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Begleitbericht zum Vorentwurf für eine Schweizerische ... - EJPD

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besondere Bedeutung zu. Die Beschuldigten, aber auch die Geschädigten und weitere am<br />

Verfahren Interessierte, haben Anspruch darauf, dass die erhobenen Deliktsvorwürfe ohne<br />

Verzug geklärt und allenfalls zur gerichtlichen Beurteilung gebracht werden 18 . Abs. 2<br />

unterstreicht, dass insbesondere Haftfälle vordringlich zu behandeln sind.<br />

Grundsatz der materiellen Wahrheit (Art. 6 VE)<br />

Das Strafverfahren wird vom Grundsatz der materiellen Wahrheit beherrscht. Alle<br />

Strafbehörden haben die <strong>für</strong> die Beurteilung von Tat und Täter erforderlichen Beweise von<br />

Amtes wegen zu sammeln. Ziel des Strafverfahrens ist somit, die materielle oder historische<br />

Wahrheit zu ergründen 19 ; die Strafbehörden dürfen sich nicht mit den Erklärungen der<br />

Parteien zufrieden geben oder Beweise nur auf deren Antrag abnehmen. Vor allem <strong>für</strong> die<br />

Strafverfolgungsbehörden, also die Polizei, die Staatsanwaltschaft sowie die<br />

Übertretungsstrafbehörden folgt aus diesem Grundsatz die besondere Aufgabe, nicht nur die<br />

die Beschuldigten belastenden Beweise zu sammeln, sondern ihr Augenmerk ebenso den<br />

entlastenden Momenten zu schenken (Abs. 2). Dieses Prinzip in der künftigen<br />

schweizerischen Strafprozessordnung festzuschreiben, ist umso wichtiger, als der <strong>Vorentwurf</strong><br />

dem Staatsanwaltschaftsmodell folgt, und kein unabhängiger Untersuchungsrichter tätig ist<br />

(hierzu vorne Ziff. 133).<br />

Verfolgungs- und Anklagezwang (Art. 7 VE)<br />

Der <strong>Vorentwurf</strong> ist wie grundsätzlich alle zur Zeit geltenden schweizerischen Strafprozessordnungen<br />

dem Offizialprinzip verpflichtet: Die Strafbehörden müssen den staatlichen<br />

Strafanspruch von Amtes wegen und damit unabhängig von Strafklagen der privaten<br />

Betroffenen durchzusetzen 20 . Art. 7 Abs. 1 VE formuliert zwar nicht dieses Offizialprinzip,<br />

aber das damit eng verknüpfte und das Offizialprinzip teilweise überschneidende<br />

strafprozessuale Legalitätsprinzip 21 : Dieses verpflichtet die Strafbehörden, bei genügendem<br />

Tatverdacht <strong>für</strong> alle ihnen zur Kenntnis gelangenden Straftaten ein Verfahren zu eröffnen,<br />

dieses durchzuführen und bei bestätigtem Verdacht mit <strong>eine</strong>r Anklage zur gerichtlichen<br />

Beurteilung zu bringen.<br />

Abs. 2 übernimmt im wesentlichen den bisherigen Art. 366 Abs. 2 StGB und erlaubt es den<br />

Kantonen, <strong>für</strong> die Mitglieder ihrer Parlamente sowie der obersten Vollziehungs- und<br />

Gerichtsbehörden <strong>eine</strong> Immunität zu statuieren, also die Verfolgung von <strong>eine</strong>r Ermächtigung<br />

z.B. des Kantonsparlaments abhängig zu machen. Eine solche Immunität ist möglich <strong>für</strong><br />

Äusserungen in den Parlamenten sowie bei behaupteten Delikten von Magistratspersonen,<br />

also der Mitglieder der Kantonsregierungen sowie der obersten Gerichte. Die weiteren<br />

Ausnahmen in Art. 366 StGB werden <strong>für</strong> die Magistratspersonen des Bundes bereits in Art.<br />

14 des BG über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie s<strong>eine</strong>r Behördenmitglieder und<br />

Beamten vom 14. März 1958 (Verantwortlichkeitsgesetz 22 ) und <strong>für</strong> die Bundesbeamten in<br />

Art. 1-7 des BG über die politischen und polizeilichen Garantien zugunsten der<br />

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19<br />

20<br />

21<br />

22<br />

Hierzu näher Aeschlimann 1997 N 205 ff.; Bänziger/Stolz/Kobler 1992 Art. 22 N 1 ff.; Clerc 1975<br />

N 121 ff.; Haefliger/Schürmann 1999 199 ff.; Hauser/Schweri 1999 § 58 N 1 ff.; Maurer 1999 39 ff.;<br />

Oberholzer 1994 159 ff.; Piquerez 2000 N 745 ff.; Schmid 1997 N 216 ff.; Villiger 1999 N 452 ff.<br />

Zu diesem Grundsatz näher Aeschlimann 1997 N 165; Hauser/Schweri 1999 § 53 N 1 ff.; Maurer 1999 37;<br />

Oberholzer 1994 237 ff.; Piquerez 2000 N 1948 ff.; Schmid 1997 N 269 ff.<br />

Näher Aeschlimann 1997 N 159 f.; Bänziger/Stolz/Kobler 1992 Art. 19 N 1 ff.; Clerc 1975 N 80 ff.;<br />

Hauser/Schweri 1999 § 47 N 1 ff.; Maurer 1999 37 f.; Oberholzer 1994 207 ff.; Piquerez 2000 N 635 ff.;<br />

Schmid 1997 N 81 ff.<br />

Hierzu Clerc 1975 N 82ff.; Hauser/Schweri 1999 § 48 N 1 ff.; Schmid 1997 N 95 ff.<br />

SR 170.32.

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