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Begleitbericht zum Vorentwurf für eine Schweizerische ... - EJPD

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27<br />

Hauptverhandlung in <strong>eine</strong>n ersten Teil, der sich nur mit der Schuld befasst, und hernach<br />

<strong>eine</strong>n zweiten Teil, der die Folgen des Schuld- oder Freispruchs <strong>zum</strong> Gegenstand hat<br />

(Art. 376 VE). Anderseits haben die Parteien Anspruch darauf, dass in diesen<br />

qualifizierten Fällen die Beweise bezüglich bestrittener Umstände, deren Kenntnis <strong>für</strong> die<br />

Urteilsfällung wesentlich sind, vor den Schranken des Gerichts nochmals abgenommen<br />

werden (Art. 377-378 VE; nachstehend Ziff. 263.24).<br />

- Zur Wahrung der Unabhängigkeit des Gerichts sollen Einvernahmen in diesen Fällen<br />

auch vermehrt in der Form des Kreuzverhörs durchgeführt werden. Die von den Parteien<br />

angerufenen Zeuginnen und Zeugen werden demgemäss nicht wie in dem bisher in der<br />

Schweiz verbreiteten Präsidialverhör von der Verfahrensleitung, sondern von den<br />

Parteien befragt (Art. 378 Abs. 2 VE; nachfolgend Ziff. 263.24).<br />

- Die aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis her bekannte Einrichtung des plea<br />

bargaining, also die Möglichkeit, dass zwischen den Beschuldigten und den Strafverfolgungsbehörden<br />

zur Abkürzung des Verfahrens hinsichtlich Schuldspruch und Strafe<br />

gewisse Absprachen getroffen werden können, wird unter dem Titel Abgekürztes<br />

Verfahren in abgewandelter Form zur Einführung in der Schweiz vorgeschlagen (Art.<br />

385-389 VE; näher Ziff. 264.1).<br />

- Das Rechtsmittelsystem auf kantonaler Ebene wird vereinfacht; es gibt neben dem<br />

besonderen Rechtsmittel der Revision nur noch die Beschwerde und die Berufung<br />

hingegen nicht die in verschiedenen Kantonen bekannte Nichtigkeits- oder Kassationsbeschwerde<br />

(Art. 450 ff. VE; hierzu einlässlich Ziff. 27).<br />

- Weil dem Unmittelbarkeitsgrundsatz vor der ersten Instanz vermehrt Rechnung getragen<br />

wird, darf bei Rechtsmitteln häufiger das schriftliche Verfahren, so namentlich bei der<br />

Berufung, angewendet (Art. 458, 472-473 VE, Ziff. 273.3) und im Rechtsmittelverfahren<br />

die Abnahme neuer bzw. die erneute Abnahme von bereits vorinstanzlich erhobener<br />

Beweise beschränkt werden (Art. 457 VE, nachfolgend Ziff. 271.2).<br />

16 Nicht vorgesehene strafprozessuale Instrumente<br />

Der <strong>Vorentwurf</strong> verzichtet auf einige strafprozessuale Instrumente, die entweder in den<br />

kantonalen Verfahrensrechten bis anhin in grösserem oder kl<strong>eine</strong>rem Umfang bekannt waren<br />

oder aber im Vorfeld der Schaffung <strong>eine</strong>r gesamtschweizerischen StPO diskutiert wurden:<br />

161 Privatstrafklageverfahren<br />

Bisher kannten viele Kantone <strong>für</strong> Ehrverletzungs- 106 oder andere Antragsdelikte 107 das<br />

sogenannte Privatstrafklageverfahren 108 . Der Staat, d.h. Untersuchungsrichterinnen und<br />

106<br />

107<br />

108<br />

So z.B. ZH StPO 286 ff.; ZG StPO 65; SH StPO 286. Einzelne Kantone verweisen wiederum die<br />

Amtsehrverletzungen ins Offizialverfahren, z.B. SG StPO 296; GR StPO 169, AG StPO 181 Abs. 2, TG<br />

StPO 177. Wieder andere Kantone sehen <strong>für</strong> Pressehrverletzungen oder unbekannte Täterschaft besondere<br />

Verfahren vor, so ZH StPO 294 ff.; AI StPO 117; SG StPO 297; GR StPO 163 Abs. 3; AG StPO 183; TG<br />

StPO 172.<br />

So z.B. Kreditschädigung (die allerdings mittlerweile aus dem StGB eliminiert wurde!) in UR ZPO 1 Abs. l<br />

Bst.c, AG StPO 181 Ziff. 2; unlauterer Wettbewerb nach BS StPO 143 Bst.e; GR StPO 162; AG StPO 181<br />

Ziff. 6 oder Tätlichkeit, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch in BS StPO 143.<br />

Besprochen wird hier nur das sogenannte prinzipale (exklusive) Privatstrafklageverfahren, in der Straftaten<br />

allein von den Privaten verfolgt werden können. Daneben ist noch – in der Schweiz allerdings nur noch im<br />

Kanton Luzern (StPO 137 Abs. 2) - das subsidiäre Privatstrafklageverfahren bekannt; darunter versteht

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