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Broschüre Teil 2 herunterladen - Geschichtswerkstatt Europa

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38<br />

AUF DEN PFADEN DER ERINNERUNG<br />

Der ehemalige<br />

<br />

1940er Jahren<br />

Spezialumsiedler. Zoja Michajlowna<br />

Kuzminych wurde hier 1946 geboren.<br />

Sie hat uns durch das Dorf geführt und<br />

jene Orte gezeigt, an denen die Baracken<br />

der Spezialumsiedler gestanden haben.<br />

Außerdem hat sie uns die Geschichte<br />

ihrer Eltern erzählt und davon berichtet,<br />

welche Menschen mit ihnen hierher<br />

deportiert worden waren, woher sie<br />

gekommen waren und wie sie überleben<br />

konnten. Natürlich hatte man die Spezialumsiedler<br />

betrogen – keiner hatte hier<br />

auf sie gewartet. Im Herbst hatte man die<br />

Menschen hierher verschleppt und ihnen<br />

ein kleines Stück Land überlassen. Hier<br />

waren keine Hütten. Es gab nur einen<br />

Unterstand, in dem in der ersten Zeit alle<br />

wohnen mussten. Es gab weder Werkzeug<br />

noch genügend Nahrungsmittel. Der<br />

Winter stand vor der Tür und mit ihm<br />

die Kälte, Frost und Hunger. Die Männer<br />

haben begonnen Holz zu schlagen und<br />

Erdhütten zu graben. Der kleine Bach<br />

Tjus war die einzige Lebensader, die die<br />

Spezialumsiedler mit dem ”Festland“<br />

jenseits der Tajga verband. Dank<br />

seiner Fische konnte die Versorgung<br />

der Bewohner gesichert werden. Zoja<br />

Michajlowna ist überzeugt, dass die<br />

Menschen nur durch ihre gegenseitige<br />

Hilfe überleben konnten. Vor allem<br />

die ersten Jahre waren hart – viele<br />

Ältere und Gebrechliche starben an<br />

Hunger oder Krankheit und wurden in<br />

Massengräbern bestattet. Diejenigen, die<br />

überleben konnten, haben später das Dorf<br />

aufgebaut. Fleiß und Gebete haben ihnen<br />

dabei geholfen. In den 1950/60er Jahren<br />

wurde Tjus zu einer der erfolgreichsten<br />

Forstwirtschaftsbetriebe im Vorural.<br />

Die Menschen haben nicht nur überlebt,<br />

sie haben in dieser Zeit sogar den<br />

sozialistischen Wettkampf gewonnen.<br />

Als wir die Rückkehr angetreten<br />

haben, fing es an zu regnen. Während ich<br />

den Pfad der Erinnerung beschritt, kam<br />

mir der Gedanke, dass diese Menschen<br />

trotz der ihnen vom Staat zugefügten<br />

Erniedrigungen und Gemeinheiten ihre<br />

Menschenwürde bewahrt haben. Und<br />

dass es ihnen gelungen war, diese an<br />

ihre Nachkommen – Menschen wie<br />

Zoja Michajlowna – weiterzugeben.<br />

Wir, die heute leben, dachte ich,<br />

sollten hier und da solch einen Weg des<br />

Gedenkens beschreiten. Denn auf diesen<br />

Wegen kann uns bewusst werden, wie<br />

sehr die früheren und die zukünftigen<br />

Generationen durch die Geschichte<br />

miteinander verbunden sind.

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