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PLATON, PHAIDON

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"Nun also", sagte Sokrates, "wenn es das Wiederleben gibt, [72a] dann ist dieses Wiederleben also wohl<br />

das Werden der Lebenden aus den Toten?"<br />

"Sicherlich."<br />

"Wir sind uns also einig, dass auf diese Weise die Lebenden aus den Toten entstanden sind, ganz genauso<br />

wie die Toten aus den Lebenden, und weil das so ist, scheint es ein hinreichender Beweis dafür zu sein,<br />

dass notwendigerweise die Seelen der Toten irgendwo sein müssen, woher sie ja wieder (lebendig)<br />

werden."<br />

"Mir scheint, Sokrates", sagte Kebes, "dass es aufgrund dessen, was wir zugegeben haben,<br />

notwendigerweise so ist."<br />

"Sieh nun auch, Kebes", sagte Sokrates, "dass wir zu dieser Einigung nicht zu Unrecht gekommen sind, wie<br />

mir scheint. Denn wenn nicht ständig [72b] die einen Dinge den anderen, während sie entstehen, auch<br />

ihrerseits die Gegenleistung erbringen würden, wie wenn sie sich im Kreis herumbewegen würden,<br />

sondern die Entstehung nur geradeaus gerichtet wäre, nur vom einen zum Gegenüberliegenden, und sich<br />

nicht wieder umkehren würde zum ersten und keine Wende vollziehen würde, so weißt du ja sicher, dass<br />

alle Dinge am Ende dieselbe Gestalt bekämen und dasselbe mit ihnen geschähe und sie aufhören würden,<br />

zu werden."<br />

"Wie meinst du das?" fragte Kebes.<br />

"Es ist nicht schwer, zu verstehen, was ich meine", sagte Sokrates. Wenn es zum Beispiel zwar das<br />

Einschlafen gäbe, das Aufwachen aber nicht die Gegenleistung erbrächte, indem es aus dem Schlafenden<br />

entstünde, so sei sicher, dass am Ende alles [72c] wohl den schlafenden Endymion als albern erweisen<br />

würde und dass er nirgends mehr auffallen würde, weil es allem anderen genauso erginge wie ihm:<br />

nämlich dass es schliefe. Und wenn alles vermischt würde, aber nicht wieder getrennt, dann wäre<br />

wahrscheinlich bald das Wort des Anaxagoras Wirklichkeit: "Alle Dinge sind zugleich." Und genauso, lieber<br />

Kebes, wenn alles, was am Leben teilhat, sterben würde und nach dem Tod das Tote in dieser Gestalt<br />

bliebe und nicht wiederleben würde, wäre es dann nicht ganz zwangsläufig so, dass alles [72d] tot wäre<br />

und nichts lebte? Denn wenn das, was lebt, aus dem anderen (τῶν μὴ τεθνεώτων) entstünde, das<br />

Lebende aber stürbe, was könnte dann verhindern, dass alles gänzlich im Totsein gefangen würde?"<br />

"Gar nichts, wie mir scheint, Sokrates", erwiderte Kebes, "sondern es scheint mir vollkommen wahr zu sein,<br />

was du sagst."

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