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Begleitbericht zum Vorentwurf für eine Schweizerische ... - EJPD

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38<br />

Trotzdem müssen sich die Strafbehörden in ihrem Wirken ständig diese Unschuldsvermutung<br />

vor Augen halten.<br />

Abs. 3 übernimmt den sich aus der Unschuldsvermutung ergebende Grundsatz, dass „im<br />

Zweifel <strong>für</strong> den Angeklagten“ (in dubio pro reo) zu entscheiden ist. Einerseits folgt daraus,<br />

dass bei gänzlichem Misslingen des Schuldbeweises die Beschuldigten freizusprechen sind<br />

(sog. Beweislastregel), anderseits, dass ein Freispruch auch zu ergehen hat, wenn bei der<br />

Abwägung der Beweise erhebliche und unüberwindliche Zweifel an der Schuld bleiben; in<br />

diesem Fall haben die Gerichte von dem <strong>für</strong> die Beschuldigten günstigeren Sachverhalt<br />

auszugehen (sog. Beweiswürdigungsregel 44 ). Der herrschenden Lehre folgend hält Abs. 3 fest,<br />

dass der Grundsatz nur auf die tatsächlichen Voraussetzungen <strong>eine</strong>r Verurteilung anwendbar<br />

ist, <strong>für</strong> die der Staat beweispflichtig ist. Es sind dies vorab die objektiven und subjektiven<br />

Merkmale der angeklagten Straftatbestände. Nicht anwendbar ist die Regel <strong>für</strong> die<br />

Rechtsanwendung.<br />

Verbot der doppelten Strafverfolgung (Art. 12 VE)<br />

In der Schweiz rechtskräftig Verurteilte oder Freigesprochene dürfen hier wegen des gleichen<br />

Delikts nicht nochmals in ein Strafverfahren verwickelt werden (Sperrwirkung der<br />

abgeurteilten Sache; ne bis in idem) 45 . Dies zählt zu den fundamentalen Strafverfahrensgrundsätzen<br />

und findet sich bereits in Art. 4 des Zusatzprotokolls Nr. 7 zur EMRK vom<br />

22. November 1984 46 sowie in Art. 14 Abs. 7 IPBPR 47 . Ein neues Verfahren ist<br />

ausgeschlossen, wenn Identität von Täter und Tat gegeben ist. Art. 12 Abs. 1 VE lässt die in<br />

Lehre und Praxis viel diskutierte Frage offen, ob dabei auf den Gegenstand des ersten<br />

Verfahrens bildenden Lebensvorgang allgemein (z.B.: A hat den Tod des X verursacht) oder<br />

auf den konkreten Gegenstand des ersten Verfahrens (A hat den Tod des X auf die und die<br />

Weise fahrlässig verursacht) abzustellen ist.<br />

Abs. 2 verweist auf die Ausnahmen <strong>zum</strong> Verbot der doppelten Strafverfolgung. Die hier in<br />

Frage stehenden Fälle beziehen sich auf Konstellationen, bei denen ein rechtskräftig<br />

abgeschlossenes Strafverfahren wieder aufzunehmen ist. Diese Ausnahmen stehen im<br />

Einklang mit dem vorstehend erwähnten übergeordneten Recht 48 .<br />

44<br />

45<br />

46<br />

47<br />

48<br />

Zu in dubio pro reo m.w.H. näher Aeschlimann 1997 N 199 ff.; Clerc 1975 N 133; Hauser/Schweri 1999 §<br />

54 N 12 ff.; Maurer 1999 25 ff.; Oberholzer 1994 243 f.; Piller/Pochon 1998 Art. 4.10 ff.; Piquerez 2000 N<br />

1918 f.; Schmid 1997 N 294 ff.<br />

Nicht ausgeschlossen ist nach StGB 3 Ziff. 1/nStGB 3 Abs. 2, dass <strong>eine</strong> in der Schweiz begangene Straftat,<br />

die zu <strong>eine</strong>m ausländischen Urteil führte, zu <strong>eine</strong>m (neuen) schweizerischen Verfahren und Urteil gelangt,<br />

vgl. BGE 111 IV 3; Trechsel 1997 Art. 3 N 5.<br />

SR 0.101.07.<br />

Zu diesem Grundsatz näher Aeschlimann 1997 N 223 ff.; Bänziger/Stolz/Kobler 1992 Art. 29 N 1 ff.;<br />

Hauser/Schweri 1999 § 84 N 16 f.; Maurer 1999 453; Oberholzer 1994 416 f.; Piquerez 2000 N 2740 ff.,<br />

3948 ff.; Schmid 1997 N 588 ff.<br />

Siehe Haefliger/Schürmann 1999 356; Villiger 1999 N 695 f.

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