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chischen Industriellenvereinigung,<br />

Klaus Pöttinger. Er ortet<br />

ein Einsparungspotenzial von<br />

300 Millionen Euro pro Jahr bei<br />

den oberösterreichischen Gemeinden.<br />

Er stellt dar, dass sich<br />

jede oberösterreichische Familie<br />

1000 Euro pro Jahr durch Gemeindezusammenlegungen<br />

ersparen<br />

könnte. Trotz ein<strong>es</strong> offenen<br />

Brief<strong>es</strong> durch den Präsidenten<br />

d<strong>es</strong> Oberösterreichischen<br />

Gemeindebund<strong>es</strong>, Bgm. Johann<br />

Hingsamer, der durch konkrete<br />

Zahlen die Absurdität der Berechnung<br />

darlegt, bleibt Präsident<br />

Pöttinger in seinem Interview<br />

am 13. Februar 2013 in<br />

den Wirtschaftsblättern bei seiner<br />

Darstellung.<br />

Verlangt wird von ihm, die Produktivität<br />

zu erhöhen, und <strong>es</strong><br />

werden Beispiele aus Dänemark<br />

und Schweden angeführt. Ob<br />

die Produktivität der richtige<br />

Maßstab für Gemeindefusionen<br />

ist und ob Dänemark tatsächlich<br />

das richtige Vorbild für die Industriellenvereinigung<br />

darstellt,<br />

sei dahing<strong>es</strong>tellt. Zutreffend ist<br />

zwar, dass <strong>es</strong> in Dänemark bei<br />

rund 5,5 Millionen Einwohnern<br />

98 Gemeinden gibt. Allerdings<br />

gibt <strong>es</strong> in Dänemark de facto<br />

keine Länderebene und <strong>es</strong> werden<br />

die meisten Aufgaben von<br />

den Gemeinden wahrgenommen,<br />

die bei uns von Bezirksverwaltungsbehörden<br />

erfüllt werden.<br />

Fünf Regionen erfüllen in<br />

Dänemark die Aufgaben im G<strong>es</strong>undheitsw<strong>es</strong>en.<br />

