Mauthausen 2010 - pitlikdokumente.at
Mauthausen 2010 - pitlikdokumente.at
Mauthausen 2010 - pitlikdokumente.at
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
19<br />
ihren grauenhaften Tod fanden. Der Antrag wurde jedoch von der<br />
Bundesregierung abgelehnt. Der Verwalter, der sich selbst sieben Jahre in den<br />
verschiedenen Konzentr<strong>at</strong>ionslagern befand, fühlt sich in der Rolle des<br />
Fremdenführers sehr wohl.<br />
Die Führung beginnt bei der Kanzlei des ehemaligen Kommandanten Ziereis.<br />
Gähnende Leere starrt uns entgegen, als wir den kühlen Raum betreten. Das<br />
Inventar wurde teilweise von Andenkensammlern der Alliierten und den in der<br />
Umgebung liegenden Bauern entfernt. Weiter geht es in die ehemalige<br />
Häftlingsküche. Wir kriechen unter Gerüsten entlang und sehen die neuen<br />
Anzeichen einer Kirche. Sie soll bei Deleg<strong>at</strong>ionsbesuchen dazu dienen, der in<br />
diesem Lager umgekommenen Menschen zu gedenken.<br />
Wir kommen in den nächsten Block. Vergitterte Fenster, teilweise noch<br />
verrostet, meist aber schon neu gestrichen, zeigen uns, daß wir uns in dem<br />
Arrestgebäude befinden. Gitter, Gitter, nichts als Gitter sehen uns entgegen. Wir<br />
halten uns ganz nahe bei dem Führer auf, da sich zwei große Wolfshunde uns<br />
zugesellten. Einer davon soll ein Nachkomme eines Bluthundes der SS sein.<br />
Keine Minute lassen uns die Tiere aus ihren Augen. Wir sehen die<br />
Aufnahmskanzlei, die Zellen, werden in die Zelle 7 geführt, in der Bundeskanzler<br />
Figl eingesperrt war. Die Gitter sind vorläufig mit Draht zugehalten, bekommen<br />
jedoch wieder ihre schweren Originalschlösser. Wir sehen die Zelle in der der<br />
russische General Karbischew gekettet lag. Die Ketten, heute frisch gestrichen,<br />
stehen unter besonderem Denkmalschutz.<br />
Große Öfen nehmen im Vernichtungsblock einen gewaltigen Raum ein, und wir<br />
erfahren, daß dies die Verbrennungsöfen sind. Schmutzige, teilweise verbrannte<br />
Ziegel liegen herum. Wir sehen einen verrosteten Gegenstand der einer Bahre<br />
gleicht. Wir hören, daß damit die Leichen in den Ofen geschoben wurden.<br />
„Leider haben wir die Originale nicht mehr“, erzählt der Führer resigniert.<br />
„Diese sind etwas länger, und wir müssen sie erst für den Ofen herrichten<br />
lassen, damit sie hineinpassen(!) In den nächsten Tagen werden wir sie neu<br />
streichen und die Griffe erneuern, damit sie der Besucher selbst in den Ofen<br />
heben kann.“<br />
Wir treffen einen Maler bei der Arbeit, sprechen einige Worte mit ihm und sind<br />
überrascht über seine Meinung : Wortwörtlich erklärt er uns : „Ach, Sie sind<br />
von der Zeitung , die gegen den Wiederaufbau dieses Konzentr<strong>at</strong>ionslagers ist.<br />
Ich sage Ihnen nur, ich habe gute Verbindungen zu den Russen, die sehr an<br />
diesem Bau interessiert sind, und werde Sie von diesen Leuten zur<br />
Verantwortung ziehen lassen, wenn Sie weiterhin dagegen Stellung nehmen.“<br />
Wir waren überrascht, nahmen wir doch bisher an, daß die österreichische<br />
Bundesregierung allein der Auftraggeber war.