br />
Széchényi wurde 1798 zum Obergespan des Komitats Somogy und 1799 zum<br />
Richter an der Septemviraltafel ernannt. Bald wurde er e<strong>in</strong>er der Bannerherren des<br />
Landes, königlicher Oberkämmerermeister und schließlich stellvertretender Vorsitzender<br />
der Septemviraltafel.<br />
Er war als Obergespan von Somogy nicht glücklich. Unter se<strong>in</strong>er energischen<br />
und strengen, aber zugleich willkürlichen Regierung wandte sich <strong>die</strong> Opposition,<br />
darunter auch mehrere se<strong>in</strong>er Verwandten, gegen ihn. Sie verlangten <strong>die</strong> Entsendung<br />
e<strong>in</strong>es königlichen Kommissars. Nach der Untersuchung gab zwar der Hof<br />
Széchényi Genugtuung, aber verbittert durch <strong>die</strong> Aufregungen beschloß er, sich<br />
vom öffenüichen Leben zurückzuziehen. 1811 erbat und erhielt er <strong>die</strong> Entb<strong>in</strong>dung<br />
von allen se<strong>in</strong>en Ämtern.<br />
Überblickt man Ferenc Széchényis öffentliche Karriere, stößt man mehrmals<br />
<strong>auf</strong> Widersprüche <strong>in</strong> deren Verl<strong>auf</strong>. Man gew<strong>in</strong>nt den E<strong>in</strong>druck, daß se<strong>in</strong>e Entscheidungen<br />
eher von den Umständen bestimmt waren. Er war nicht stark genug,<br />
sich <strong>dem</strong> Willen anderer entgegenzustellen. Das ärztliche Gutachten, <strong>auf</strong>grund<br />
dessen er um se<strong>in</strong>e Entlassung bat, stellte Nervenschwäche und Augenleiden fest.<br />
Ähnliches schreibt auch József Dessewffy <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Brief vom 21. Januar 1809:<br />
»[...] <strong>Graf</strong> Széchényi hatte immer e<strong>in</strong>e zarte Seele wie auch schwache Augen«. 18<br />
Nach Professor Károly Schaffer, <strong>dem</strong> berühmten ungarischen Nervenarzt, war Ferenc<br />
Széchényi erblich belastet. 19 Se<strong>in</strong>e Me<strong>in</strong>ung stellt für das widersprüchliche<br />
öffentliche Wirken Széchényis e<strong>in</strong>e Erklärung dar.<br />
Ferenc Széchényi wurde aber auch nicht wegen se<strong>in</strong>er öffentlichen Tätigkeit<br />
e<strong>in</strong>e unserer nationalen Größen, sondern wegen se<strong>in</strong>er opferwilligen Taten im Interesse<br />
der ungarischen Kultur und Wissenschaft.<br />
Unter der Regierung Maria Theresias begann jene Epoche, <strong>in</strong> der <strong>die</strong> Aufmerksamkeit<br />
der ungarischen Magnatenfamilien sich wieder <strong>dem</strong> edlen Geschmack,<br />
e<strong>in</strong>em prunkvollen Luxus und der Pflege von Literatur und Kunst zu-<br />
Dessewffy József bizodalmas levelezése Kaz<strong>in</strong>czy Ferenccel. Bde. 1-3. Pest 1860-1864, hier: Bd. 1,<br />
S. 51,64.<br />
Károly SCHAFFER: Gróf <strong>Széchenyi</strong> <strong>István</strong> idegrendszere szakorvosi megvilágításban. Budapest<br />
1923, S. 14 ff. »Belastet« als alter ärztlicher Fachausdruck hatte <strong>die</strong> Bedeutung »schädlich«,<br />
»erblich«. Später wandelte sich <strong>die</strong> Bedeutung des Wortes <strong>in</strong> der Alltagssprache. Siehe Orvosi Lexikon.<br />
Budapest 1973, Bd. 4, S. 576.