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Broschüre Teil 2 herunterladen - Geschichtswerkstatt Europa

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MEMORIAL IN PERM<br />

weiterverkauft werden kann. Andrej<br />

Nikolajewitsch kann sich auch noch gut<br />

entsinnen, als er mit seinem Wagen älteren<br />

Menschen Zucker nach Hause brachte. Ein<br />

großer Erfolg war, als am Anfang der 90er<br />

Jahre die (noch kommunistische) Macht<br />

den Unterdrückten einige Vergünstigungen<br />

zugestand. ”Die Permer Region war die erste<br />

in der Sowjetunion, in welcher man begann,<br />

die Vergünstigungen für die Unterdrückten<br />

auszuzahlen“. Auch heutzutage helfen<br />

Volontäre den älteren Menschen beim<br />

Putzen oder sogar bei der Renovierung ihrer<br />

Wohnungen.<br />

Für die langjährige Mitarbeiterin der Permer<br />

Gesellschaft Irina Kizilowa sei Memorial wie<br />

ein Schiff, welches auf großem Meer fahre<br />

und versuche zu einem Ufer der Wahrheit<br />

zu gelangen. An Bord habe es diejenigen<br />

genommen, die einst unterdrückt worden<br />

waren 3 . Das Schiff ”Memorial“ vereinigt also<br />

die ”Schiffsbrüchigen“ - die Repressierten und<br />

verfolgt einen bestimmten ”Kurs“. Seit Anfang<br />

seines Bestehens sammelt und vermittelt<br />

Memorial das Wissen über den staatlichen<br />

Terror der Sowjetzeit. Die Mitglieder der<br />

Gesellschaft nehmen Interviews mit den<br />

Betroffenen auf. Dieses Wissen wird archiviert<br />

aber vor allem zugänglich gemacht. Das beste<br />

Beispiel (wenn auch nicht das einzige) ist<br />

eine ganze Reihe von Veröffentlichungen der<br />

”Gedenkbücher für die Opfer der politischen<br />

Repressionen“. Eine große Leistung ist auch<br />

ein Denkmal für die Opfer, welches in der<br />

Nähe eines ehemaligen NKWD-Gefängnisses<br />

3 Film: Memorial. Natschinajem zanowo.<br />

Perm 2009 .<br />

aufgestellt wurde.<br />

Es ist bewundernswert, dass sich die<br />

Mitglieder von Memorial mit der dunklen<br />

Seite der Geschichte des eigenen Landes<br />

beschäftigen, obwohl das vielen in Russland<br />

gleichgültig ist, oder sogar von anderen als<br />

”unpatriotisch“ bezeichnet werden könnte.<br />

Der Professor für Neuere und Neuste<br />

Geschichte Russlands an der Staatlichen<br />

Pädagogischen Universität in Perm, Andrej<br />

Borisowitsch Suslow, der zugleich einer der<br />

führenden Mitglieder des Permer Memorials<br />

ist, beschäftigt sich intensiv mit der Geschichte<br />

der politischen Repressionen. Er weist<br />

uns darauf hin, dass es in Russland viele<br />

Perspektiven auf die Vergangenheit gibt; und<br />

das ganz unabhängig davon, ob man sich mit<br />

dem Terror und Repressionen oder mit anderen<br />

Escheinungen der sowjetischen Geschichte<br />

auseinandersetzt. Unter den russischen<br />

Historikern verläuft die Diskussion nicht nur<br />

auf Ebene der Fakten. Sie ist auch gefärbt von<br />

unterschiedlicher Weltanschauung. Das führt<br />

dazu, dass es kaum möglich ist, einen Konsens<br />

über die Interpretationen der Ereignisse<br />

4 . Für mich wird die Arbeit von<br />

Memorial erst dann richtig nachvollziehbar,<br />

wenn ich darüber nachdenke, wie schwierig<br />

es ist, sich in Polen mit den eigenen dunklen<br />

Seiten der Geschichte zu befassen. An dieser<br />

Stelle würden vielleicht manche in Polen<br />

sagen, dass es solche Seite nicht gäbe und wer<br />

sich mit so was beschäftige, kein echter Pole<br />

sei, was wiederum nur von der Schwierigkeit<br />

der Überwindung dieses dunklen Kapitels<br />

4 Interview mit Andrej Borisowitsch Suslow,<br />

Perm, 14. Juni 2010.<br />

25<br />

Die ehemaligen Repressierten<br />

und ihre Familien am 1.Mai<br />

1989 unter dem Banner<br />

”Memorial – Bewegung des<br />

Gewissens“

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