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Ausgabe 2/2013 - Ghorfa

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SOUQ länderreport<br />

Um dem hohen Potenzial der deutsch-irakischen Beziehungen gerecht zu werden, veranstaltete die <strong>Ghorfa</strong> im<br />

September 2012 das 2nd Iraqi-German Business Forum<br />

Allerdings ist die im Zweistromland so traditionsreiche<br />

Landwirtschaft in den vergangenen<br />

30 Jahren von einer Export- zu einer Importbranche<br />

geworden. Zwar arbeitet ein Fünftel<br />

der Bevölkerung in der Landwirtschaft, doch<br />

trägt sie nur etwa zehn Prozent zur Wertschöpfung<br />

bei. Zudem bedrohen die Staudämme<br />

an den Oberläufen und Nebenflüssen von<br />

Euphrat und Tigris, die die Türkei, Syrien und<br />

Iran errichtet haben, die Wasserversorgung des<br />

Irak.<br />

Bis 2017 werden 275 Milliarden<br />

US-Dollar investiert<br />

Der irakische Staatshaushalt ist von 100 Milliarden<br />

US-Dollar im Jahr 2012 auf 118 Milliarden<br />

US-Dollar im Jahr <strong>2013</strong> gestiegen. Grund<br />

ist der gestiegene Ölpreis. 40 Prozent des<br />

Haushalts stehen für Investitionen zur Verfügung.<br />

Im Fünf-Jahres-Entwicklungsplan, den<br />

die Regierung für die Jahre <strong>2013</strong> bis 2017 aufgelegt<br />

hat, werden 275 Milliarden US-Dollar<br />

bereitgestellt. Und der Bedarf ist enorm, allein<br />

was notwendige Infrastrukturprojekte angeht.<br />

Der Ausbau des einzigen irakischen Tiefwasserhafens<br />

Umm Qasr ist für die irakische<br />

Wirtschaft von entscheidender Bedeutung<br />

und erfordert Investitionen von einer Milliarde<br />

US-Dollar. Ein weiterer Hafen am Schatt<br />

el-Arab soll in Al-Faw entstehen (8,4 Milliarden<br />

US-Dollar). Ein großer Teil des irakischen<br />

Fernstraßennetzes samt 500 Brücken muss<br />

ebenfalls in Stand gesetzt werden. Auch in das<br />

Schienennetz sollen hohe Investitionen fließen:<br />

Geplant sind nicht nur eine U-Bahnlinie<br />

im chronisch verkehrsüberlasteten Bagdad (3<br />

Milliarden US-Dollar), sondern auch Bahnlinien<br />

von Bagdad nach Erbil (7 Milliarden US-<br />

Dollar) und von Bagdad nach Basra (6 Milliarden<br />

US-Dollar). Die Flughäfen in Bagdad,<br />

Mosul, Kirkuk und Basra müssen modernisiert<br />

werden. In Kerbala, das jedes Jahr von mehreren<br />

Millionen schiitschen Pilgern besucht<br />

wird, ist ein komplett neuer Airport ausgeschrieben<br />

worden.<br />

Erheblicher Investitionsbedarf<br />

in der Stromversorgung<br />

Im Wohnungsbau besteht ebenfalls Investitionsbedarf.<br />

Gerade in den Großstädten Bagdad<br />

und Erbil, der Hauptstadt der quasi autonomen<br />

kurdischen Provinzen Dohuk, Erbil und<br />

Sulaymaniyah, fehlen Wohnungen. Landesweit<br />

wird der Bedarf auf 3,5 Millionen Einheiten<br />

geschätzt. Ein ähnlich großes Problem<br />

ist die Energieversorgung. Regelmäßig mus<br />

in den Städten stundenweise der Strom abgestellt<br />

werden, da die erzeugten 8800 Megawatt<br />

nicht ausreichen. In diesen Bereich, der für die<br />

Industrie sowie ausländische Investoren von<br />

enormer Bedeutung ist, sollen 5 Milliarden<br />

US-Dollar fließen. Erneuerbare Energie, vor<br />

allem Wasser- und Sonnenenergie, werden von<br />

