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Zeitschrift der Landesverbände Berlin und Brandenburg im DAeC

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Meine Überlandflugeinweisung<br />

<strong>und</strong> erste Außenlandung<br />

Paul Rathmann<br />

Es war ein Donnerstag in den Pfingstferien.<br />

Das Wetter war nicht das Beste – eine<br />

durch Abschirmungen gestörte Cumulusthermik.<br />

Aber ich wollte unbedingt meine<br />

Überlandflugeinweisung fliegen.<br />

Geplant war die Strecke von Strausberg<br />

nach Eisenhüttenstadt <strong>und</strong> zurück.<br />

Die gleiche Strecke hatte tags zuvor mein Fre<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> Mitflugschüler Phillip K. vorgehabt. Aber er<br />

schaffte sie nicht vollständig, denn Phillip musste<br />

mit „Lampe“ aufgr<strong>und</strong> des <strong>im</strong>mer schlechter<br />

werdenden Wetters kurz hinter Müllrose wenden<br />

<strong>und</strong> den Rückflug antreten. Das stärkte meinen<br />

Mut – ich wollte es unbedingt besser machen!<br />

Nach dem Start erwartete uns das für Strausberg<br />

typische blaue Loch – es wollte einfach<br />

nicht hoch gehen.<br />

So standen wir nach einigen Minuten wie<strong>der</strong><br />

am Start. Aber dann, be<strong>im</strong> zweiten Versuch,<br />

nachdem es wie<strong>der</strong> bis auf 300 m hinuntergegangen<br />

war, kämpften wir uns mit anfangs<br />

1 m/s Steigen <strong>und</strong> später mit sage <strong>und</strong> schreiben<br />

3 m/s bis auf 1000 m. In dieser Höhe flogen<br />

wir los, denn unser Luftraum erlaubt uns keine<br />

größere Höhe.<br />

Zunächst ging es in Richtung Buckow, dann vorbei<br />

an Eggersdorf <strong>und</strong> nach Fürstenwalde. Hier<br />

hatten wir einige Mühe, den Flug fortzusetzen,<br />

doch geduldig warteten wir in schwachem Steigen<br />

<strong>und</strong> recht geringer Höhe darauf, dass die<br />

Sonne durchkommt <strong>und</strong> die Luft wie<strong>der</strong> in Bewegung<br />

gerät.<br />

Schon nach dem Start hatte<br />

„Lampe“ angefangen –<br />

<strong>und</strong> das setzte sich dann<br />

auf dem ganzen Flug fort<br />

–, mir unzählige gute <strong>und</strong><br />

nützliche Tipps r<strong>und</strong> um<br />

das Streckenfliegen zu geben.<br />

Damit könnte er best<strong>im</strong>mt<br />

ein ganzes Buch füllen!<br />

Hinter Fürstenwalde kam<br />

endlich <strong>der</strong> ersehnte See<br />

– <strong>der</strong> Dehmsee, genau an<br />

<strong>der</strong> Luftraumgrenze – in<br />

Sicht.<br />

Jetzt war ich glücklich,<br />

denn es war nun vorbei mit<br />

dem normalen einsamen „Thermikherumgegurke“<br />

in 1000 m Höhe, wie ich es schon bei vielen<br />

Flügen allein erlebt habe. Hinter dem See stiegen<br />

wir gleich in einen sehr guten Bart ein <strong>und</strong><br />

konnten das erste Mal weit über 1000 m steigen<br />

- genau 1900 m.<br />

Dann heizten wir richtig los unter den besten<br />

Wolken in Richtung „Hütte“. Zu diesem Zeitpunkt<br />

sahen wir am Horizont bereits die Abschirmung.<br />

In Höhe Müllrose fragte mich „Lampe“, ob<br />

wir nicht ebenso wie er tags zuvor mit Phillip umkehren<br />

sollten, weil die Abschirmung schon sehr<br />

nah war. Aber ich war nach Phillips „Nie<strong>der</strong>lage“<br />

gewillt, unbedingt in „Hütte“ zu wenden <strong>und</strong> flog<br />

deshalb weiter nach Südosten - mit 4 m/s Steigen<br />

<strong>im</strong> Geradeausflug.<br />

In „Hütte“ angekommen, bekam ich die zunehmend<br />

gestörte Thermik zu spüren. Deshalb stieg<br />

ich nach <strong>der</strong> Wende auf die max<strong>im</strong>al erreichbare<br />