Bemerkenswert<br />

ist auch, dass auch laut<br />

OECD-Berechnungen in Österreich<br />

12,4 Prozent, in Dänemark<br />

aber 28,7 Prozent aller B<strong>es</strong>chäftigten<br />

im öffentlichen Dienst arbeiten.<br />

Dass der hohe Anteil öffentlicher<br />

Bediensteter auch finanziert<br />

werden muss, spiegelt<br />

sich in hohen Steuersätzen und<br />

Sozialversicherungsabgaben wider.<br />

Ob di<strong>es</strong> ein Musterbeispiel<br />

und Ziel für die Industriellenvereinigung<br />

ist, sei dahing<strong>es</strong>tellt.<br />

Inter<strong>es</strong>sant erscheint auch, dass<br />

von der Industriellenvereinigung<br />

Oberösterreich Einsparungen<br />

verlangt werden, auf der<br />

anderen Seite von der Industriellenvereinigung<br />

in Salzburg<br />

Reformen in Kindergärten und<br />

Volksschulen verlangt werden.<br />

In Salzburg tritt die IV für verb<strong>es</strong>serte<br />

Arbeitsbedingungen<br />

der Pädagoginnen ein, die sich<br />

Für die steirische Land<strong>es</strong>spitze<br />

könnte <strong>es</strong> bei den<br />

Gemeindezusammenlegungen<br />

in dem einen oder anderen<br />

Fall noch ein bös<strong>es</strong><br />

Erwachen geben. Höchstrichter<br />

könnten die eine<br />

oder andere Zusammenlegung<br />

wieder aufheben.<br />

Zahllose Bürgermeister<br />

wollen die verordnete Fusion<br />

vor dem Verfassungsgerichtshof<br />

anfechten. Der renommierte<br />

Verfassungsjurist<br />

Bernd-Christian Funk<br />

schließt in einem G<strong>es</strong>präch<br />

mit der „Kleinen Zeitung“<br />

überhaupt nicht aus, dass<br />

die Höchstrichter die eine<br />

oder andere steirische Zusammenlegung<br />

wieder aufheben<br />

könnten.<br />

Zwischen 1977 und 1993<br />

war der Verfassungsgerichtshof<br />

(VfGH) mehrfach<br />

von entrüsteten niederösterreichischen<br />

Bürgermeistern<br />

wegen solcher<br />

Zusammenlegungen angerufen<br />

worden. Mind<strong>es</strong>tens<br />

ein halb<strong>es</strong> Dutzend Fusionen<br />

musste wieder rückgängig<br />

gemacht werden.<br />

„Die Verfassungsrichter gehen<br />

davon aus, dass solche<br />

Zusammenlegungen im<br />

Zweifel zulässig sind“, so<br />

Funk. „Die Fusion muss<br />

sachlich gut begründet<br />

sein. Wenn zu erwarten ist,<br />

dass di<strong>es</strong>e keinen Mehrwert<br />

bringt, kann sie aufgehoben<br />

werden.“<br />

Ähnlich sieht das Verwaltungsrechtler<br />

Theo Öhlinger<br />

im KOMMUNAL-Interview.<br />

So sei eine „Zusammenlegung<br />

– auch eine<br />

zwangsweise durch G<strong>es</strong>etz<br />

erfolgende – durch die<br />

österreichische Verfassung<br />

prinzipiell zulässig“.<br />

Rein finanziell-budgetäre<br />

Erwägungen reichen nach<br />

Ansicht der Höchstrichter<br />

für eine Zusammenlegung<br />

nicht aus. So wurde, so der<br />

Bericht der „Kleinen Zeitung“,<br />

1972 das 772 Einwohner<br />

große Gerersdorf<br />

auf zwei andere Gemeinden,<br />

darunter St. Pölten,<br />

aufgeteilt. Begründet wurde<br />

die Aufteilung vom<br />

Land mit den Vorteilen, die<br />

sich aus dem Finanzausgleich<br />

ergeben. Der VfGH<br />

machte neun Jahre später<br />

die Zerschlagung der Kleingemeinde<br />

wieder rückgängig,<br />

da sie – abg<strong>es</strong>ehen von<br />

den Vorteilen durch den Finanzausgleich<br />

– „zahlreiche<br />

Nachteile für die betroffene<br />

Bevölkerung gebracht,<br />

jedoch keine nennenswerten<br />

Vorteile für sie<br />

bewirkt hat“.<br />

Die Höchstrichter stützen,<br />

so Funk, ihre Entscheidung<br />

auf ein Bündel von Erwägungen.<br />

So werden die<br />

wirtschaftlichen Auswirkungen<br />

einer Fusion genauso<br />

analysiert wie die<br />

Verkehrsanbindung, die topografischen<br />

Gegebenheiten,<br />

die Infrastruktur der<br />

Gemeinde (Schule, Postamt,<br />

Polizei), aber auch die<br />

Einstellung der Bevölkerung.<br />

„Wie der Verfassungsgerichtshof<br />

die steirischen<br />

Fusionen beurteilt,<br />

ist nicht vorhersehbar. Man<br />

muss sich jeden Einzelfall<br />

genau ansehen“, so Funk.<br />

Kommunal: Gemeindebund<br />

Rechtlich<strong>es</strong>: Der Gang zum Verfassungsgerichtshof<br />

Eine Fusion muss gut begründet sein<br />

Foto: www.iur.jku.at<br />

Foto: www.univie.ac.at<br />

Bernd-Christian Funk.<br />

Theo Öhlinger.<br />

Ein Punkt, den Öhlinger<br />

unterstreicht.<br />

Auch das Thema Voklksbefragung<br />

ist nicht so eindeutig,<br />

wie man meinen sollte.<br />

Theo Öhlinger: „Volksbefragungen<br />

binden den G<strong>es</strong>etzgeber<br />

nie“. Daher hat<br />

nach Meinung Öhlingers<br />

eine Befragung der Bürger<br />

weder vorher noch nachher<br />

Einfluss auf di<strong>es</strong>e Entscheidungen.<br />

Die Optik ist zwar zwi<strong>es</strong>pältig<br />

– aber, so Öhlinger,<br />

das „ist eben Politik. juristisch<br />

ist eine Volksbefragung<br />

eine ,Ermittlung der<br />

Meinung ein<strong>es</strong> Teils der Bevölkerung‘,<br />

ähnlich einer<br />

Meinungsumfrage“. Aber<br />

eine Volksbefragung, zu<br />

welchem Thema auch immer,<br />

gibt niemandem das<br />

Recht auf Klage.<br />

Bei der Frage der Sachlichkeit<br />

spielt eine Volksbefragung<br />

für den Verfassungsgerichtshof<br />

aber doch eine<br />

Rolle. Öhlinger: „Er (der<br />

Verfassungsgerichtshof)<br />

wird aufgrund einer Meinungsbekundung<br />

der Bevölkerung<br />

die Argumente<br />

für eine Zusammenlegung<br />

noch genauer prüfen –<br />

wenn gleichzeitig klar ist,<br />

dass die Bevölkerung das<br />

überwiegend ablehnt.“<br />

Ein wichtiger Punkt für eine<br />

Aufhebung wäre – und<br />

das hat auch früher schon<br />

eine Rolle g<strong>es</strong>pielt – nach<br />

Öhlinger, wenn nachgewi<strong>es</strong>en<br />

werde könnte, dass <strong>es</strong><br />

b<strong>es</strong>sere Alternativen einer<br />

Zusammenlegung gäbe.<br />

Also wenn die Gemeinde A<br />

nicht mit der Gemeinde B,<br />

sonder lieber mit der Gemeinde<br />

C zusammengelegt<br />

werden will.<br />

Aber „wenn solche Argumente<br />

auszuschließen<br />

sind, dann sehe ich relativ<br />

wenig Chancen, selbst für<br />

eine nachträgliche Volksbefragung“,<br />

so Öhlinger abschließend.<br />

Hans Braun<br />

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