Graf István Széchenyi auf dem Weg in die Politik. Der ... - EPA
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96 ELEMÉR SZENTKIRÁLYI<br />
Bereits <strong>die</strong> Organisation e<strong>in</strong>er rentableren Produktion <strong>auf</strong> se<strong>in</strong>en Gütern hätte<br />
für den jungen Erben e<strong>in</strong>e ziemlich große Aufgabe bedeutet. Anfang 1775 legte er<br />
jedoch <strong>in</strong> Pest den Jurateneid ab, und e<strong>in</strong> Jahr dar<strong>auf</strong> nahm er e<strong>in</strong>e Richterstelle<br />
bei der Gerichtstafel <strong>in</strong> Güns (Kőszeg) an. Es ist kaum begreiflich, warum er e<strong>in</strong>e<br />
Beamtenkarriere anstrebte. Die Sanierung se<strong>in</strong>er Güter, womit er erst <strong>in</strong> 15 Jahren<br />
begann, wäre auch vom volkswirtschaftlichen Gesichtspunkt von größerem Nutzen<br />
gewesen.<br />
Er heiratete 1777 <strong>die</strong> Witwe se<strong>in</strong>es Bruders József, <strong>die</strong> Gräf<strong>in</strong> Júlia Festetics.<br />
E<strong>in</strong>ige Forscher zitieren <strong>die</strong> an ihn gerichteten und vorwurfsvoll anmutenden Zeilen<br />
se<strong>in</strong>es Bruders: »[...] Du versprichst mir, mich über alles zu <strong>in</strong>formieren,<br />
trotz<strong>dem</strong> war Dir me<strong>in</strong>e Frau wichtiger als De<strong>in</strong> eigener Bruder«, und sehen <strong>in</strong><br />
<strong>die</strong>sen den Nachweis, daß er bereits damals für se<strong>in</strong>e spätere Frau geschwärmt<br />
hatte. 15<br />
Ferenc dachte erst nach sechs Jahren daran, von se<strong>in</strong>er bescheidenen Richterstelle<br />
<strong>auf</strong>zusteigen. Es fällt <strong>auf</strong>, daß er trotz des landesweiten Rufes se<strong>in</strong>er Familie<br />
weder zum Vorsitzenden der Gerichtstafel <strong>in</strong> Güns noch zum Rat bei der Statthalterei<br />
<strong>in</strong> Ofen, noch später zum Obergespan <strong>in</strong> Raab ernannt wurde. Nichtsdestoweniger<br />
überraschte es aber, als ihn Joseph U. 1783 <strong>in</strong> e<strong>in</strong> viel wichtigeres<br />
Amt, das des Stellvertreters des kroatischen Banus, berief. Selten wurde nämlich<br />
e<strong>in</strong> Prov<strong>in</strong>zbeamter zum Würdenträger e<strong>in</strong>er Landesbehörde. Diese Posten waren<br />
gewöhnlich den <strong>in</strong> Wien lebenden aulischen Magnaten vorbehalten. Diese Ernennung<br />
war bestimmend für <strong>die</strong> weitere Beamtenkarriere von Ferenc. Von nun an<br />
gehörte er zu denen, <strong>die</strong> ihren Herrscher Joseph LT. <strong>in</strong> dessen Kampf gegen <strong>die</strong><br />
Macht der Kirche und <strong>die</strong> Vorrechte des Adels unterstützten. Es waren solcher<br />
nicht wenige. Darunter befanden sich auch Namensträger, deren Vorfahren über<br />
Jahrhunderte für <strong>die</strong> Unabhängigkeit Ungarns kämpften. Dessenungeachtet, daß es<br />
damals offensichtlich wurde, daß Joseph IL, <strong>in</strong><strong>dem</strong> er sich nicht zum König von<br />
Ungarn hatte krönen lassen und <strong>die</strong> ungarische Krone <strong>auf</strong> se<strong>in</strong>e Veranlassung h<strong>in</strong><br />
nach Wien gebracht worden war, Ungarn <strong>in</strong> der Monarchie <strong>auf</strong>gehen lassen<br />
wollte.<br />
Die weitestgehende Maßnahme Josephs II. zur Aufhebung der ungarischen<br />
Verfassung bestand dar<strong>in</strong>, daß er <strong>die</strong> alte Komitatse<strong>in</strong>teilung <strong>auf</strong>hob und das Land<br />
<strong>in</strong> zehn Distrikte e<strong>in</strong>teilte. Die den Distrikten vorstehenden königlichen Kommissare<br />
waren alle<strong>in</strong> <strong>dem</strong> König verantwortlich. Sie zu kontrollieren oder zu beurteilen<br />
war sonst niemand befugt. Joseph II. bot Ferenc Széchényi den Posten<br />
e<strong>in</strong>es Distriktskommissars an, den der <strong>Graf</strong> nach e<strong>in</strong>igem Zögern annahm. Vier<br />
Kandidaten hatten das Angebot zurückgewiesen. Nicht nur <strong>die</strong> Führungsschicht<br />
der Selbstverwaltungen, sondern auch e<strong>in</strong> Teil der aulischen Aristokratie verurteilten<br />
Ferenc Széchényi für <strong>die</strong>se Tat. József Hajnóczy, der Sekretär Széchényis,<br />
erklärt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Brief an den <strong>Graf</strong>en Miklós Forgách ausführlich <strong>die</strong> Entscheidung<br />
se<strong>in</strong>es Herrn. Er hebt besonders hervor, Széchényi könne so mehr Gutes tun<br />
als vorher. Unter anderem könne er dar<strong>in</strong> mitwirken, daß <strong>die</strong> Vorrechte von<br />
15<br />
FRAKNÓI (Anm. 1), S. 77 und PADÄNYI (Anm. 1), S. 33.