Höhe <strong>und</strong> nahm Kurs auf den He<strong>im</strong>atplatz.<br />

Bis auf meine kalten Füße <strong>und</strong> „Lampes“ unzufriedenes<br />

Genörgele über seinen nassen Po war<br />

bis jetzt alles OK. Seinen nassen Po hatte er<br />

sich übrigens zugezogen, weil er kurz vor dem<br />

Start – er hatte sich bereits bestens „eingepackt“<br />

– noch einmal aussteigen musste, um ein paar<br />

Vereins-Probleme zu klären. Be<strong>im</strong> schnellen<br />

Wie<strong>der</strong>einstieg bedachte er nicht seinen Wasserbeutel…<br />

- das Ergebnis: eine feuchte Hose.<br />

Auf dem Rückflug begleitete uns trotz <strong>der</strong> Abschirmung<br />

noch recht gute Thermik, auch<br />

wenn sie schwer zu finden war. Aber wir orientierten<br />

uns an den dunkelsten Stellen <strong>und</strong> trafen<br />

schließlich mit 1400 m Höhe an <strong>der</strong> 1000 m Luftraumgrenze<br />

ein <strong>und</strong> flogen zunächst weiter, an<br />

<strong>der</strong> Grenze entlang, in Richtung Norden.<br />

Mit <strong>der</strong> Thermik sah es jetzt schlecht aus, <strong>und</strong><br />

da wir auf unserer Frequenz alle 10 min dieselben<br />

Flugzeuge die Abflugbereitschaft <strong>und</strong><br />

kurze Zeit später die Position melden hörten,<br />

merkten wir, dass es eng werden könnte. Deshalb<br />

behielt „Lampe“ auf seinem Logger <strong>im</strong>mer<br />

den Gleitpfad <strong>im</strong> Auge. In <strong>der</strong> Hoffnung, uns<br />

auf den Logger verlassen zu können, drehten<br />

wir mit unserer ASK 21 vor Buckow in 1000 m<br />

Höhe <strong>und</strong> 250 m über dem Gleitpfad in Richtung<br />

Strausberg ein – normalerweise eine sichere<br />

Sache. Doch das Sinken nahm auf eine Weise<br />

zu, wie man das nur selten erlebt. So schnell<br />

wollten wir nicht aufgeben. Wir verlagerten den<br />

Flugweg in Richtung einer möglichen Ablösekante<br />

<strong>und</strong> orientierten uns gleichzeitig nach<br />

dem vorgesehenen Außenlandefeld, ein licht<br />

bewachsenes grünes Getreidefeld mit scheinbar<br />

niedrigem Bewuchs. Das Steigen war tatsächlich<br />

an <strong>der</strong> erwarteten Stelle, aber wir waren<br />

bereits viel zu tief, um es noch fassen zu<br />

können, <strong>und</strong> mussten dann doch zur Landung<br />

ansetzen. Über einen Hof am Dorfrand von<br />

Ernsthof – <strong>der</strong> Flugplatz in Strausberg war bereits<br />

gut zu erkennen – schwebten wir in das<br />

Feld hinein, dessen Bewuchs sich höher als erwartet<br />

erwies. Aber alles ging gut, <strong>und</strong> sofort<br />

trafen auch die ersten Schaulustigen ein, die<br />

Bewohner des Hofes. Gemeinsam schoben wir<br />

das Flugzeug zur Seite in Richtung <strong>der</strong> Straße<br />

<strong>und</strong> erhielten einen E<strong>im</strong>er mit Wasser <strong>und</strong> Lappen,<br />

um die ASK putzen zu können.<br />

Da unsere Rückholer noch einige Zeit bis zu<br />

ihrer Abfahrt benötigten – vermutlich, um sich<br />

vom Lachen zu erholen, weil wir nur 10 km<br />

vorm Platz lagen –, luden uns die Bauern zu<br />

Kaffee <strong>und</strong> Kuchen auf ihrer Terrasse ein. Sie<br />

wurden von uns mit zahlreichen Infos über die<br />

Fliegerei „zugeschüttet“!<br />

Der schöne Tag endete schließlich mit <strong>der</strong><br />

Rückfahrt <strong>und</strong> einem Zwischenstopp bei einem<br />

Restaurant, an dem vor fast 40 Jahren auf einer<br />

nahegelegenen Wiese ein Baby außengelandet<br />

war. Davon kündete sogar ein Bild an<br />

<strong>der</strong> Wand dieses Restaurants!<br />

Auf diesem schönen Flug habe ich sehr viel<br />

gelernt <strong>und</strong> dafür sei auch noch einmal „Lampe“<br />

herzlich gedankt.<br />

Paul Rathmann<br />

FC Strausberg<br />

16<br />

Der Li l i e n t h a l e r 2/2008

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