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PLATON, PHAIDON

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"Was denn, Sokrates?" sagte Kriton. "Etwa, was der Mann, der dir das Gift geben wird, mir die ganze Zeit<br />

schon sagt, nämlich dass wir dir erklären sollen, dass du so wenig wie möglich sprechen sollst? Er sagt<br />

nämlich, dass man sich erhitzt, wenn man sich unterhält, und dass sich das [63e] mit der Wirkung des Gifts<br />

nicht verträgt. Wenn man sich daran nicht hält, müssten die, die sich so verhalten, zwei- oder gar dreimal<br />

trinken."<br />

Und Sokrates sagte: "Lass ihn; er soll sich nur um seine eigenen Aufgaben kümmern und Vorsorge treffen,<br />

dass er zweimal oder, wenn es nötig ist, dreimal den Trank verabreichen kann."<br />

"Das war mir schon klar", sagte Kriton, "er liegt mir nur schon die ganze Zeit in den Ohren."<br />

"Lass ihn", sagte Sokrates. "Ich will jetzt euch, meinen Richtern, Rechenschaft darüber ablegen, dass ich mit<br />

guten Grund glaube, dass ein Mann, der sich wahrhaftig in seinem Leben mit der Philosophie<br />

auseinandergesetzt hat, zuversichtlich ist, wenn er dem [64a] Sterben entgegensieht, und voller Hoffnung<br />

ist, dass er die größten Schätze davontragen wird, wenn er stirbt. Wie das nun wohl so möglich ist,<br />

Simmias und Kebes, werde ich zu erklären versuchen.<br />

Andere Menschen merken normalerweise nicht, dass alle, die sich in rechter Weise mit der Philosophie<br />

befassen, sich mit nichts anderem als dem Sterben und dem Tot-Sein beschäftigen. Wenn das nun wahr<br />

ist, wäre es ja wohl absurd, das ganze Leben lang nichts anderes als das anzustreben; wenn es aber dann<br />

wirklich auf einen zukommt, widerwillig gegenüber dem zu sein, was man sich die ganze Zeit gewünscht<br />

und geübt hat."<br />

Da lachte Simmias und sagte: "Beim Zeus, Sokrates, [64b] jetzt hast du mich zum Lachen gebracht, obwohl<br />

ich nicht wirklich in der Stimmung bin, zu lachen. Denn ich glaube, dass die Leute, wenn sie das hören<br />

würden, denken würden, dass durchaus zu Recht von den Philosophen gesagt wird – und gerade die<br />

hiesigen Leute würden entschieden zustimmen – dass in der Tat die Philosophen den Tod anstreben und<br />

dass ihnen sehr klar ist, dass die Philosophen auch verdienen, ihn zu erleiden."<br />

"Und sie würden die Wahrheit sagen, Simmias, ausgenommen dessen, dass es ihnen klar wäre. Denn es ist<br />

ihnen überhaupt nicht klar, in welcher Weise die wahren Philosophen den Tod anstreben und in welcher<br />

Weise sie den Tod verdienen, und was für einen Tod. [64c] Wir wollen es aber für uns selber sagen und<br />

diese Leute dabei beiseite lassen: Glauben wir, dass der Tod etwas ist?"<br />

"Sicherlich", ergriff Simmias das Wort.

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