Broschüre Teil 2 herunterladen - Geschichtswerkstatt Europa
Broschüre Teil 2 herunterladen - Geschichtswerkstatt Europa
Broschüre Teil 2 herunterladen - Geschichtswerkstatt Europa
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
AUF KATHOLISCH ERINNERN?<br />
33<br />
Folgt man dieser Betrachtungsweise,<br />
wird die Mythologisierung der Leiden der<br />
Deportierten besonders sichtbar: der Kreuzweg<br />
- als Symbol für ihr persönliches<br />
Schicksal, die Rückkehr nach Polen - als ein<br />
<br />
Steiner bestätigt diese Auffassung, indem er<br />
die aufgeworfene Frage nach der Gestaltung<br />
des Denkmals beantwortet: ”Man muss<br />
die Hymne der Sibirienverschleppten<br />
hören 2 . Durch das Denkmal wird sie genau<br />
wiedergegeben. Wir liefen und liefen [...],<br />
dieser Weg war so holprig und kaputt.<br />
Am Ende dieses schmalen Weges aus<br />
Steinplatten, Zeichen dieser langen Odyssee,<br />
erwächst das riesige Kreuz. Dieses Denkmal<br />
ist nicht schön, es ist hässlich, sowie<br />
unser Leben dort [...]. Daher haben die<br />
betroffenen Menschen [...] auch heute noch<br />
einen besonderen Bezug dazu: ihr Wunsch<br />
war es, diese Wand der Unmöglichkeit zu<br />
zerstören [...]. Diese Wand ist Symbol für die<br />
Sowjetunion [...]. Daher hat der Künstler<br />
[...] einfach nur diese Erinnerung, den<br />
Glauben an bessere Zeiten, zum Ausdruck<br />
gebracht [...]. Es wird eine Art Kreuzweg<br />
dargestellt.“<br />
Ein <strong>Teil</strong> der Gedanken, die Marian Jonkajtys,<br />
ebenfalls ein Sibirienverschleppter, bezogen<br />
2 Seit September, dem siebzehnten<br />
Hatte jeder von uns noch einen langen Weg vor<br />
sich<br />
Durch das Eis des Nordkreises,<br />
Durch Lubjanka, durch den Katyner Wald!<br />
Auf der unmenschlichen Erde […]<br />
Wir gingen und gingen, dezimiert! […]<br />
Auch durch die Volksrepublik sind wir unbesiegt<br />
hervorgegangen<br />
Solange bis uns der liebe Gott das freie Vaterland<br />
zurückgibt!!! (Auszug)<br />
auf diese Gedenkstätte geäußert hatte, eignet<br />
sich hervorragend als weitere Bestätigung<br />
des Vorangegangen:<br />
”Passant... Lass in deinem Herzen<br />
In Gedenken an das Martyrium der<br />
Sibirienverschleppten eine Flamme der<br />
Hoffnung entzünden - das Gute über das<br />
Böse. Der Sieg ...“<br />
Im Laufe des Projekts, vor allem nach<br />
Abschluss der Interviews mit den Sibiraken,<br />
ist uns deutlich geworden, dass es seitens<br />
der Verantwortlichen nicht Ziel ist, an die<br />
Deportationen auf katholische Weise zu<br />
erinnern. Vielmehr geht es ihnen hier um die<br />
Schaffung eines Mythos - um ein bestimmtes<br />
Eigenbild, damit den Opfern ein Platz im<br />
nationalen Bewusstsein gegeben werden<br />
kann. Seitens der katholischen Kirche wird<br />
zwar versucht, die ethische Komponente<br />
in besonderer Weise zu repräsentieren,<br />
dennoch ist diese aber noch viel stärker in<br />
der Kultur, im europäischen Bewusstsein<br />
sowie im Polentum als solches verwurzelt.<br />
Somit kann der moralische Aspekt nicht der<br />
Kirche als Institution zugeschrieben werden.<br />
Das Martyrium der Überlebenden und der<br />
‘Triumph des Guten ist der Schlüssel zu<br />
einem besseren Verständnis dessen, was<br />
diese Generation ertragen musste. Ich weiß<br />
nicht, ob diese Form der Sakralisierung<br />
zum “Krieg der Erinnerung“ führen kann.<br />
Es ist wahrscheinlich, dass eine Diskussion<br />
zu diesem Thema eher erst dann auftritt,<br />
wenn eine weitere Nation, wie z. B. die<br />
Russen, mit einbezogen werden würde, wo<br />
nationale Geschichte von jemandem anders<br />
geschrieben wird.<br />
Jesus mit dem Kreuz<br />
auf den Schultern<br />
vor dem Hintergrund<br />
Sibiriens, aus der<br />
Sammlung des<br />
Sanktuarium Golgota<br />
des Ostens