Glaube geht - Miteinander
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miteinander 7–8/2013<br />
<strong>Glaube</strong> <strong>geht</strong><br />
Wandern von Kraft zu Kraft<br />
Pilgern gehört zu den Grunderfahrungen<br />
des <strong>Glaube</strong>ns.<br />
Der Bibelwissenschaftler<br />
Johannes Marböck führt<br />
zu den textlichen Quellen<br />
im Alten und Neuen<br />
Testament.<br />
Pilgerziel Jerusalem: Blick aus der Kapelle<br />
„Dominus flevit“ am Ölberg auf die Altstadt<br />
Pilgern, dessen Faszination Menschen unserer<br />
Tage neu entdeckt haben, meint mehr als<br />
Bewegung um der Fitness, um der Gesundheit<br />
willen, mehr als Wandern mit aufmerksamem<br />
Blick für die Schöpfung. Pilger nehmen<br />
teil an uralten Aufbrüchen zu Stätten, an denen<br />
Menschen tiefe Erfahrungen geschenkt<br />
worden sind. Christen brechen als Pilger auf<br />
zu Stationen einer großen Geschichte von<br />
<strong>Glaube</strong>nden mit ihrem Gott, zu Orten der Erfahrung<br />
seiner Nähe, seines Segens.<br />
Stätten der Nähe Gottes<br />
So erzählt die Bibel von Anfang an von solchen<br />
Stationen: Hagar, die vertriebene, geflüchtete<br />
Magd Abrahams, benennt einen Ort<br />
in der Wüste „Brunnen des Lebendigen, der<br />
nach mir schaut“ (Gen 16,14–16). Jakob gibt<br />
der Stätte, an der sich auf der Flucht über<br />
ihm der Himmel geöffnet hat, den Namen<br />
Bet-El, Haus Gottes, Pforte des Himmels<br />
(Gen 28,10–19). Wir können auch die Geschichte<br />
von der Wallfahrt der kinderlosen<br />
Hanna mit ihrer Not und ihrer Erhörung in<br />
Schilo lesen (1 Sam 1–2).<br />
Für die Stämme des Gottesvolkes Israel wird<br />
in der späteren Königszeit Jerusalem zentrales<br />
Ziel der Wallfahrt. Der Tempel ist dabei<br />
zugleich Ort und Zeichen bleibender Gegenwart<br />
und Nähe Gottes, der sie durch die<br />
Wüste ins Gelobte Land begleitet hat. So<br />
begeben sich die Israeliten dreimal im Jahr<br />
zu Festen nach Jerusalem, um dort Gemeinschaft<br />
zu erleben, die soziale Grenzen aufhebt<br />
(Dtn 12,11; 16,11.15). Auch Jesus pilgert<br />
mit seinen Eltern zum Pascha nach Jerusalem<br />
(Lk 2,41f.) und vollendet dort auf<br />
einer solchen Wallfahrt schließlich sein Leben.<br />
Lieder der Pilgerschaft<br />
Schönster Ausdruck dessen, was solches<br />
Pilgern mit dem Heiligtum in Jerusalem als<br />
Ziel für Israel bedeutet hat, sind Lieder auf<br />
die Gottesstadt Zion in den Wallfahrtspsalmen.<br />
Es sind Lieder der Sehnsucht nach dem<br />
Gott auf dem Zion, nach seinem rettenden<br />
Eingreifen als Schöpfer und König in Verlassenheit<br />
und Bedrohung – wie etwa die<br />
Psalmen 42 bis 48. Empfehlenswert sind<br />
auch die kurzen Wallfahrtspsalmen 120 bis<br />
134. Es sind Lieder der Suche nach letzter<br />
Geborgenheit, Lieder des Vertrauens auf den<br />
Ort des Segens für die kleinen Leute in ihren<br />
alltäglichen Nöten, Lieder von einer schützenden<br />
Mitte in einer bedrohten Welt.