Graf István Széchenyi auf dem Weg in die Politik. Der ... - EPA
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128 ELEMÉR SZENTKIRÁLYI<br />
Hause stellte er e<strong>in</strong> Arbeitsprogramm zusammen, das er an se<strong>in</strong>em Garnisonsort,<br />
<strong>in</strong> Bihardiószeg, durchführen wollte. Er beabsichtigte, mehrere Stu<strong>die</strong>n abzufassen,<br />
aber <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Programm befand sich auch »mich ganz <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Geschichte<br />
Ungerns [sic!] undUngems [sie!] Rechte verlegen.« 81<br />
Nach<strong>dem</strong> er zu se<strong>in</strong>em Regiment zurückgekehrt war, machte er e<strong>in</strong>es Tages<br />
e<strong>in</strong>en Besuch <strong>in</strong> der nahe gelegenen Geme<strong>in</strong>de Székelyhíd, wo gerade <strong>die</strong> Mitglieder<br />
e<strong>in</strong>es Patrimonialgerichts zusammensaßen und politisierten. »Sie denken<br />
kaum, <strong>die</strong>se Leute - und wenn sie denken, so ist es nur an sich - den Bauer vergessen<br />
sie ganz; der ist nichts vor ihren Augen. - Welche Beredsamkeit musste<br />
man brauchen, um <strong>die</strong> Leute zu überweisen, dass sie ungerecht und unwissend<br />
s<strong>in</strong>d, ohne sie zu beleidigen«, sann er, dann schrieb er <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Tagebuch: »Bald<br />
f<strong>in</strong>de ich mich h<strong>in</strong>gezogen zu <strong>dem</strong> rohen Volk, welches ich im Grunde liebe, sie<br />
zu lehren, zu erhöchen, zu Menschen zu erziehen, bald kann ich es nicht sehen,<br />
und stoss es von mir. - Ihre Unwissenheit rührt mich: gerne möchte ich mit Blut<br />
und Leben ihr helfen: ihr Schicksal theilen und ertragen. Oft entsetzt mich und<br />
entrüstet ihre ungerechte Bl<strong>in</strong>dheit, ihr Stolz und Eigendünkel!« 82<br />
Tod des Vaters - Die Idee e<strong>in</strong>er Brücke zwischen Pest und Ofen<br />
<strong>Széchenyi</strong> hielt sich nur zwei Wochen bei se<strong>in</strong>em Truppenteil <strong>auf</strong>, als ihn <strong>die</strong> traurige<br />
Nachricht erreichte: se<strong>in</strong> Vater war gestorben. Er machte sich nach Wien <strong>auf</strong>.<br />
In Pest konnte er <strong>die</strong> Donau wegen des Treibeises e<strong>in</strong>e Woche lang nicht überqueren.<br />
Damals erkannte er, wie notwendig hier <strong>die</strong> Aufstellung e<strong>in</strong>er stehenden<br />
Brücke war. Er sagte se<strong>in</strong>em Freund, <strong>dem</strong> Freiherrn Brüdern: »[...] dass ich e<strong>in</strong><br />
jährliches E<strong>in</strong>nehmen verschreiben will, wenn e<strong>in</strong>e Brücke zwischen Ofen und<br />
Pesth zu Stande kommen wird, und dass ich, obschon ich wahrsche<strong>in</strong>lich nie <strong>in</strong><br />
Pesth wohnen werde, nie e<strong>in</strong>en Kreutzer procenten oder gar Rückzahlung pretendiren<br />
werde.« 83<br />
Er blieb bis April <strong>in</strong> Wien und genoß das europäische Leben. Trotz<strong>dem</strong> besann<br />
er sich immer mehr <strong>auf</strong> se<strong>in</strong>e ernsthafte moralische Verpflichtung gegenüber Ungarn.<br />
Es wurde ihm immer klarer, daß er wegen se<strong>in</strong>er Freiheitsliebe und se<strong>in</strong>er<br />
oppositionellen Anschauungen nicht mit e<strong>in</strong>er Reichskarriere rechnen konnte,<br />
aber e<strong>in</strong> Bekenntnis zur ungarischen Schicksalsgeme<strong>in</strong>schaft hielt er vorläufig für<br />
vergeblich und hoffnungslos, sogar für gefahrlich. »Wo man aber den König von<br />
<strong>dem</strong> Vaterlande im Dienst separiren kann und <strong>dem</strong> e<strong>in</strong>en missfällt wenn man <strong>dem</strong><br />
andern nützt [...]«, notierte er <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Tagebuch. 84<br />
E<strong>in</strong>gerückt zu se<strong>in</strong>em Regiment, begann er <strong>auf</strong>grund se<strong>in</strong>er <strong>in</strong> England gewonnenen<br />
Erfahrungen, sich wieder mit der E<strong>in</strong>führung des Pferdesports <strong>in</strong> Ungarn zu<br />
beschäftigen. Er stellte damals e<strong>in</strong>en Satzungsentwurf für <strong>die</strong> <strong>in</strong> Ungarn eventuell<br />
81 Fontes (Anm. 1), Bd. 11, S. 92, 3. Dezember 1820.<br />
82 Fontes (Anm. 1), Bd. 11, S. 101,24. Dezember 1820.<br />
83 Fontes (Anm. 1), Bd. 11, S. 108, 4. Januar 1821.<br />
84 Fontes (Anm. 1), Bd. 11, S. 169, 1. Juli 1821.