Begleitbericht zum Vorentwurf für eine Schweizerische ... - EJPD
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jedoch im Unterschied <strong>zum</strong> Untersuchungsrichter-Modell I von der Staatsanwaltschaft nicht<br />
unabhängig, sondern dieser gegenüber in freilich sehr unterschiedlichem Mass<br />
weisungsgebunden. Verschieden ist auch die Ausgestaltung der Zusammenarbeit von<br />
Untersuchungsrichteramt und Staatsanwaltschaft: Während in einzelnen Kantonen die<br />
Untersuchungsrichterinnen und Untersuchungsrichter Kompetenzen zur Einstellung und<br />
Anklageerhebung vor Gerichten besitzen 68 , stehen den Untersuchungsrichterinnen und<br />
Untersuchungsrichtern in anderen Kantonen nur Untersuchungsbefugnisse und allenfalls die<br />
Kompetenz zur Verfahrenseinstellung zu. In der Mehrheit der Kantone erfolgt die<br />
Anklageerhebung und die Anklagevertretung vor Gericht allein durch die Staatsanwaltschaft<br />
69 .<br />
Dieses Modell übernimmt gewisse Vorteile (Vieraugenprinzip) und Nachteile (Doppelspurigkeiten)<br />
des Untersuchungsrichtermodells I. Es sind zwar Untersuchungsrichterinnen und<br />
Untersuchungsrichter vorhanden. Da diese indessen der Weisungsbefugnis der Staatsanwaltschaft<br />
unterworfen sind, werden einzelne Nachteile des Untersuchungsrichtermodells I wie<br />
z.B. die fehlende Möglichkeit der Einbindung in <strong>eine</strong> hierarchisch aufgebaute, effizient<br />
funktionierende Strafverfolgungsbehörde beseitigt. Die nicht vorhandene Unabhängigkeit<br />
bedeutet aber auch den Verlust von Vorteilen jenes Systems. Denkbar sind auch wie schon<br />
angetönt Mischformen, also z.B. ein Vorverfahrenstypus, bei dem die Untersuchungsrichterinnen<br />
und Untersuchungsrichter der Staatsanwaltschaft gegenüber zwar weisungsgebunden<br />
sind, aber z.B. die Anklageerhebung und –vertretung vor Gericht selbst zu<br />
übernehmen haben. In <strong>eine</strong>m solchen System ergeben sich Annäherungen an das<br />
Staatsanwaltschaftsmodell II mit der <strong>für</strong> diesen typischen erhöhten Effizienz, aber auch unter<br />
Einbezug der diesem Modell innewohnenden Nachteilen.<br />
141.3 Staatsanwaltschaft-Modell I<br />
Für dieses aus dem französischem Recht stammende Modell ist dessen Zweigliedrigkeit<br />
typisch 70 : Vor Einschaltung der Untersuchungsrichterin oder des Untersuchungsrichters führt<br />
die Kriminalpolizei unter Führung der Staatsanwaltschaft die Ermittlungen durch. Danach<br />
erteilt die Staatsanwaltschaft den (unabhängigen) Untersuchungsrichterinnen und Untersuchungsrichtern<br />
<strong>eine</strong>n Auftrag zur Durchführung der Untersuchung. Dieses System ist vor<br />
allem dem Bundesstrafprozess 71 , aber auch fünf Kantonen 72 bekannt. Ist die Untersuchung<br />
abgeschlossen, überweist die Untersuchungsrichterin oder der Untersuchungsrichter die Akten<br />
der Staatsanwaltschaft, die über die Anklageerhebung oder die Einstellung entscheidet.<br />
Dieses Modell bringt insofern <strong>eine</strong> gewisse Steigerung der Effizienz und Schlagkraft der<br />
Strafverfolgung, als die Polizei unter der einheitlichen Führung durch die Staatsanwaltschaft<br />
die Ermittlungen tätigt. Die Untersuchung durch Untersuchungsrichterinnen und Untersuchungsrichter<br />
gemäss staatsanwaltschaftlichem Auftrag und die anschliessend der<br />
Staatsanwaltschaft übertragene Anklageerhebung bringt die dem Untersuchungsmodell I<br />
zugeschriebenen Vorteile. Allerdings wirken diese Zweigliedrigkeit und die damit<br />
verbundenen Doppelspurigkeiten schwerfällig und z.B. bei komplexen Straffällen wenig<br />
effizient.<br />
68<br />
69<br />
70<br />
71<br />
72<br />
So etwa ZH StPO 39, 161 i.V.m. GVG 72 Ziff. 1; LU StPO 125 f., 130; SZ StPO 70, 73 i.V.m. GOG 37;<br />
SG StPO 181.<br />
Vgl. etwa BE StrV 250 ff.; OW StPO 93, 102, 105; NW StPO 110, 114 f., 125; BL StPO 130, 143; AR<br />
StPO 158 ff; AI StPO 83 ff.; SH StPO 234; GR StPO 82, 98; TG StPO 133, 142.<br />
Zur Ein- und Zweigliedrigkeit Hauser/Schweri 1999 § 75 N 5 ff.; Schmid 1997 N 15, 780.<br />
Art. 108 BStP.<br />
Nach Aus 29 mach 1 S. 31 die Kantone UR, AG, NE, GE und JU.