der Regierung mit 1,6 Milliarden US-Dollar<br />

gefördert. 2012 hat der Irak laut World Factbook<br />

12,28 Milliarden kWh Strom importiert.<br />

Deutsche Technik genießt<br />

ausgezeichneten Ruf<br />

Da das Land für zahlreiche dieser Projekte<br />

ausländischer Investitionen und moderner<br />

Technik bedarf, bieten sich für deutsche<br />

Unternehmen sehr gute Chancen. Der Handel<br />

mit dem Irak hat 2011 zwar die wichtige<br />

Schwelle von einer Milliarde Euro überschritten,<br />

doch noch längst nicht das Niveau<br />

aus den 1980er Jahren erreicht. Deutsche<br />

Unternehmen genießen im Irak hohes Ansehen,<br />

deutsche Produkte gelten als qualitativ<br />

hochwertig. Schon jetzt bezieht der Irak<br />

Fahrzeuge, Maschinen, Elektronik, Konsumgüter,<br />

Chemieprodukte und Baustoffe aus<br />

Deutschland; deutsche Unternehmen renovieren<br />

im Irak Abwasserkanäle und Baudenkmäler,<br />

bauen Krankenhäuser, installieren<br />

Kraftwerke und Notstromaggregate, planen<br />

Wohnhäuser und Fabriken, statten Universitäten<br />

mit Laboren aus und liefern Landwirtschaftsmaschinen.<br />

Schulungen des irakischen<br />

Personals in Deutschland sind häufig Teil der<br />

Verträge – seien es Piloten von Iraqi Airways,<br />

Ingenieure oder Ärzte. Auch dieser Sektor<br />

birgt Potenzial.<br />

Schulungen in Deutschland sind<br />

Wachstumsmarkt<br />

Allerdings will der Markteintritt in den Irak<br />

gut vorbereitet sein. Ohne ein eigenes Büro<br />

oder einen zuverlässigen Partner vor Ort geht<br />

wenig, persönliche Kontakte sind wichtig. Die<br />

zentralisierte Bürokratie ist weiterhin ein<br />

Problem. Hier bietet der Drang der Provinzen<br />

nach mehr Autonomie – das betrifft zuallererst<br />

die ölreiche und mittlerweile recht<br />

sicher bereisbare Provinz Basra – zukünftig<br />

Chancen. Auch der irakische Botschafter in<br />

Deutschland, Dr. Hussain Mahmood Alkhateeb,<br />

empfiehlt Unternehmen, sich im Zweifelsfall<br />

direkt an die Provinzregierungen zu<br />

wenden. Die Sicherheitslage in Bagdad, in Mosul<br />

und im sunnitischen Dreieck ist dagegen<br />

weiterhin problematisch, was zu aufwendigen<br />

Sicherheitsvorkehrungen zwingt. Auch die<br />

schiitisch-sunnitischen Auseinandersetzungen<br />

innerhalb der irakischen Regierung sowie die<br />

Konflikte mit der kurdischen Autonomieregion<br />

stellen Hemmnisse dar.<br />

Persönliche Kontakte<br />

unbedingt erforderlich<br />

Die Politik unterstützt die deutsche Wirtschaft<br />

bei ihrem Engagement im Irak. Zuletzt<br />

waren Verkehrsminister Dr. Peter Ramsauer<br />

und Wirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler<br />

mit großen Wirtschaftsdelegationen vor Ort.<br />

Dabei wurde eine Vereinbarung über den Bau<br />

eines Schulungszentrums für Trockenbau in<br />

Bagdad, eine Absichtserklärung über die Verbesserung<br />

des Brandschutzes in Erbil und ein<br />

Letter of Understanding über die Sanierung<br />

des Mosuler Staudamms unterzeichnet. Mit<br />

einem Auftragsvolumen von 1,9 Milliarden<br />

Euro ist letzteres das größte deutsche Projekt<br />

im Irak.<br />

Foto: M. El-Sauaf<br />

SOUQ / 2/<strong>2013</strong><br />

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