Denn ich glaube ja, Sokrates, dass auch du schon bemerkt hast, dass wir (Simmias und Kebes? oder generell viele Leute? nicht unbedingt die Pythagoreer) die Seele auch für etwas derartiges halten, so als sei unser Körper gespannt und zusammengehalten von Wärme und Kälte, Trockenheit und Feuchtigkeit und derlei Dingen und unsere Seele eine Mischung ebendieser Elemente und eine (schöne) Stimmung [86c], wenn diese (die Elemente) auf schöne Weise und im rechten Maß untereinander gemischt sind. Wenn also die Seele tatsächlich eine Art Stimmung ist, dann ist es klar, dass, wenn der Körper in schlechtem Maß zu sehr erschlafft oder sich anspannt, durch Krankheiten oder andere Übel, die Seele dann zwangsläufig sofort zugrundegehen muss, auch wenn sie noch so göttlich ist, genauso wie auch die anderen Verhältnisse bei den Klängen und in allen Werken der Künstler, dass aber die Überbleibsel eines jeden Körpers lange Zeit noch da bleiben, [86d] bis sie verbrannt werden oder verfaulen. Schau nun, was wir zu diesem Argument sagen sollen, wenn (also) jemand behauptet, dass die Seele als Mischungsverhältnis der Elemente im Körper bei dem, was man Tod nennt, als erste zugrundegeht." Und Sokrates blickte uns durchdringend an, wie er es oft zu tun pflegte, lächelte und sagte: "Simmias macht wirklich einen gerechtfertigten Einwand. Wenn einer von euch also schneller eine Antwort weiß als ich, warum antwortet er nicht? Er scheint sein Argument gar nicht schlecht angefasst zu haben. Allerdings meine ich, wir sollten vor der Antwort noch Kebes anhören, [86e] in welchem Punkt er unsere Argumentation in Frage stellt, damit wir Zeit gewinnen und überlegen können, was wir sagen werden, und dann, wenn wir es gehört haben, ihnen zustimmen, wenn sie mit uns in Einklang scheinen, wenn aber nicht, unser Argument dann verteidigen. Also, Kebes, sag uns, was es ist, was dich stört." 2.1.7 EINWAND VON KEBES: DIE PRÄ- UND POSTEXISTENZ DER SEELE BEWEISE NOCH NICHT IHRE UNSTERBLICHKEIT (86E-) "Ich sage es also", sagte Kebes. "Unser Argument scheint mir nämlich noch genau an demselben Punkt zu sein, wo wir vorher waren, und noch immer von genau demselben Einwand angreifbar, den ich vorhin vorbrachte. [87a] Ich bestreite ja nicht, dass es durchaus geschickt und, wenn es nicht zu hochmütig klingt, ganz hinreichend bewiesen zu sein, dass unsere Seele schon existiert hat, bevor sie in diese Gestalt kam. Aber dass sie, auch wenn wir gestorben sind, noch irgendwo ist, damit scheint es mir nicht so zu sein. Ich bin nicht mit Simmias Einwand einverstanden, dass die Seele nicht stärker und langlebiger sei als der Körper, denn ich glaube ja, dass sie in all diesen Dingen ihm weit überlegen ist. 'Aber was denn dann', könnte das Argument sagen, 'bezweifelst du dann noch, wenn du doch siehst, dass nach dem Tod des Menschen das Schwächere noch da ist? Meinst du nicht, dass das Langlebigere [87b] in dieser Zeit noch erhalten bleiben muss? Überlege außerdem, ob ich hiermit einen gerechtfertigten Einwand mache: Ich
auche, wie es aussieht, auch einen Vergleich, wie Simmias. Mir scheint das Argument nämlich genau das gleiche zu sein, wie wenn jemand es in Bezug auf einen alten Weber vorbringen würde: dass dieser nämlich nicht zugrundegegangen sei, sondern noch irgendwo existiere, und als Beweis dafür darlegen würde, dass sein Gewand, das er selbst gewebt und getragen habe, unversehrt und nicht zugrundegegangen sei. Und wenn man [87c] ihm nicht glauben wollte, könnte er fragen, ob ein Mensch langlebiger sei als ein Gewand, das abgenutzt und abgetragen ist, und wenn jemand antwortete, dass ein Mensch viel länger lebt, würde er glauben, dass es bewiesen sei, dass auf jeden Fall der Mensch unversehrt ist, da ja das Vergänglichere nicht zerstört ist. Aber ich glaube nicht, Simmias, dass das so ist; prüfe auch du, was ich sage.
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