Glaube geht - Miteinander
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miteinander 7–8/2013 9<br />
ker gegenüber bitten sie für uns – da er „nie<br />
Essen zu Hause“ hat, schenkt er uns zwei Flaschen<br />
Rotwein. Brombeeren am Weg sind<br />
Nachspeise.<br />
Unvorhersehbare Vorsehung<br />
Bei der nächsten Mittagsrast „schleppt“ eine<br />
junge Belgierin den Ortspfarrer an. Wir<br />
bitten ihn, am Abend mit uns Eucharistie zu<br />
feiern. Auf 1.000 Metern in einer dünn besiedelten<br />
Gegend erwarten wir eine „Hungererfahrung“<br />
– aber wir werden zu unserer<br />
Überraschung von einheimischen Frauen mit<br />
„Pasta al pomodoro e basilico“, Kuchen, Kaffee<br />
und frischer Milch reich bewirtet: Vorsehung<br />
kann man nicht vorhersehen. Bei<br />
Vollmond feiern wir dann vor einer winzigen<br />
Kapelle gemeinsam mit dem Pfarrer und etwa<br />
20 Bewohnern vielsprachig Eucharistie<br />
– „Danksagung“. Als Pilger seien wir für<br />
sie, bekennen die Frauen, eine Ermutigung<br />
im <strong>Glaube</strong>n, der hier in der Einöde oft so<br />
schwer zu leben sei. Nach der Kommunion<br />
stimmt der Pfarrer an: „Seele Christi, heilige<br />
mich, …“ – Christus bei uns, in uns, Sternenhimmel<br />
über uns. „Schlaft in unserem Stadel!“,<br />
bitten einige, denn „Pilger beherbergen<br />
bringt Segen“. Ihre Wiesen werden in dieser<br />
Nacht zum „Hotel der tausend Sterne“.<br />
Dienst und Zeugnis<br />
Am Monte Senario, dem Gründungsort der<br />
Serviten, bitten wir um Reste einer Mittagsausspeisung<br />
für 400 Jugendliche. Es ist so<br />
viel, dass ein junger Franzose uns Mitpilgern,<br />
die im Schatten der Kirche im Kreis<br />
am Boden sitzen, anbietet, nachzunehmen:<br />
Mit dem Behälter voller Pasta kniet er vor<br />
jedem und jeder: Dienst beim gemeinsamen<br />
Mahl – „Fußwaschung“.<br />
In Fiesole schenkt uns der Pfarrer Getränke,<br />
bedauert aber, wir würden im reichen<br />
Villenort wenig bekommen, und schickt uns<br />
für die Nacht ins Kloster San Francesco –<br />
beste Aussicht! Zimmer lehnen wir dankend<br />
ab, übernachten im Garten, bis uns ein Regenguss<br />
im Kreuzgang Schutz suchen lässt.<br />
Nach Laudes im Kloster und Sonntagsmesse<br />
können wir dem Pfarrer, der für uns die Lesungen<br />
in fünf Sprachen kopiert hat, vor der<br />
Pfarrgemeinde dankbar bezeugen: Wir wurden<br />
freigebig, ja großzügig mit italienischen<br />
Köstlichkeiten beschenkt, als „Gäste“ beherbergt.<br />
Beschenkt und verwandelt<br />
In Florenz bekommen wir alle unsere „alten<br />
Reichtümer“ wieder: Handys, Geld, … Der<br />
erste Jubel der Jüngsten weicht der Ernüchterung<br />
aller: Wir laden einander auf Eis ein,<br />
müssen bestimmen, was wir wollen, bekommen<br />
genau das, halten Geld hin – und die<br />
Kommunikation ist zu Ende. Beim Betteln<br />
beginnt dort Gespräch, persönliche Begegnung.<br />
„Was habt ihr denn mit eurer Gruppe<br />
gemacht?“, hören wir beim anschließenden<br />
Großtreffen in Rom oft: „Ihr seid so verwandelt,<br />
trefft einander wieder, ladet andere ein!“<br />
Was wir gemacht haben? – „Umsonst haben<br />
wir empfangen …“<br />
Raphaela Pallin<br />
Dr. Raphaela Pallin ist Theologin und Assistentin am<br />
Institut für Theologie der Spiritualität an der Katholisch-Theologischen<br />
Fakultät der Universität Wien.<br />
1 Das Gründungskloster der Serviten am Monte<br />
Senario: Stille, Gebet, Ausblick, Gastfreundschaft<br />
2 Fiesole, Kloster San Francesco: Wohnhäuser leiten<br />
den Blick auf das vorläufige Ziel, das Kreuz<br />
sichert den Ausblick auf die ewige Geborgenheit.<br />
1<br />
Nach einem eisig kalten Morgen kommt uns<br />
am Nachmittag in der warmen Ebene der<br />
Carabiniere eines 4.000-Einwohner-Orts mit<br />
Blaulicht entgegen – wir dürften nicht hinein,<br />
die Leute hätten Angst, der Pfarrer habe<br />
es abgelehnt, uns aufzunehmen. Nach einigen<br />
Fahrten überbringt er uns herannahenden<br />
„Pülchern“ die pflichtgemäß dem Bürgermeister<br />
obliegende Anordnung: Wir müssen außerhalb<br />
auf dem 2-Stern-Campingplatz übernachten,<br />
„ohne Gebühr“. Sechs „Vertrauenswürdige“,<br />
deren Passnummern notiert werden,<br />
dürfen im Ort betteln, bringen dann aber<br />
erschöpft reichlich Verpflegung. Warmwasserduschen<br />
sind am Abend unverhoffter Gratis-Luxus.<br />
2