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Begleitbericht zum Vorentwurf für eine Schweizerische ... - EJPD

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wurde von gewissen Nachbarstaaten wie Italien 114 sowie bis 31. Dezember 1999<br />

Deutschland 115 als offenbar wesentliches und unentbehrliches Werkzeug im Kampf gegen<br />

schwere Formen der Kriminalität, vor allem die organisierte Kriminalität eingesetzt 116 .<br />

Zweifellos kann der Einsatz von Kronzeugen namentlich bei der Aufbrechung von<br />

Verbrechensorganisationen von grosser, wenn nicht sogar ausschlaggebender Bedeutung<br />

sein 117 . Demgegenüber bestehen aber aus rechtsstaatlicher Sicht nicht unerhebliche Bedenken<br />

gegen diese Einrichtung. Zunächst ist nach kontinental-europäischer und vor allem<br />

schweizerischer Rechtstradition die Rolle des Beschuldigten und jener des Zeugen<br />

unvereinbar: Der Beschuldigte oder Verdächtige kann nicht Zeuge in eigener Sache sein 118 .<br />

Im Weiteren widerspricht die Kronzeugenregelung dem Gleichheitsgrundsatz von Art. 8 Abs.<br />

1 BV sowie dem daraus abzuleitenden Legalitätsprinzip, weil einzelnen Beschuldigten<br />

zulasten anderer Tatbeteiligter prozessuale Vorteile eingeräumt werden. Es bestehen auch<br />

Bedenken hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der dermassen erkauften belastenden Aussagen.<br />

Offensichtlich haben sich die z.B. in Deutschland in diese Regelung gesetzten Erwartungen<br />

nicht erfüllt, was sich darin äussert, dass sie nur sehr selten angewandt und mittlerweile<br />

wieder aufgehoben wurde 119 . Angesichts der schwerwiegenden Bedenken 120 sowie vor allem<br />

der Tatsache, dass in der schweizerischen Praxis bisher kein konkretes Bedürfnis nach <strong>eine</strong>r<br />

Kronzeugenregelung festgestellt wurde, wird auf dieses Institut verzichtet. Auf diesen<br />

Verzicht wäre indessen zurückzukommen, wenn die Kriminalitätsentwicklung in der Schweiz<br />

zu <strong>eine</strong>m eigentlichen Ermittlungsnotstand führen sollte 121 . Die von den Experten als<br />

prüfenswert bezeichnete vermehrte Berücksichtigung der Aufklärungshilfe, also vor allem die<br />

strafmindernde Berücksichtigung der Kooperations- und Geständniswilligkeit der<br />

Beschuldigten 122 ist zwar primär <strong>eine</strong> Frage der Straf<strong>zum</strong>essung, also des materiellen<br />

Strafrechts. Sie fliesst im vorliegenden Gesetzesentwurf jedoch auch im bereits erwähnten<br />

Institut des abgekürzten Verfahrens (Art. 385-389 VE; vorne Ziff. 152, nachfolgend Ziff.<br />

264.1) ein.<br />

113<br />

114<br />

115<br />

116<br />

117<br />

118<br />

119<br />

120<br />

121<br />

122<br />

Siehe etwa Hauser/Schweri 1999 § 54 N 5; Maurer 1999 328; Schmid 1997 N 113. Zu den Ansätzen in<br />

StGB Art. 260 ter Ziff. 2 vgl. Aus 29 mach 1 S. 54; Arzt in: Schmid (Hrsg.) 1998 StGB 260 ter N 204 ff.<br />

Siehe Hinweise Aus 29 mach 1 S. 56.<br />

Im Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozessordnung und des Versammlungsgesetzes<br />

und zur Einführung <strong>eine</strong>r Kronzeugenregelung bei terroristischen Straftaten vom 9. Juni 1989 (KronZG,<br />

BGBl 1989 I 1059), welches in der Folge mehrfach verlängert und verändert wurde (letztmals 1996, BGBl<br />

1996 I 58), aber per Ende 1999 auslief; der Deutsche Bundestag lehnte am 3.12.1999 <strong>eine</strong> Verlängerung<br />

ab.<br />

Vgl. Hinweise in Aus 29 mach 1 S. 56 f.<br />

Zu diesen Vorteilen Aus 29 mach 1 S. 57/58.<br />

Vgl. dazu Piquerez 2000 N 1173 ff.; Schmid 1997 N 459 ff.<br />

Vgl. Kleinknecht/Meyer-Gossner 1999 Vorbemerkungen KronZG N 9 S. 1654.<br />

Vgl. dazu auch Aus 29 mach 1 S. 53 ff. und Hearings S. 9, 14, 32, 37, 40, 43, 50, 63 f., 71, 81, 101, 137,<br />

151, 159 sowie Ziff. 131.2 a.E., 122.<br />

Es scheint, dass dies auch die Meinung der Experten in Aus 29 mach 1 S. 53 oben ist.<br />

Aus 29 mach 1 S. 59 f.; teilweise positiv aufgenommen in den Hearings, vgl. etwa 50 unten, 101.

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