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VIII-40<br />

BRIEFE AUS PARIS (APPARAT)<br />

hers am Hofe. Don Gomez, der Vater von Chimène (von Gutzkow immer<br />

wieder erwähnt, weil bei der Aufführung von Rachel gespielt) ist<br />

empört, weil ihm Don Diège als Prinzenerzieher vorgezogen wird. Er<br />

beleidigt Don Diège, dessen Sohn – der mit Chimène verlobte Rodrigue<br />

– den Normen der Ehrenrettung gemäß im Auftrag seines Vaters<br />

die Beleidigung rächt und dabei den Vater seiner Verlobten im Duell<br />

tötet. Damit gerät aber Chimène in einen Normkonflikt ohne Ausweg:<br />

Einerseits muss sie die Tat ihres Verlobten, der aus Ehrgründen handelt,<br />

billigen, andererseits die Ermordung ihres Vaters aus demselben<br />

Grunde rächen. Obwohl Rodrigue inzwischen die Mauren besiegt und<br />

damit für die Interessen des Königs und des Reichs gekämpft hat, verlangt<br />

Chimène normgemäß vom König seinen Tod. Ein weiteres Duell,<br />

dessen Sieger Chimène für sich gewinnen wird, soll die Entscheidung<br />

bringen. Rodrigue gewinnt, schenkt dem Unterlegenen das Leben und<br />

hat damit allen Anforderungen der Ehre Genüge getan. Mit Billigung<br />

des Königs kann daher nach einer angemessenen Trauerzeit die ursprünglich<br />

geplante Hochzeit der Liebenden – Chimène und Rodrigue<br />

– stattfinden. Diese Darstellung des Konflikts zwischen individuellen<br />

Glücks- und gesellschaftlichen Ehransprüchen und seine Auflösung in<br />

einem ‚Happy End‘ ist bei den Gattungsnormen des klassischen französischen<br />

Theaters höchst ungewöhnlich.<br />

9,21 Dem. Rachel Chimêne] ,Die Rachel‘, Schauspielerin (1821-58),<br />

eigentlich Elisa Félix. Seit ihrer Jugend trat sie unter dem – auf ihre<br />

jüdische Herkunft anspielenden – Künstlernamen Rachel auf; Dem. ist<br />

die Abkürzung für ‚Demoiselle‘. Sie ist die mit Abstand prominenteste<br />

Schauspielerin im Frankreich der Julimonarchie und bis zum Auftreten<br />

von Sarah Bernhardt die bekannteste Tragödin, ja im Grunde der<br />

Prototyp der Schauspielerin bis fast ans Ende des 19. Jahrhunderts.<br />

Bereits seit den späten dreißiger Jahren gehörte sie zu den Stars des<br />

Théâtre Français, vor allem im klassischen, aber auch im zeitgenössischen<br />

Repertoire. Im Laufe ihrer Karriere (die bereits Ende 1855 infolge<br />

einer Lungenkrankheit endete) spielte sie nahezu alle großen<br />

Frauenrollen in den Stücken von Corneille, Racine, Molière, aber auch<br />

von Dumas, Hugo und den in den vierziger Jahren berühmten Dramatiker(inne)n<br />

Augier, Soumet und Mme de Girardin. Im Pariser Theaterleben<br />

war sie wegen ihrer plötzlichen Absagen und Änderungen als<br />

© EDITIONSPROJEKT KARL GUTZKOW, THOMAS BREMER, HALLE 2001 (F. 1.0)

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