Graf István Széchenyi auf dem Weg in die Politik. Der ... - EPA
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116 ELEMÉR SZENTKIRÁLYI<br />
stellte Gehirnschlag und Gebärmutterleiden fest, <strong>die</strong> meisten Biographien sprechen<br />
von Tuberkulose. Wahrsche<strong>in</strong>lich war sie an Gebärmutterkrebs erkrankt.<br />
<strong>Der</strong> tragische Tod Karol<strong>in</strong>es berührte <strong>István</strong> <strong>Széchenyi</strong> tief. Es wurde bereits<br />
gezeigt, welche strenge Selbstkritik er übte, als es sich um se<strong>in</strong>e Erziehung handelte.<br />
Und es wird noch zu sehen se<strong>in</strong>, welch strenger Richter er sich selbst gegenüber<br />
war. Auch <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Fall bezichtigte er sich selbst, <strong>die</strong> Entfaltung der Gefühle<br />
nicht rechtzeitig unterdrückt zu haben. Er sei verantwortlich für den Tod Karol<strong>in</strong>es<br />
sowie auch dafür, daß sie ohne den Erhalt der Sterbesakramente vor Gottes<br />
Richterstuhl habe treten müssen. Er legte von <strong>die</strong>sen Gewissensbissen an ihren<br />
Todestagen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Tagebuch Zeugnis ab. Und später, <strong>in</strong> Döbl<strong>in</strong>g, quälte er sich<br />
deshalb mit umnachtetem Geist noch mehr.<br />
Diese Liebesepisode wurde - obzwar vom Gesichtspunkt der Entfaltung der<br />
Persönlichkeit <strong>Széchenyi</strong>s von ke<strong>in</strong>er Bedeutung - deshalb behandelt, weil jeder<br />
gründliche Autor sich mit <strong>die</strong>sem seelischen Problem <strong>István</strong> <strong>Széchenyi</strong>s beschäftigte.<br />
E<strong>in</strong>ige geschmacklose Schilderungen, <strong>die</strong> nur wegen der damit verbundenen<br />
Sensation entstanden s<strong>in</strong>d, können übergangen werden.<br />
Die Tagebücher<br />
Nach<strong>dem</strong> <strong>die</strong> Waffen geschwiegen hatten, empfand <strong>Széchenyi</strong> <strong>in</strong> ruhigeren<br />
Augenblicken des lustigen gesellschaftlichen Treibens Sehnsucht nach irgende<strong>in</strong>er<br />
<strong>in</strong>tellektuellen Tätigkeit. 1814 ließ er e<strong>in</strong> Anmerkbuch b<strong>in</strong>den; der <strong>in</strong> Leder gebundene,<br />
vergoldete Band erhielt <strong>die</strong> Aufschrift: »Das Gute und Schlechte, welches<br />
ich erfahren I.« Und damit f<strong>in</strong>gen <strong>die</strong> <strong>Széchenyi</strong>-Tagebücher an, <strong>die</strong> den langen<br />
und mühseligen Prozeß e<strong>in</strong>er beispiellosen kulturellen und moralischen Erneuerung<br />
widerspiegeln.<br />
Die <strong>in</strong> deutscher und teilweise <strong>in</strong> französischer Sprache geschriebenen Tagebücher<br />
wurden e<strong>die</strong>rt; später erschienen sie - auszugsweise - auch <strong>in</strong> ungarischer<br />
Sprache. Sie drohten der Zerstörung anheimzufallen wie <strong>die</strong> meisten Denkmäler<br />
der ungarischen Geschichte, durch Feuer, Wasser, Abhandenkommen, Beschlagnahme,<br />
ja sogar <strong>Széchenyi</strong> selbst wollte sie vernichten lassen. Se<strong>in</strong>e Manuskripte<br />
vermachte er als Belohnung se<strong>in</strong>em treuen Sekretär Antal Tasner mit <strong>dem</strong> Gedanken,<br />
daß er <strong>die</strong>se gut würde verwerten können. Er trug ihm aber <strong>auf</strong>, daß <strong>die</strong> Tagebücher<br />
zu vernichten wären. Auf <strong>die</strong> Überredung Tasners h<strong>in</strong> änderte er aber<br />
se<strong>in</strong>e Verfügung dah<strong>in</strong>gehend, daß <strong>in</strong> <strong>die</strong>sen nur <strong>die</strong> andere Personen kompromittierenden<br />
Stellen unleserlich gemacht werden sollten. Tasner führte <strong>die</strong>se Arbeit<br />
bereits im Krankenbett liegend, mit e<strong>in</strong>er Schere und unlöschbarer T<strong>in</strong>te, kurz vor<br />
se<strong>in</strong>em Tode aus. Die Tagebücher kamen anschließend <strong>auf</strong> manchen Umwegen <strong>in</strong><br />
<strong>die</strong> Obhut staatlicher Institutionen. 62<br />
Die Manuskripte <strong>Széchenyi</strong>s bef<strong>in</strong>den sich heute <strong>in</strong> der Handschriftenabteilung der Ungarischen<br />
Aka<strong>dem</strong>ie der Wissenschaften, im Ungarischen Landesarchiv, <strong>in</strong> der Handschriftenabteilung der<br />
Széchényi-Landesbibliothek, <strong>in</strong> der Bibliothek des Budapester Historischen Museums zu Kiscell