Handbuch zur Gemeinwohl-Bilanz (Version 4.1)
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Manche Unternehmen ziehen die Unternehmensfinanzierung über Mitunternehmen der<br />
Finanzierung über ethische Banken vor. Ist diese Form der Finanzierung sinnvoll bzw.<br />
realistisch? Wie wird sie bewertet?<br />
Beide der hier angesprochenen Formen der Unternehmensfinanzierung sind gegenwärtig<br />
Randerscheinungen. Unternehmensfinanzierung über Mitunternehmen basiert primär auf<br />
einem Vertrauensverhältnis und wird unter befreundeten UnternehmerInnen praktiziert.<br />
Unternehmensfinanzierung über Ethik-Banken ist ebenfalls schwierig zu praktizieren, da<br />
in Österreich das entsprechende Angebot weitgehend fehlt. Eine ausländische Ethik-Bank<br />
wird einem österreichischen Unternehmen nur unter erschwerten Bedingungen einen<br />
Kredit gewähren. (Stichwort: Besicherung des Kredits. Ausländische Banken haben in<br />
der Regel keine Möglichkeit der Ranganmerkung im Grundbuch od. Firmenbuch). Zudem<br />
wird die ausbezahlte Kreditsumme geringer ausfallen, da ein erhöhtes Zahlungsausfallrisiko<br />
angenommen wird, und die Kreditkosten werden für das Unternehmen höher sein als<br />
bei einer österreichischen Bank.<br />
Die Zielvorstellung der <strong>Gemeinwohl</strong>-Ökonomie geht davon aus, dass Unternehmensfinanzierung<br />
über Mitunternehmen höher beurteilt wird als Unternehmensfinanzierung über<br />
Ethik-Banken, weil erstere Finanzierungsform dem Grundgedanken der GWÖ – nämlich<br />
Kooperation zu leben – näher liegt. Zur Frage, ob dies realistisch ist: nicht weniger realistisch,<br />
als dass die GWÖ eines Tages Wirklichkeit wird.<br />
Wie steht die <strong>Gemeinwohl</strong>-Ökonomie <strong>zur</strong> Unternehmensfinanzierung über Kleindarlehen<br />
durch Privatpersonen?<br />
Diese Form der Unternehmensfinanzierung ist bislang rechtlich ungeklärt. Die Finanzmarktaufsichtsbehörden<br />
in Österreich (FMA) und Deutschland (BaFin) stehen dem Thema<br />
skeptisch bis ablehnend gegenüber, weil die Unternehmensfinanzierung über private<br />
Anleger in Form von Kleindarlehen ein den Banken vorbehaltenes konzessionspflichtiges<br />
Einlagengeschäft darstellen kann. 1<br />
Nach derzeitiger Gesetzeslage (Stand Februar 2013) empfiehlt es sich, entweder eine<br />
Genossenschaft zu gründen oder die Ausnahmeetatbestände <strong>zur</strong> Prospektpflicht des österreichischen<br />
Kapitalmarktgesetzes bzw. des deutschen Verkaufsprospektgesetzes zu<br />
nutzen. Beide Gesetze sehen Ausnahmen von der kostenintensiven Prospekterstellung<br />
und Prospektveröffentlichung vor.<br />
■■<br />
Österreichischer Genossenschaftsverband 2<br />
■■<br />
Österreichisches Kapitalmarktgesetz 3<br />
1 Auf den Einlagenbegriff nach österreichischem Bankwesengesetz kann in diesem Rahmen nicht eingegangen<br />
werden.<br />
2 http://www.oegv.info/ware/genossenschaft_und_buergergesellschaft<br />
3 http://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Kundmachungsorgan=&Index=&Titel=kmg&Ges<br />
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