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Bildungspolitik<br />
Prof. Arnold: „Der Weg zur emotionalen Kompetenz ist ein Weg vom unbewussten zum bewussten Leben.“<br />
Foto: Seifert<br />
se Feststellung muss aber auch erweitert<br />
und ergänzt werden um eine<br />
Kritik des „heimlichen“ emotionalen<br />
Lehrplans unserer Wissensangst- und<br />
Konkurrenzschule (vgl. Arnold/<br />
Schüßler 1998). In ihr wird für die<br />
Entwicklung emotionaler Intelligenz<br />
und die Ermöglichung einer emotionalen<br />
Nachreifung noch zu wenig<br />
getan.<br />
Was ist zu tun? Notwendig ist m.E.<br />
die Einrichtung eines eigenen Schulfaches<br />
„Menschenkunde“, in welchem<br />
wesentliche emotionale und<br />
soziale Kenntnisse vermittelt und<br />
entsprechende Schlüsselqualifikationen<br />
angebahnt werden können. Die<br />
o.g. Elemente des Self-Schience-Curriculums<br />
können dafür wichtige Anregungen<br />
geben.<br />
Darüber hinaus könnte ein solches<br />
Schulfach die emotionale Alphabetisierung<br />
und Selbstreflexion sowie<br />
Selbstkontrolle der Menschen (insbesondere<br />
der Männer) in unserer<br />
kognitionsfixierten Gesellschaft fördern<br />
und Möglichkeiten einer entsprechenden<br />
emotionalen Nachreifung<br />
offerieren. Hierfür steht die<br />
Entwicklung einer Didaktik emotionaler<br />
Bildung noch aus.<br />
Diese wäre allerdings auch deshalb<br />
von grundlegender Bedeutung, weil<br />
ohne eine absichtsvoll-professionelle<br />
Förderung der emotionalen Kompetenzen<br />
der Heranwachsenden auch<br />
deren Schlüsselqualifikationen vielfach<br />
wirkungslos bleiben. Denn methodische<br />
und soziale Kompetenzen<br />
lassen sich nicht allein in kognitionsorientiertem<br />
„Training“ entwickeln,<br />
sie setzen vielmehr Emotionsmuster<br />
voraus, die sie erst eigentlich zur<br />
Wirkung bringen. Dieser Gesichtspunkt<br />
ist in der bisherigen Schlüsselqualifikationsdebatte,<br />
aber auch in<br />
den verdienstvollen Konzepten eines<br />
methodenorientierten Arbeitens<br />
(z.B. „Methodentraining“) übersehen<br />
worden. Die vorgeschlagenen<br />
Konzepte sind zu stark kognitionsund<br />
trainingsorientiert, obgleich<br />
leicht einsehbar ist, dass ein sozial<br />
„ängstlicher Mensch“ Kommunikationsfähigkeit<br />
nicht einfach „antrainiert“<br />
bekommen kann, Voraussetzung<br />
für eine gewandelte Kommunikationsfähigkeit<br />
ist vielmehr eine<br />
emotionale Nachreifung, die nur<br />
über selbstreferiertes Lernen erreicht<br />
werden kann. Ähnliches gilt für die<br />
Problemlösungsfähigkeit oder die<br />
Kreativität: Auch deren Entwicklung<br />
wird durch eigene Zwanghaftigkeiten<br />
oder verborgene Ängste häufig<br />
stark behindert, und ein Training<br />
dieser Kompetenzebenen bleibt zumeist<br />
äußerlich. Pädagogik und<br />
Schule stehen deshalb vor einer erneuten<br />
Debatte um kompetenzbildendes<br />
und schlüsselqualifizierendes<br />
Lernen - eine Debatte, die allerdings<br />
die Kognitionsverengung der bisherigen<br />
Konzepte überwinden muss.<br />
Literatur<br />
Arnold, R./Schüßler, I.: Wandel der Lernkulturen.<br />
Ideen und Bausteine für ein lebendiges<br />
Lernen. Darmstadt 1998.<br />
Golemann, D.: Der Erfolgsquotient. Wien<br />
1999.<br />
Golemann, D.: Emotionale Intelligenz. München<br />
1997<br />
Grieger-Langner, S.: Keine Angst vor Gefühlen.<br />
In: Grenzenlos, 7 (2000), 4, S. 4-5<br />
und 28<br />
Lash, C.: The Culture of Narcissisms. New<br />
York 1978<br />
München/Basel 1998.<br />
Osho: Emotionen. Frei von Angst, Eifersucht,<br />
Wut. München 2000<br />
Petillon, H.: Soziales Lernen in der Grundschule.<br />
Anspruch und Wirklichkeit.<br />
Frankfurt a.M. 1993<br />
Riemann, F.: Grundformen der Angst. Eine<br />
tiefenpsychologische Studie.<br />
Steiner, C.: Emotionale Kompetenz. München<br />
1997.<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 10/ 00<br />
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